Mein kleines, dunkles Kämmerchen

Verfasst am: 06.03.2021, 15:22
Witalinsky
Witalinsky
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Hallo ihr Lieben,

Obwohl es bei mir erstmal nicht allzu gemütlich ist, begrüße ich euch doch ganz herzlich in meinem kleinen dunklen Kämmerchen. Es ist so düster hier, weil ich über ein schwieriges Thema reden will, das manch einen wohl erschrecken, oder zumindest doch irritieren wird. Aber es hat viel mit meinem Rauchverhalten zu tun und auch damit, dass ich meinen letzten Rauchstopp vor drei Wochen nach zwei Wochen abgebrochen habe (Seit heute bin ich wieder dabei) Aber vielleicht schaffe ich es ja auch mit eurer Hilfe, dass Zimmer etwas heller und fröhlicher zu machen.

Wie ich im März-Zug schon sagte, schlage ich mich seit über 20 Jahren immer wieder mit Depressionen Rum und letztes Jahr sind noch Angstzustände und Panikattacken dazu gekommen. Natürlich sind in mir meinen depressiven Phasen auch immer wieder mal, wenn's ganz schlimm wurde, Selbstmordgedanken gekostet. Irgendwie gehört eine gewisse Lebensmüdigkeit eigentlich zu meiner Grundstimmung. mir fehlt einfach ein grundlegendes "JA" zu Leben! Als mir ein Lungenarzt vor zwei Jahren COPD diagnostizierte, sagte er noch: "Wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist, sollten Sie mit dem Rauchen aufhören!" Und was habe ich daraufhin gemacht? Geraucht, was das Zeug hält. Seit einigen Jahren rauche ich Zigarillos, 10-15 am Tag, und ich hab sie in tiefen (Lungen-) Zügen genossen. Das Rauchen wurde meine Form des Selbstmords!
Letztes Jahr war ich zwei mal in einer psychosomatischen Klinik und beende gerade eine ambulante Therapie. Im Gegensatz zu letztem Jahr geht es mir wesentlich besser, aber diese lebensmüde Grundstimmung ist immer noch sehr präsent.
Nachdem ich kürzlich nach monatelanger ,"Erkältung" zum Röntgen und beim Hausarzt gewesen bin und zumindest bergauf ziemlich aus der Piste komm, habe ich erfahren, dass meine Lunge wohl in einem ziemlich üblen Zustand ist. Emphyseme und eilt Lungenvolumen von 54%. Meine erste Reaktion war Freude: "Hurra! Dem Ziel ein gutes Stück näher!" Trotzdem habe ich aus verschiedenen Gründen beschlossen, mit dem Rauchen aufzuhören. Jetzt herrscht da ein ständiger Kampf in mir: Wenn ich weiter rauche, wie lange habe ich dann noch zu leben? Zehn Jahre? Na ja, das ist absehbar, damit könnte ich ganz gut leben. Was aber, wenn ich aufhöre zu rauchen, und dann vielleicht noch 20 Jahre Leben MUSS? DAS macht mir Angst!
Ich weiß, für die meisten ist das schwer nachvollziehbar. Da mein Geschrieben aber so schön ziemlich lange ist, möchte ich es erstmal so stehen lassen. Werde aber in anderen Beiträgen weiter darauf eingehen.

Trotzdem euch allen einen schönen Tag und viel Erfolg.

Verfasst am: 06.03.2021, 15:26
Witalinsky
Witalinsky
Themenersteller/in
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Hätte den Beitrag noch mal Korrektur lesen sollen. Sorry, für die vielen Fehler, die mein Smartphone eingschmuggelt hat.

Verfasst am: 07.03.2021, 09:49
bibra65
bibra65
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Guten Morgen Witalinsky,

oh oh, das hört sich aber tatsächlich sehr dunkel an.

