9. September: Rauchen in Zeiten der Pandemie

Greifen Raucherinnen und Raucher in der Pandemie eigentlich seltener zur Zigarette als zuvor? Das wäre zumindest nachvollziehbar – angesichts einer Viruserkrankung, die die Lunge angreift und für die angenommen werden kann, dass wer raucht, stärker von ihr betroffen ist. Denkbar ist aber auch, dass in unsicheren Zeiten eher mehr geraucht wird und viele (sich) an ihrer Zigarette und ihren gewohnten Rauchritualen „festhalten“.

Mehr oder weniger Zigaretten seit Corona?

Niederländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind diesen Fragen vor kurzem in einer repräsentativen Online-Befragung nachgegangen. Durchgeführt wurde die Befragung im Mai, ungefähr sechs Wochen nachdem in unserem Nachbarland der bisherige Höhepunkt an Krankheits- und Todesfällen aufgrund von COVID-19 registriert wurde.

Die Kurzfassung der Studie lautet: sowohl als auch. Ein Teil der Befragten (14 Prozent) gab an, weniger zu rauchen als sonst. Ein weiterer, etwas größerer Prozentsatz (19 Prozent) berichtete dagegen von mehr Zigaretten als üblich. Die restlichen Beteiligten sind auf ihrem gewohnten Rauchlevel geblieben.

Weniger Gelegenheiten zum gemeinsamen Rauchen

Interessant sind vor allem die Gründe, die die Befragten für ihr verändertes Rauchverhalten angaben. Jene, die in der Pandemie weniger rauchten, nannten als Begründung dafür am häufigsten, dass sie ein „gesünderes Leben“ führen wollten. Am zweithäufigsten sagten sie, dass sie öfter alleine gewesen seien (und dementsprechend nicht zusammen mit anderen rauchen konnten). Klingt logisch: Gemeinsame Raucherpausen mit Kolleginnen und Kollegen fallen weg, wenn man im Home Office arbeitet. Wenn zudem seltener Partys stattfinden, gibt es dadurch ebenfalls weniger Gelegenheiten zum Rauchen mit anderen.

Die häufigsten Gründe dafür mehr zu rauchen, waren dagegen: Langeweile, mehr Stress und interessanterweise ebenfalls „Häufigeres Alleinsein“. Der gleiche Ausgangszustand („Alleine sein“) führte also bei den einen dazu, dass sie weniger rauchten, während er andere zum Mehr-Rauchen veranlasste.

Der Stress-Level macht den Unterschied

Die Studienverantwortlichen fanden zudem heraus, dass vor allem der Stress-Level in der Pandemie darüber entschied, ob Menschen ihr Rauchverhalten änderten oder nicht. Das gilt sowohl für die „Weniger-Raucher“ als auch für die „Mehr-Raucher“.  Besonders groß war der Effekt bei stark gestressten Menschen. Bei ihnen war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie ihr Rauchverhalten in der Pandemie änderten – in die eine oder in die andere Richtung. Bei mehr Stress auch mehr zu rauchen, das ist ein altbekannter Zusammenhang.

Interessant ist vor allem, dass bei einigen aber auch der vermehrte Stress offenbar zu weniger Zigaretten geführt hat. Über die Gründe kann spekuliert werden. So kann es sein, dass der hohe Stress-Level bei einigen Menschen daher rührt, dass sie sich große Sorgen um ihre Gesundheit gemacht haben. Dann wäre es durchaus verständlich, wenn sie in der Folge weniger geraucht haben.

Leider macht die Studie keine Aussage darüber, wie viele Menschen in der Pandemie mit dem Rauchen aufhören möchten (oder dies bereits getan haben).

Das zeigt:

COVID-19 wirkt sich offenbar ganz unterschiedlich auf das Rauchverhalten aus. Und noch etwas fällt auf: Die Faktoren, die darüber entscheiden, ob tendenziell mehr oder weniger geraucht wird, sind durchaus veränderbar. Wer zum Beispiel ein gutes Mittel gegen Langeweile in seinem Leben findet oder erfolgreich seinen Stress-Level senkt, schafft damit gute Voraussetzungen dafür, weniger zu rauchen – und letztlich auch dafür, den Rauchstopp zu schaffen.

Um den Rauchstopp in Zeiten von Corona geht es auch in diesem Blog-Beitrag ...