Ein Tagebuch

Tag 198 Donnerstag
Rauchen und backen

Als ich noch ein Kind war, wohnten wir in einer Siedlung am Stadtrand.
Einmal in der Woche kam ein Bäcker mit seinem Verkaufswagen vorbei
und fast alle Frauen aus der Siedlung kauften ihr Brot bei ihm.
Bis an diesem einen Mittwoch etwas passierte,
das den üblichen Lauf der Dinge massiv durcheinander wirbelte.

Wie immer kauft meine Mutter ein Brot und
brachte es nach Hause. Ein paar Stunden später wollte sie es aufschneiden.

Dabei fiel ihr ein Zigarrenstummel aus dem Brot heraus.
Meine Mutter betrachtete das Machwerk
und legte den Stumpen und den Laib Brot in eine Schachtel.

Am nächsten Mittwoch kam wie immer der fahrende Bäcker.
Meine Mutter erwartete ihn schon.
Das Brot und den Stumpen parat
marschierte sie energisch auf die Straße
und stellte den Mann zur Rede.

Der zuckte nur mit den Achseln
und redete etwas von.
...alles Quatsch.
...sowas passiert hier nicht ..
...sein Brot ist das Beste usw.

Meine Mutter hörte sich das an
und sorgte schon mal dafür,
das die anderen Frauen an diesem
Mittwoch kein Brot mehr bei ihm kauften.

Brotlaib und Stumpen wurden wieder verpackt und aufbewahrt.
Bis zum Samstag.
Da war immer der Gemeindetreff der Landfrauen.

Ab diesem Samstag war das Schicksal des Bäckers besiegelt.
Er kam noch zwei mal. Danach nicht mehr.

Die Geschichte mit dem Zigarrenstumpen überlebte schon einige Generationen
und wurde soeben hier wieder erzählt.