Tjaaa was soll man dazu sagen? Hmmmmm.... Also das erste was mir so einfällt, ist dass ich nicht glaube, dass du nicht mehr leben willst, sonst hättest du schon einen anderen "kürzeren" Weg gewählt.
Es wird zwar von der heimlichen Sehnsucht nach dem Tod bei Drogenabhängigen geredet, müsste somit auch für Raucher gelten, aber ich glaube, dass die Substanzen diese vermeintliche Sehnsucht hervorrufen, und nicht umgekehrt. Also zuerst ist die Sucht, dann kommt der Gedanke und nicht umgekehrt.

Dann fällt mir noch ein, dass es doch egal ist, ob 10 oder 20 Jahre.. Schau dir doch das Jetzt an. Darauf kommt es an!

Vielleicht fällt mir ja noch mehr ein. Wünsche dir jedenfalls ein schönes Wochenende!

Liebe Grüße Biba

Verfasst am: 07.03.2021, 10:10
Unbekannt
Entfernter Beitrag von gelöschtem Nutzer oder Nutzerin
Verfasst am: 07.03.2021, 11:40
miezhaus
miezhaus
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Grüß Dich Witalinsky,

und herzlichen Glückwunsch zu Deinem erfolgten Rauchausstieg! Du schreibst, Du hast aus verschiedenen Gründen aufgehört, und ich muß diese gar nicht kennen um zu wissen, daß jeder einzelne ein guter Grund ist. Und zolle Dir allen Respekt, daß Du diesen Gründen Rechnung trägst und aus der Rauchspirale aussteigst. Auch und gerade unter Berücksichtigung Deiner psychischen Situation. Sag, hast Du Deine therapeutische Begleitung in Deine Rauchfreiwerdungs-Pläne eingeweiht? Also dazu möchte ich Dich gerne einladen, da Dein Fachpersonal oder den Arzt Deines Vertrauens mit ins Boot zu holen. Gerade bei medizinischen Vorgeschichten aller Art ist es hilfreich, ärztlichen Beistand in Anspruch zu nehmen. Vielleicht kann oder sollte dieser ja helfend eingreifen. Du hast jede Hilfe verdient, die Du kriegen kannst, und auch das Anrecht darauf.

Ich bin nicht erschrocken oder irritiert angesichts der Düsterheit Deines Kämmerchens. Ich komm einfach mal herein und setze mich dazu. Ich komme selber aus so einem Kämmerlein. Gelernt habe ich über viele Jahre hinweg folgendes (und ich vermute mal, auch für Dich werden das keine neuen Erkenntnisse sein mit Deiner Therapieerfahrung, ich bin übrigens froh daß Du es geschafft hast, diese so weit an Dich heranzulassen, daß es Dir heute besser geht): Diese finsteren Momente wird es immer wieder einmal geben. Die Krankheit ist nun mal da und aus den Knochen bekommen wir sie höchstwahrscheinlich nicht mehr. Wir müssen mit ihr leben und sie neben uns her traben lassen. Möglichst nicht vor uns (uns von ihr bestimmen lassen), denn dann fallen wir drüber. Auch nicht hinter uns (davonlaufen, verdrängen und leugnen), denn dann holt sie uns ein und fällt uns unerwartet an. Wir sollen sie mitnehmen auf unserem Weg, akzeptieren daß sie da ist. Und die düsteren Momente anzunehmen, uns sehr gut zu beobachten, um sie kommen zu sehen, und rechtzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen. Da ist nichts schandhaftes dran, sondern es ist eine Erkrankung, die wir uns nicht ausgesucht haben und die wir gedanklich nicht steuern können. Nur sie hinnehmen und nicht dagegen kämpfen, denn das kostet viel zu viel Energie, die wir woanders dann nicht mehr haben. Wie gesagt, sicher alles keine neuen Erkenntnisse für Dich. Bist Du medikamentös eingestellt? Ich weiß, es gibt dazu verschiedene Meinungen, aber dies kann schon hilfreich und stützend sein.

