Durch einen Spiegel in einem dunklen Wort
Wenn ich in den Spiegel schaue, wann weiß ich, dass oder ob ich es geschafft habe? Und was überhaupt geschafft? In irgendeinem Thread stand etwas davon, dass die Menschen im Schnitt 7 Versuche brauchen, bis "sie es geschafft haben". Demnach müsste ich statistisch gesehen noch fünfmal rückfällig werden.
Ab wann hat man es geschafft? Ich lese von Menschen, die nach 3,5 nach 7, nach 12 Jahren wieder angefangen haben zu rauchen. Die dachten bestimmt von sich, sie haben es geschafft. War aber nicht so.
Strenggenommen können wir erst in der Sterbeminute sagen, dass wir es geschafft haben ab Tag X nicht mehr geraucht zu haben für den Rest des Lebens.
Bis dahin können wir eigentlich nur in den Spiegel schauen und sehen und sagen: Ich habe es bis jetzt geschafft. Bis zu dieser Sekunde. Jenseits des Spiegels kann ich nicht blicken.
So gesehen hat es keiner/keine von uns, die aktuell hier schreiben wirklich geschafft im Sinne von Niemehr. Denn das müsste erst bewiesen werden.
Finde ich gerade frustrierend, dass ich niemals werde behaupten können, es geschafft zu haben. Außer eben in der Sterbesekunde. Aber ob ich dann daran denke?
Liebe AdriHane,
du hast vollkommen Recht, das fühlt sich frustrierend an und irgendwie auch nicht fair, wenn wir bedenken wie viel Kraft der Rauchstopp kostet.
Trotzdem ist es richtig. Ich selbst bin seit fast sechs Jahren rauchfrei und habe akzeptiert, dass ich niemals eine Nichtraucherin sein werde, sondern immer nur eine ehemalige Raucherin.
Als wir damals aufhörten zu rauchen haben wir uns Frischluftatemrinnen und Frischluftatmer genannt, weil es positiv ist und die Sache genau trifft.
Also haben wir es geschafft, du ich wir alle, denn wir sind Frischluftatmer:innen und das ist ein sehr gutes Gefühl.
Mit ganz lieben Gruß Heike
Wenn ich in den Spiegel schaue, wann weiß ich, dass oder ob ich es geschafft habe? ......
..... Jenseits des Spiegels kann ich nicht blicken.
Spannende Fragen die sich hier ergeben. Was sehen wir, wenn wir in einen Spiegel schauen? Angeblich ist es ein Zeichen von Intelligenz, das wir uns erkennen. Nur was erkennen wir da? Spieglein Spieglein an der Wand .....? Wir sehen im Spiegel nicht was wir sind. Wir sehen was wir sehen wollen. Das hat mit der Wirklichkeit wenig zu tun. Vergleiche ein Foto mit deinem Spiegelbild.
Die Frage, was hinter dem Spiegel ist, kann derselbe nicht beantworten. Was davor ist schon.
Strenggenommen können wir erst in der Sterbeminute sagen, dass wir es geschafft haben .....
Bis dahin können wir eigentlich nur in den Spiegel schauen und sehen und sagen: Ich habe es bis jetzt geschafft. Bis zu dieser Sekunde.
Strenggenommen können wir in jeder Lebenssekunde wissen, das wir es geschafft haben.
Herzlich
Klaus
Finde ich gerade frustrierend, dass ich niemals werde behaupten können, es geschafft zu haben. Außer eben in der Sterbesekunde. Aber ob ich dann daran denke?
Diese Erkenntnis halte ich nicht für frustrierend sondern sie akzeptiert unsere menschliche Schwäche und unser Päckchen welches wir zu tragen haben.
Nachdem 400 Tage rauchfrei erkrankte mein Mann schwer und ich war vollständig überlastet mit allem wofür ich plötzlich allein verantwortlich war. Ich habe dann tatsächlich wieder geraucht und zwar nicht weil ich einem alten Muster gefolgt bin, sondern weil ich mir wünschte es sollte wieder so sein wie vor zehn Jahren.
Es ist sehr wichtig, bei dem Durchhalten einer Veränderung, sich realistische Ziele zu setzten.
Bei mir war der Wunsch, behauten zu können es geschafft zu haben, auch vorhanden. Ich wollte nicht mehr daran denken müssen, ich wollte ein Nichtraucher sein. Ich habe mich hier aus dem Forum abgemeldet, weil ich der Meinung war, dass meine ständigen Gedanken ans Rauchen nur davon kamen, dass ich nicht loslassen konnte.
Für mich war das ein unrealistisches Ziel und mittlerweile halte ich es auch nicht mehr für erstrebenswert.
Nachdem ich in meinem Leben unzählige Versuche unternommen hatte etwas weniger zu rauchen (nur fünf am Tag; nur Abends; nur auf Partys; nur ...) habe ich mir eingestanden, dass das bei mir nicht funktionieren wird.
Es gibt kein zurück mehr.
