Totales Unverständnis zur Nikotinsucht
Hallo,
ich bin Felix, 35 Jahre alt und seit über 20 Jahren Raucher. Ich nutze jetzt erstmalig das Forum um mir Luft zu machen und mich möglichst mit anderen über ihre (vergangene) Sucht zum Nikotin zu unterhalten. Vielleicht hilft es mir ja.
Seit Ende 2018 versuche ich nun schon der Lage Herr zu werden und mich dem Nikotin zu entziehen. Erste Erfolge hatte ich mit Nikotinkaugummis. Das ging über Monate gut. Als ich aber ein Buch gelesen hatte und merkte, dass ich im Grunde „nur“ Nikotinabhängig bin, probierte ich es mit der Nullpunktmethode und war 6 Wochen komplett frei davon.
Ich muss dazu sagen, dass diese 6 Wochen während meines Homeoffice zu Stande kam (dank COVID). Ich ging so gut wie jede Stunde spazieren und arbeitete ein Haufen Minusstunden zusammen. Aber ich war schon nach einer Woche über den gröbstenMist hinweg. Die Attacken kamen dann meist nur noch am Wochenende, was ich unter Kontrolle hatte. Ich will nicht über den Rückfall sprechen, da das wirklich einem Klischee entspricht. Es war auch nur eine und es ging dann nochmal zwei Wochen gut. Dann wieder eine und eine Woche rauchfrei. Danach bin ich dann wieder zum altgewohnten zurückgekehrt.
Was ich aber seit diesem letzten wirklich guten Versuch nicht wieder hinbekomme, wenigstens eine Woche rauchfrei zu bleiben. Selbst mit Kaugummis schaffe ich gerade mal ein paar Tage.
Was ich nicht verstehe ist, dass ich wirklich überzeugt bin damit Schluss zu machen und nicht mal 48 Stunden später hat sich alles in meinem Kopf gedreht und die Sinnhaftigkeit meines Entzugs erscheint mir lächerlich. Geht/ging es euch da genauso?
Ich kann mir absolut nicht erklären, wie ich es geschafft habe 6 Wochen davon loszukommen. Ich weiß jetzt, dass es auch ohne geht, aber die Sucht macht mich fertig.
Kann mir da jmd. weiterhelfen?
Danke schonmal und liebe Grüße,
Felix
P.s. Ich rauche eine Schachtel oder mehr am Tag.
Hallo Felix, herzlich Willkommen. Ein Grund in den 6 Wochen war vielleicht auch eine Änderung der alten Strukturen. Bisherige Gewohnheiten wurden durch das Home-Office geändert. Viele Zigaretten sind ja fest mit bestimmten Abläufen verknüpft. Es geht ja auch darum alte Rituale zu ändern und neue Abläufe zu planen. Was hilft Dir im Alltag?
Weitere Hilfsmittel können Pflaster oder Spray sein. Auch bieten (fast alle) die Krankenkasse Online-Seminare zum Thema Raucherentwöhnung an. Mehrere Möglichkeiten zu verbinden hilft.
Ein paar weitere Tipps findest Du hier: http://www.bzga.de/infomaterialien/foerderung-des-nichtrauchens/foerderung-des-nichtrauchens-informationsmaterialien-fuer-erwachsene/ja-ich-werde-rauchfrei/
Hast Du schon einen festen Termin im Auge?
Viele Grüße
Andreas
Hallo Felix,
schön das du den Weg hierher gefunden hast. Ich bin nun 63. Geraucht habe ich ab dem 14. Lebensjahr. Was habe ich nicht alles versucht vom Rauchen los zu kommen. Bücher, Pflaster, etc. etc. Mir ist jetzt erst klar geworden warum das alles nichts geholfen hat.
Ich mache zur Zeit einen Kurs an der Tabakambulanz der LMU in München. Und während des Kurses wurde mir klar:
Nobby du bist nicht nur nikotinsüchtig, in deinem Gehirn muss sich was ändern. Erlernte Abläufe müssen geändert werden. (Raucherpause, rauchen bei Stress, rauchen aus Langeweile) Hinterfrage deine Motivation warum du aufhören willst.
Ich will nicht mehr rauchen weil....
Und hinter dem weil kommt dann ein positiver Effekt. z.B." ich das Geld für ein neues Fahrrad nehmen werde "
Unsere Kursleiterin machte auch den Unterschied zwischen Vorfall und Rückfall.
Vorfall: Rauchstop am tt.mm.yyyy
Zigarette angezündet am tt.mm.yyyy
Jetzt ist es wichtig das aus dem Vorfall kein Rückfall wird.
