Neuer Anlauf und Angst dabei

Verfasst am: 26.05.2015, 22:32
miezhaus
miezhaus
Dabei seit: 23. 05. 2014
Rauchfrei seit: 3637 Tagen
Beiträge: 4214 Beiträge

Hi floww,

meine Betrachtungen zu den verschiedenen Reaktionen hab ich ab und an schon mal dargelegt, für Dich nochmal ´ne Kurzfassung:

Ich seh da verschiedene Erklärungen, jedenfalls wenn es Raucher waren, die sowas gesagt haben. Entweder sie müssen es sich selber gegenüber rechtfertigen, daß Du aufgehört hast und sie den Ausstieg für sich noch nicht gefunden haben. Oder sie haben Angst, Deine Gesellschaft zu verlieren. Oder sie fühlen sich einfach schrecklich unbehaglich, daß Du ernsthaft aussteigen willst (und auch noch drohst es zu schaffen!!!) In jedem Fall fühlen sie sich schlecht dabei, daß sie noch rauchen und daß Du ernsthaft am Aufhören arbeitest.

Ihr Ziel ist also nicht, daß Du wieder weiterrauchst, sondern Kompensation ihrer eigenen widersprüchlichen Impulse. Das hat mir Dir überhaupt nix zu tun. Das macht die Sucht mit _ihnen_! Die wollen Dich nicht demotivieren, die können nicht anders. Denk Dir nix dabei.

Und wenn es Nichtraucher waren: Denk Dir auch nix, sie können wirklich nicht wissen wie schwierig der Ausstieg ist. Kann man ihnen ja nur gönnen, aber sie haben keine Ahnung und wissen nicht, was Du gerade mitmachst.

Dennoch, wenn es Dich demotiviert, klink Dich erstmal eine Zeitlang aus, das ist schon die richtige Strategie.

Ja die Stukturen, die lösen sich auch irgendwie auf, wenn man das Rauchen aufhört, da hast Recht. Hat man den Tag früher nach "Zigaretten-Einheiten" eingeteilt, fällt diese Einteilung jetzt weg. Versuch Dir eine neue zu machen, Runden um den Block einzuplanen, Trinkpausen (Rituale? Tee machen? Chai Latte aufgiessen? Hab ich irgendwann angefangen, lecker lecker...), halt irgendwas, was so fünf Minuten dauert, anstelle der Zigaretten. Wär das was für Dich?

Ich hab auch zwei Kinder. Die zwei waren ein ganz, ganz starker Motor für mich, es zu schaffen. Wenn der Glusterer kommt, hol ein Foto von ihnen raus (hast eins auf dem Smartphone?) und schau es Dir an. Und dann sag Dir, ja für Euch lohnt sich das.

Kann man schon einiges machen um sich abzulenken und umzuorientieren. Surf mal durch´s Forum, findest Du bestimmt Anregungen (gibt´s eigentlich diesen Ablenkungs-Thread noch? Muß ich doch gleich mal suchen...)

Uuuuuund ich freue mich sehr, wenn Du mit irgendwas, was ich geschrieben habe, was anfangen kannst. Danke für Dein Kompliment

Also weiterhin alles Gute, bleib tapfer. Viele Grüße an Dich,

Miez

Verfasst am: 26.05.2015, 23:38
kruemlchen
kruemlchen
Dabei seit: 11. 05. 2015
Rauchfrei seit: 3287 Tagen
Beiträge: 862 Beiträge

Hallo Floww,

Ich denke auch oft, dass die rauchenden Freunde gar nicht so das Problem sind.
Vor denen will ich eher nicht schwach werden kam beweisen, dass ich es schaffe.
Wenn ich ALLEINE mit Zigaretten wäre, dann wäre es schon was anderes. Da würde ich glaub ich eher schwach werden.

Du hast jetzt 15 rauchfreie Tage. Das ist schon eine super Leistung. Wie ich gelesen hab soll das SCHLIMMSTE nach 3 Wochen vorbei sein. Lange Dauert es also nicht mehr.