(ich hatte heute etwas ähnliches im Novemberzug gepostet)
Für mich ist die Erinnerung ein Schutz vor einem Rückfall, gerade die Erkenntnis, dass ich nie mit Sicherheit sagen kann es für alle Zeiten geschafft zu haben, bewahrt mich davor meine Sucht im Laufe der Zeit zu verharmlosen.
Obwohl genau das ja einige denken könnten, da ich nie von meiner Sucht als Monster oder Teufel gesprochen habe.
LG von Paul
Paul, der Graue ?
Paul, der Weiße ?
Paul, der Weise ?
...wird herzlichst gegrüßt und bedankt von Birgit Großherz ........
Hmmm....ich denke nicht, dass ich die Assoziation mit dem Leuchturm und den Motten im Kopf hatte, als ich das Profilbild eingestellt habe.
Ich bin vor vielen Jahren in einer psychosomatischen Reha gewesen und zum Abschied in der "Gruppe" bekam man ein mentales Geschenk, einen guten Wunsch.
Eine der Teilnehmerinnen wünschte mir einen Leuchtturm, dessen Licht ist immer an, mal nah, mal weit weg, aber immer da !!
Dieser Leuchtturm hat mir geholfen , einzuschätzen, wie es mir gerade geht. Tatsächlich war er mal nah zu sehen, aber ein anderes Mal auch nur noch ein kleiner Punkt am Horizont in meiner Fantasie, aber er war immer da !!!!! Sehr, sehr tröstlich, Hoffnung pur !!!
Ich bin NICHT der Leuchtturm, um den sich alle Motten drehen, das hast du doch nicht gemeint, oder ?????
Danke dir, lieber Paul, für die Gratulation und das nächste mal reih dich doch einfach ein in die Polonaise...
Sehr liebe Grüße,
Birgit
Hallo Paul und hallo liebe Community,
lange hats gedauert, bis ich mich auch hier im Forum außerhalb der gewohnten Pfade in den einen oder anderen Thread noch einlese. Und jetzt erst fällt es mir „wie Schuppen von den Augen“ na klar doch, das ist also auf Paulus Schreiben bezogen.
So eine schöne, so eine tiefe Bibelstelle.
Clemens von Alexandria schreibt dazu: Wir erkennen uns selbst durch Reflexion, wie in einem Spiegel. Wir betrachten, soweit wir können, die schöpferische Ursache auf der Grundlage des göttlichen Elements in uns.
Hier an der Stelle des – soweit wir können- sehe ich die Parallele zu Deinem Gedanken, Paul.
Ich will. Ich kann.
Und dann ist es kein toter Spiegel, sondern nur Gleichnis für einen Prozess in dem wir uns weiterentwickeln können, sich finden, sich neu finden, ohne Suchtmittel, einfach so- wie-es-eben-ist.
Der gläubige Mensch könnte es ausdrücken: so wie Gott mich gemeint hat.
Nun geht nicht jeder davon aus das es diese eine Wahrheit gibt, aber jeder von uns hat ein Empfinden dafür wie es sich richtig und gut anfühlt.
Wenn ich mich selbst regelmäßig im Spiegel ansehe, erkenne ich minimale Veränderungen. Wenn ich mich nach einigen Tagen rauchfrei ansehe, erkenne ich eine lebendigere Ausstrahlung. Und das verstärkt mein- ich will.
Vielleicht ist aber auch gar nicht der Spiegel Mittelpunkt und Ausgangspunkt des Prozesses sondern ein Ort in mir. In Dir ?
Grüße
Und einen schönen Freitag wünscht
Doro
Liebe Doro,
vielen Dank für Deine Gedanken die Du mit uns teilst.
In dem Pauluszitat geht es um das Erkennen eines größeren Zusammenhangs.
In Bezug auf meine Sucht und den Entzug, bedeutet das für mich, das ich, solange ich aktiv süchtig bin (also rauche)
eine getrübte Wahrnehmung habe. Alles was ich erlebe und bewerte, erlebe und bewerte ich unter dem Einfluß von einer Droge. Auch wenn Nikotin nicht so stark bewusstseinsverändernt wirkt wie andere, härtere Drogen hat es eben doch einen Wirkung auf mich und die Bewertung meiner Umwelt.
Wir erkennen erst, wie stark das Nikotin uns beeinflusst, wenn wir es absetzten. Dann verändern sich sehr schnell alle Wahrnehmungen. Da eine Droge nur wirken kann wenn sie uns die Welt schönfärbt, empfinden wir die ersten Veränderungen als negativ, einen Mangelzustand, eine Leere.
Der Entzug verläuft ungünstig für eine Erfolgsquote,
1. fehlt die glücklich machende Wirkung der Droge
2. wir haben keine Vorstellung davon, dass in einigen Monaten eine Besserung eintreten wird
Gedanken und Emotionen beeinflussen sich gegenseitig, das kennen Menschen die eine Phobie haben z.B. vor Spinnen. Schon das Bild einer Spinne oder der Gedanke daran sie würde über unsere Hand laufen, löst eine körperliche Reaktion aus. Das Körpergefühl verknüpfe ich erneut mit der Angst vor Spinnen und verfestige diese Angst.