Zigarette sofort ausmachen wenn einem bewusst wird was man da gerade macht.
Alles vernichten was an das Rauchen erinnert
Sich daran erinnern wie es war nicht zu rauchen
Nottfallnummer anrufen
Rauchfrei-Lotsen kontaktieren
ich hoffe dass Dir das weiterhilft.
Einen schönen Tag wünsche ich Dir
Liebe Grüße
Norbert
Hallo zusammen,
ich will mich erstmal für das Gute Feedback bedanken. Hier sind wirklich gute Ratschläge dabei.
@Andreas: im Alltag hilft mir nichts weiter, außer das Verlangen zu unterdrücken. Das gelingt mir besonders gut, wenn ich den Kopf von der Arbeit frei habe. Da sind die Chancen deutlich größer dem Verlangen zu entsagen. Leider habe ich nicht genügend Urlaub im Jahr und Kasse machen will ich nicht. Wer schreibt mich schon drei Wochen krank, ohne einen Grund.
Ich habe noch keinen genauen Termin. Ich wollte mich erstmal austauschen. Im Auge liegt mir der April. Dort würde ich gern drei Wochen Urlaub nehmen und nochmal einen ernsten Versuch starten. Weiß aber noch nicht, wie ich gebraucht werde auf Arbeit.
Fakt ist, ich bin definitiv nicht in der Lage während der Arbeitszeit zu entwöhnen. Habe schon alles probiert.
@Norbert: ich weiß, dass ich eine Verhaltensänderung brauche. Nicht ohne Grund bin ich nach sechs Wochen Rückfällig geworden. Mir ist auch bewusst, dass nur der kleinste Zug an einer Zigarette mir so ein schlechtes Gewissen bringt, das ich dann meist ganz aufgebe.
@Hans: Danke ;)
Ich versuche jeden Tag hier rein zu schauen und was nützliches zu finden. Ich will nicht an diesem Mist verrecken. Dafür ist mir mein ohnehin kurioses Leben zu wertvoll.
Schönen Abend euch!
Felix
Hallo Hans,
danke für deine Nachricht. Das beeindruckt mich schon etwas, dass du nach so langer Zeit es geschafft hast. Aber was mich angeht — so sehr ich es auf Arbeit versuche, es gelingt mir nicht. Da ist diese riesige Blase um mich herum, sobald zwei rauchfreie Stunden vergangen sind. Ich schaffe schon einen Tag ohne Rauch. Selbst ohne Kaugummis. Aber eben nur einen Tag. Dann sind meine ganzen guten Vorsätze weg und der Stress auf Arbeit tut sein übriges.
Danke für deine Geschichte. Ich werde es verinnerlichen und denke gerade darüber nach es doch nochmal eher zu probieren. Am besten an einem Freitag. Und am Wochenende mich mental auf die kommende Arbeitswoche vorzubereiten und einfach durchzuhalten. Ich bin gerade richtig motiviert.
Okay, ich probiere es diesen Freitag. Ganz ohne alles, also Nikotin. Ich will es nochmal wissen.
Wünsche dir einen ruhigen Abend. Also danke nochmal!
Grüße, Felix
Lieber Felix,
jetzt gebe ich auch mal meinen Senf dazu. Du junger Mann schreibst, dass Du es dauerhaft nicht schaffst wegen dem wahnsinnigen Stress auf der Arbeit. Darf ich fragen, was Du machst? Meiner Meinung nach ist der meiste Stress, den wir haben, hausgemacht. Man muss Stress zulassen. Wenn man ihn nicht zulässt, hat man auch keinen. Meine ganz persönliche Meinung. Dauerstress macht krank. Machst Du Deinen Traumjob? Wenn ja, ist mir Dauerstress unerklärlich. Den empfindet man in einem echten Wohlfühljob nicht. Nur mal so ein paar Gedanken jenseits des Nichtrauchens. Übrigens: Was machen denn Nichtraucher in einem Stressjob wie Deinem? Wie gehen die denn damit um? Die muss es doch auch geben. Mein gut gemeinter Rat: Du musst Deine Einstellung überdenken. Sonst ist das Scheitern vorprogrammiert. Vielleicht betrachtest Du es einfach mal als cooles Projekt, bei dem Du nur gewinnen kannst. Das schreibt Dir einer, der über 40 Jahre in seiner Sucht gefangen war, ohne überhaupt ein ernsthaftes Problembewusstsein zu haben. Da bist Du schon meilenweit weiter, als ich in Deinem Alter und sogar noch 20 Jahre später. Ich wünsche Dir noch einen schönen Abend.
Liebe Grüße
Armin