Ich denke auch, dass du dich jetzt eher an gute Freunde, die dich unterstützen, halten solltest.
Einer hat vorhin auch zu mir gesagt "im spätestens ner Woche rauchst du eh wieder". Unmöglich sowas. Da denk ich mir echt: sind die neidisch? Sind das wirklich meine Freunde? Zumal es mein erster rauchstopp ist. Bei mehreren erfolglosen Versuchen könnte ich die Skepsis ja verstehen.

Mach das was dir am besten tut. Wenn du eine "Pause" von den Freunden brauchst dann mach es

Gute Nacht.
Kopf hoch ;)

Verfasst am: 27.05.2015, 14:40
floww
floww
Themenersteller/in
Dabei seit: 11. 05. 2015
Rauchfrei seit:
Beiträge: 111 Beiträge

Hallo,

erst mal danke für eure aufbauenden, verständnisvollen und mutmachenden Zeilen.

Die "seltsamen" Kommentare kamen allesamt von Rauchern. Ich glaube auch, dass das nicht bös gemeint war, eher unbedacht ausgesprochen. Trotzdem frag ich mich genau wie krümelchen, ob das echte Freunde sind... ich weiß es ist ungerecht so zu denken aber ich stell seit ein paar Tagen alles in Frage.

Hab das Gefühl, nun mein gesamtes Leben neu ordnen zu müssen. Erstaunlich, was durch den Rauchstopp so alles in Bewegung gerät. Meine Gedanken kommen nicht zur Ruhe. Mich beunruhigt das. Ich bin normalerweise ein sehr stabiler und mental starker Mensch und habe schon so manche Krisenzeit in meinem Leben ohne größere Blessuren überstanden. Dass mich das jetzt so aus der Spur bringt, hätte ich nicht gedacht. Es zeigt mir aber, wo ich an mir arbeiten muss und da tun sich so einige Baustellen auf, die ich durch das Rauchen anscheinend erfolgreich verdrängt habe.

Mal spontan ein paar Eingebungen, die ich für mich grad mal aufschreiben muss. Schreiben hilft mir beim Ordnen meiner Gedanken:

1. Mich in Geduld üben (ganz wichtig!)
2. Akzeptieren, dass es momentan so ist wie es ist
3. Auf die schönen Dinge in meinem Leben konzentrieren
4. Gut für mich selbst sorgen (fällt mir schwer, es kommen meistens erst die anderen)
5. Mich selbst wichtig nehmen
6. Auf meine innere Stimme hören (damit ist NICHT der Nikotinteufel gemeint!)
7. Mich daran erinnern, warum ich mit dem Rauchen aufgehört habe
8. Dankbar sein für das was ich bisher geschafft habe
9. Nicht alles auf einmal erledigen wollen
10. Nur für heute am Rauchstopp festhalten...und das jeden Tag aufs Neue
....
Grüßle,
floww

Verfasst am: 27.05.2015, 14:53
rauchfrei-lotsin-brigitte
rauchfrei-lotsin-brigitte
Dabei seit: 17. 09. 2020
Rauchfrei seit: 4054 Tagen
Beiträge: 4045 Beiträge

Liebe Floww,

Dein 10-Punkte-Programm hört sich sehr gut an und spiegelt ausgezeichnet wider, wie bewußt Du die momentanen Veränderungen verarbeitest. Und damit hast Du verhaltenspsychologisch schon den Königsweg eingeschlagen, denn Du führst Dir die Veränderungen deutlich vor Augen und ziehst Deine Konsequenzen daraus.

Von besonderer Wichtigkeit wird dabei sicherlich auch Dein sechster Punkt, "Auf meine innere Stimme hören", werden, wie sich schon an Deiner Entscheidung, Dich vorübergehend von rauchenden Freunden ein wenig zurückzuziehen, gezeigt hat. Dein Baugefühl zeigt Dir deutlich, was Du momentan brauchst und was Dir eher abträglich sein wird. Ach so, eins wollte ich auch noch anmerken: Du mußt Dir keine Gedanken machen, wenn Du vorübergehend nicht so "fêten-aktiv" bist, wie Du es bislang gewohnt warst - sobald sich Deine neue Einstellung gefestigt hat, kommt das von ganz alleine wieder.

Die Gedanken, die Du aufgeschrieben hast, sind sicherlich auch für viele Mitkämpfer ein guter Denkanstoß - es ist wirklich informativ, durch Deinen Thread zu stöbern!