Ich kann sogar Gedanken wie "wenn ich weiterrauche, dauert es vielleicht nicht mehr ganz so lang" nachvollziehen. Doch ich möchte Dich gern einladen, dem folgenden gedanklichen Twist mal zu folgen Witalinsky: Gibt es denn eine kurzfristige absehbare Garantie für die Folgen des Weiterrauchens? Dauert es länger, wenn ich aufhöre? Geht es schneller, wenn ich weiterrauche? Die Garantie hab ich für keins von beiden. Schlechterdings bin ich dann krank, leide aber noch lang drunter. Also warum dann weiterstinken, das Geld ausgeben, Herzstechen spüren, den Kindern ein schlechtes Vorbild sein usw. usw.? Ist auch belastend und nicht gut für die Psyche, und - und genauso schätze ich Dich ein, denn sonst hättest Du Dich den Therapien nicht ausgesetzt und davon profitieren können - eigentlich willst Du diese tiefen Täler auch nicht so dringend durchschreiten. Also warum nicht sich einen Faktor vom Hals schaffen, der geeignet ist, die Stimmung zu schwärzen? Das machst Du schon sehr richtig und ich finde es große Klasse.

Meine Stimmung und mein Zustand hat sich sehr stark verbessert, seit ich in meinem Leben einige Stellschrauben verdreht habe. Es mußte sich was ändern, und ich bin echt froh, daß ich meinen Allerwertesten hoch bekommen und das gemacht habe. Ich weiß nicht genau wie, und auch nicht wohin es führt, aber es war unabdingbar. Seither geht es mir viel besser (und die Therapien haben da Anteil dran). Und wer weiß, diese Änderung könnte doch für Dich der Rauchstopp sein? Selbst wenn es nicht im direkten Durchmarsch klappt - jeder Tag, an dem Du nicht geraucht hast, ist ein Gewinn. Du kannst nur gewinnen beim Rauchstopp Witalinsky. Es gibt nichts zu verlieren.

Ich wünsche Dir gutes Durchhalten, guten Mut, gute Kraft, Leichtigkeit und Licht. Und schau mal wieder bei Dir rein, wenn ich darf. Viele Grüße sendet Dir

die Miez

Verfasst am: 07.03.2021, 12:34
janipiep
janipiep
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So viel Sonne, so viele Blümchen schon hier, das ist ja toll.

Ich versuch's mal mit den Ballons gegen die Dunkelheit, wohl wissend, dass das nur äußerlich funktionieren kann.
Die Dunkelheit in dir drin, die kann ich als psychisch halbwegs gesunder Mensch nur erahnen. Das lange Zusammenleben mit einem Depressiven hat mich demütig und vorsichtig werden lassen mit meinen "tollen" Ratschlägen, die oft genug nach hinten losgehen. Und du hast hier schon so viele schöne Gedanken geschenkt bekommen. Deshalb hab ich alles weitere erstmal wieder gelöscht und lass einfach einen Gruß da.

Gruß! :-)
Jani

Verfasst am: 07.03.2021, 12:48
Witalinsky
Witalinsky
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Vielen Dank, dass doch schon einige vorbeigeschaut und mir zugehört haben.

Vorab gesagt; Das, was ich beschrieben habe, ist natürlich nur EIN Teil von mir, eine Seite, ein Aspekt, und ich wollte es auf jeden Fall einbringen, da es, wie gesagt, eine grosse Rolle in meinem Rauchverhalten spielt. Ihr seht ja schon allein an meinem Profil-Foto, dass ich auch ein anderes Gesicht habe.

@Bibra65: Sicher spielt bei diesen düsteren Gedanken auch die Angst vor dem Aufhören ist und ich weiss nicht, wie weit es die Sucht selber ist, die da aus mir spricht. So schreibt es auch Joel Spitzer in seinem hier immer wieder zu recht empfohlenen Buch "Nie wieder ein einziger Zug": "Viele Raucher glauben, dass sie wegen ihrer selbstzerstörerischen Einstellung weiter rauchen. Sie möchten tatsächlich krank werden. Manche sagen, sie fürchten sich vor dem Alter, andere schwören ganz arrogant, weiter zu rauchen, bis es sie umbringt. Manche Leute haben tatsächliche Probleme, die zu selbstzerstörerischem Verhalten führen können. Die meisten (aber) machen diese Aussage, um ihre Ängste zu verbergen, dass sie vielleicht einfach nicht aufhören könnten."
Wie gross der Anteil der Sucht dabei ist, die aus mir spricht, weiss ich nicht.