Im Entzug spüre ich weniger Freude, Nervosität, Gereiztheit und verknüpfe es mit dem Nichtmehrrauchen. Mein Gedanke: "das kommt alles nur vom nicht rauchen (Achtung - hier fehlt das -mehr- )" setzt in meinem Kopf die Verknüpfung fest nicht rauchen ist blöd.
Unsere Gehirn ist so angelegt, dass es überall Zusammenhänge sucht und sie leider auch dort findet, wo es keine gibt.
Wenn ich heute zurückblicke erkenne ich warum mir der Rauchstopp so schwer fiel. Zu Rauchen ist wie eine Landschaft bei Nebel zu betrachten. Die Sichtweite ist begrenzt und dieses Wetter hat eine ganz besondere Stimmung. Wenn ich aufhöre zu Rauchen löst sich der Nebel nur sehr langsam auf ich empfinde ihn aber unangenehmer als zuvor.
Hat sich der Nebel verzogen, erkenne ich Dinge, die vorher undenkbar waren.
Die beste Droge ist ein klarer Kopf.
LG von Paul
Hallo Paul
Danke für deinen Besuch bei mir
Das Kloster ist tatsächlich ein Ort in dem alles nebensächliche fehlt.
Es ist nicht Technikfeindlich. Überhaupt nicht.
Es gibt hervorragendes Internet.
Die Mönche haben Laptops, Smartphones und SmartWatches
vom Pionier der Branche. Es gibt auch ein TV Gerät.
Sie schauen gerne Fußball.
Den ESC haben sie auch verfolgt und heftig diskutiert.
Es ist die Einrichtung, der Garten, die Küche,
die Gemeinschaftsräume. Alles ist minimal und zugleich üppig.
Das führt auch bei mir zu einer wunderbaren Konzentration
und Entspannung. Ich bin ja nicht im Urlaub hier und arbeite Vollzeit.
Was hier eben nicht da ist scheint mir wichtig.
Die Großstadt mit all ihrem Gedöns und Klimbim ist weit weg.
Auch die Kommunikation ist ganz anders.
Vieles fällt weg. Hier werden nur super wichtige Dinge besprochen.
Alles andere läuft ohne viel Worte. Blicke, Gesten genügen.
Es gibt kein Geplapper und Gefuchtel.
Ich finde das toll.
Naja, und dann ist natürlich die Köchin hier einsame Spitze.
Die versorgt uns hier sehr liebevoll und ausgesprochen köstlich.
Ein Schatz!
Es gäbe viel zu berichten .... nur hat es nicht mit unserem Thema zu tun
Gruß Klaus
Die Sucht ist ein schräges Phänomen, oder?
tief unten in unserem Reptilienhirn steckt ein Belohnungszentrum, dass uns bestärken soll
bestimmte Dinge immer wieder und gerne zu tun.
Es arbeitet im Untergrund, ohne dass wir darauf einen großen Einfluss hätten, es macht ein wohliges angenehmes Gefühl und es flüstert "mehr davon! mach das nochmal! das war schön!" und schön wird gleichgesetzt mit gut
Das Belohnungssystem reagiert wenn wir Zucker essen, weil es nützlich ist Fettreserven für den Winter anzulegen
(bzw. es war mal nützlich, vor der Erfindung der Speisekammer)
es reagiert beim Sex, es könnte ja sein, dass wir uns fortpflanzen, was dann die Art erhält.
Unsere gesamten Körperfunktionen sind auf zwei Dinge ausgerichtet 1. Überleben und 2. Fortpflanzung
die Idee lange und gesund zu leben ist eher eine neue Hoffnung des modernen Menschen.
Warum springt dieses Belohnungszentrum so stark auf Nikotin an? Was hat sich die Natur nur dabei gedacht?
Gut, das Hauptproblem ist die Verfügbarkeit. Das ist bei allen Drogen so. Wenn ich Tabak im Wald suchen müsste und den einmal im Jahr zur Mittsommernacht rauchen würde, hätten wir kein ernsthaftes Suchtproblem
Der moderne Mensch und das alte Belohnungssystem sind eine toxische Kombination
Faszinierend dabei ist, dass der Wunsch, das Belohnungssystem immer wieder zu bedienen völlig ohne den Verstand funktioniert. Und das häufig schon alleine der Anblick unseres Objektes der Begierde ein ganz starkes Verlangen auslöst.
Um von einer Sucht wegzukommen braucht es einmal den Verstand, der sagt "ok, so kann es nicht weitergehen"
aber wir brauchen auch einen anderen Mitspieler, der auf der selben Ebene agiert wie das Belohnungssystem.
Ich ziehe eine Freude aus meinem Nichtmehrrauchen, aus der Tatsache, dass ich der Sucht widerstanden habe
und diese Freude fühlt sich so richtig gut an.
Paul