Liebe Grüße und toi, toi, toi, Brigitte

Verfasst am: 27.05.2015, 19:40
kruemlchen
kruemlchen
Dabei seit: 11. 05. 2015
Rauchfrei seit: 3287 Tagen
Beiträge: 862 Beiträge

Super, dass du dir solche Gedanken gemacht hast (bzgl. der 10 Punkte).
Ich denke auch, dass sich durch den rauchstopp mehr ändert als man denkt. Die Gewohnheiten wären alle über Bord geschmissen etc.

Du schlägst dich tapfer schon 16 Tage! Das ist doch super.
Findest du auch, dass die Zeit so schnell vorbei geht?

Verfasst am: 27.05.2015, 19:52
miezhaus
miezhaus
Dabei seit: 23. 05. 2014
Rauchfrei seit: 3637 Tagen
Beiträge: 4214 Beiträge

Liebe floww,

hierzu

[quote="floww"]
Meine Gedanken kommen nicht zur Ruhe. Mich beunruhigt das. Ich bin normalerweise ein sehr stabiler und mental starker Mensch und habe schon so manche Krisenzeit in meinem Leben ohne größere Blessuren überstanden. Dass mich das jetzt so aus der Spur bringt, hätte ich nicht gedacht.
[/quote]

fällt mir grad folgendes ein: Vor einiger Zeit hat es hier im Forum mal die Erkenntnis gegeben, daß viele von uns nach dem Rauchstopp Gefühle und so Auf und Abs stärker erleben und empfinden als vorher. Die Mitdiskutierenden sind damals zu dem Schluß gekommen, daß die Raucherei unsere Gefühle offensichtlich dämpft und diese jetzt, ohne dem Dämpfer, ungebremst auf uns zurollen. Und daß uns das überrascht hat und wir erst lernen müssen, damit umzugehen und sie anderweitig zu kompensieren.

Ich denke daher, daß Dich das nicht beunruhigen muß. Das was wir früher als Stabilität empfunden haben, war bloß der Dämpfer. Nachdem der jetzt weg ist, empfinden wir unsere Gefühlsregungen nur als stärker. Völlig klar, daß uns das vorübergehend aus der Spur bringt, daß es uns überrascht, vielleicht sogar ein wenig erschreckt. Aber auch diese Erfahrung teilen viele hier mit Dir (ich auch).

Wenn ich mich aufgeregt habe, hat mir immer diese alte Atemübung geholfen, im Sitzen bei geradem Rücken langsam durch die Nase in den Bauch einzuatmen, daß er rund wird wie ein Luftballon, und dann durch den Mund wieder auszuatmen. Irgendwie beruhigt die Übung und gleicht aus, probier´s mal aus.

floww, jetzt hast Du schon 16 Tage auf dem Zähler! Mit Deinen 10 Punkten wirst Du sicher noch erfolgreicher werden. Weiterhin alles Gute dabei wünscht Dir

Miez

Verfasst am: 27.05.2015, 19:58
kruemlchen
kruemlchen
Dabei seit: 11. 05. 2015
Rauchfrei seit: 3287 Tagen
Beiträge: 862 Beiträge

Ja das mit den Gefühlen klingt wirklich sehr logisch.
Ich bin ein sehr emotionaler Mensch (heul bei fast jedem Film etc ). Aber die letzten Wochen war ich echt jaulig. Mein Freund war schon ganz genervt. Wobei ich bei mir gerade nicht einschätzen kann ob es am rauchstopp liegt oder eben daran, dass ich momentan immer "krank" bin. Ich denke, dass beides eine Rolle spielt.