@SmoSa: Keine Sorge, mein Werkzeug liegt nicht einfach rum, sondern ich trage es zur Zeit fast ständig in meiner Werkzeugkiste mit mir rum und gebrauche es auch! Ich bin z.Zt. in einer Phase, in der ich das, was ich mir in den Therapien angeeignet habe, versuche, in den Alltag umzusetzen. "Therapie heisst Veränderung", hiess es in der Klinik immer, insofern passt das auch zum Rauch-Ausstieg und ich versuche, das Gelernte dazu zu nutzen. Atemübungen, Achtsamkeit, Meditation gehören auch zu den Werkzeugen, die ich oft benutze. Es ist aber auch sehr anstrengend, ständig zu arbeiten, arbeiten, arbeiten ...
Paradoxerweise läuft beides gleichzeitig ab: Natürlich versuche ich, mir die Tage so angenehm wie möglich zu machen, kann mich auf das Hier und Jetzt einlassen, kann das Positive des Tages sehn und bin dankbar dafür. Und gleichzeitig ist da diese Grundstimmung, die in Bezug auf die Zukunft fragt: Wofür? Dieses Fehlen eines entschiedenen "JA" zum Leben. Das Leben erscheint mir eher als eine lästige Pflicht, als ein Geschenk.
Werde mal in deinem Tagebuch reinschauen!

@miezhaus: Danke für die vielen Zeilen und das Verständnis. Ich spüre, dass du aus einem ähnlichen Zimmer kommst, und trotzdem hast du es schon soooo lange geschafft!
Leider läuft gerade meine ambulante Therapie aus, aber mit meinem Psychiater habe ich gesprochen. Sollte vielleicht auch nochmal nachschauen, was für Seminarangebote es über die Krankenkasse gibt, oder eine neue Therapie, in der ich das Nichtrauchen zu einem Schwerpunkt machen kann, beantragen. Ist halt gerade in Corona-Zeiten schwieriger als sonst, was mich aber nicht abschrecken muss. Wenn es eins gibt, das in den Therapien besser geworden ist, dann ist es, dass mein Kopf nicht immer alles gleich wieder mit "Geht nicht! Gehtnicht! Gehtnicht!" verwirft.
Dummerweise kommen gerade jetzt, in den letzten Tagen, die Angstzustände wieder stark zurück!
Habe vorgestern mal ein bisschen gegoogelt zum Thema "Angstzustände, Depression und Rauchen". Es ist ein blöder Teufelskreislauf. Man raucht mehr WEGEN der Angstzustände, aber die Angstzustände und Depressionen sind u.a. auch entstanden DURCH das Rauchen!

Vielleicht wird es noch ein längerfristiges Projekt mit dem Rauchstop. Wichtig für mich ist, dass ich dranbleibe, und nicht durch Rückschläge noch mehr runterziehen lasse. Und wirklich Wege finden, den Druck rauszunehmen - am Besten ohne zu rauchen.

Hat da jemand die Vorhänge ein bisschen aufgezogen? Die Blumen leuchten auf einmal so grell! Danke nochmal für euern Besuch. Jetzt geh ich erst mal mit dem Hund raus und hoffe, dass das Licht da draussen nicht allzusehr blendet.

Verfasst am: 07.03.2021, 12:56
~Bine~
~Bine~
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Beiträge: 194 Beiträge

Lieber Witalinsky,

Du hast so viele schöne Worte, Blumen, Sonne und Licht bekommen, es leuchte nun richtig toll in deinem Zimmerchen. Lass das Licht weiter brennen.
Dass, was ich bei dir lese, ist: dass du so viel Stärke in dir hast.

Ich bringe dir nun noch ein paar vorbei.

LG Bine

Verfasst am: 07.03.2021, 17:05
Witalinsky
Witalinsky
Themenersteller/in
Dabei seit: 07. 02. 2021
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Danke für die Blumen!!!

Verfasst am: 07.03.2021, 17:28
Unbekannt
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