Das wird sich irgendwann schon wieder einpendeln. Der Körper muss ja auch viel dirchmachen. Ich denke, dass der Körper gerade auf Hochtouren arbeitet. Er muss sich jetzt erstmal reinigen etc.
dass da ein bisschen was durcheinander kommt ist zu verzeihen ;)

Verfasst am: 27.05.2015, 20:26
rauchfrei-lotsin-brigitte
rauchfrei-lotsin-brigitte
Dabei seit: 17. 09. 2020
Rauchfrei seit: 4054 Tagen
Beiträge: 4045 Beiträge

Liebe Mitkämpfer,

diese Veränderungen in der Wahrnehmung, die sich auch in vorüberbergehend reduzierter Belastbarkeit in Kombination mit nahezu grundloser Traurigkeit zeigen können, hängen mit den massiven Umbauarbeiten im Stoffwechsel zusammen: Zu Raucherzeiten hat das Nikotin an den Rezeptoren angedockt, die für die Verarbeitung von Dopamin und Serotonin, den sogenannten "Glückshormonen" zuständig waren. Je mehr man geraucht hat, um so stärker wurden die Rezeptoren "zugedröhnt" und müssen sich jetzt erst einmal wieder auf ein normales Maß reduzieren. So lange diese Normalisierung nicht abgeschlossen ist, "fehlt" etwas, was viele z.B. durch verstärkte Naschgelüste kompensieren, da auch Schokolade dopaminähnliche Stoffe enthält und somit eine Art Glücksgefühl auslöst. Mitkämpfer, die sich für Nikotinersatzpräparate entschieden haben, ziehen diesen Prozeß nur in die Länge - wer diese Präparate nicht "ausschleichen" läßt, fällt in das gleiche vorübergehende Tief wie viele "cold cut" Kandidaten.

Die Umstellung des Stoffwechsels gehört zu den massiven Umbaumaßnahmen am Anfang des Entzugs und ist nach spätestens vier Wochen nicht mehr spürbar. Zu wissen, was da eigentlich passiert, verhindert die Symptome natürlich nicht, aber dadurch, dass ich wußte, warum ich mich vorübergehend so fühle - normalerweise habe ich nicht "am Wasser gebaut" - konnte ich diese temporär veränderte Gemütslage akzeptieren.

Diese Unausgeglichenheit ist bei mir genauso unmerklich wieder verschwunden, wie sie aufgetreten war - geblieben ist eine erhöhte Wahrnehmung, über die ich mich heute noch freue.

Allen einen ruhigen schmachtfreien Abend und liebe Grüße, Brigitte

Verfasst am: 27.05.2015, 21:24
kruemlchen
kruemlchen
Dabei seit: 11. 05. 2015
Rauchfrei seit: 3287 Tagen
Beiträge: 862 Beiträge

Brigitte ... Du hast natürlich einfach wie immer Recht!
Wenn man es so liest dann ergibt es natürlich einfach alles Sinn
Unser armer Stoffwechsel wurde aber auch ganz schön auf Trab gehalten

Deshalb sind die meisten wohl auch so müde. Denn Müdigkeit hat ja auch eine Menge ne dem Stoffwechsel zu tun.
Ich bin IMMER müde. War schon vor dem rauchstopp so. Aber momentan ... Ich könnte mich nur noch ins Bett legen, wenn ich nach Hause komm. Gestern Abend bin ich auch, mit Handy und Buch in der Hand, eingeschlafen. Ich hab so super geschlafen, dass ich nicht mal gemerkt hab ob mein Freund vom Wohnzimmer rübergekommen ist oder nicht

Verfasst am: 27.05.2015, 21:52
rauchfrei-lotsin-brigitte
rauchfrei-lotsin-brigitte
Dabei seit: 17. 09. 2020
Rauchfrei seit: 4054 Tagen
Beiträge: 4045 Beiträge

.. Du denkst konsequent in die richtige Richtung, Kruemlchen, denn für einen ruhigen Schlaf ist das Melatonin zuständig, dessen Bildung durch Nikotin stark behindert wird. Nikotin, Alkohol und Adrenalin sind Gegenspieler dieses Hormons, putschen also auf. Durch das fehlende Nikotin steigt Dein Melatonin-Pegel auf ein ungewohnt hohes Maß an - und Du wirst müde. Auch das ist völlig natürlich, auch das ist nach wenigen Wochen wieder im Normalbereich.

Falls Dich die weiteren Hintergründe interessieren, google doch einfach einmal nach "Melatonin Nikotin" - Du wirst u.a. einen wissenschaftlich fundierten, gleichzeitig aber komplett laienverständlichen Aufsatz von Prof. DDr. Johannes Huber finden, der alles genau erklärt - auch die krebsprophylaktische Wirkung des Melatonins...

Viele Spaß bei der Lektüre!