Ein Tagebuch
Lieber Klaus, vielen Dank für deine Glückwünsche. In meiner Anfangszeit habe ich dein Tagebuch jeden Morgen beim Kaffee gelesen, so kam ich auch über die ersten Tage. Danke dafür.
Liebe Grüße Anke
Oh Gott, wie schrecklich!
Vielen Dank, dass Du auch so schlimme Träume mit uns teilst. Bis zum Schluß dachte ich oh Gott nein! Klaus raucht nach so langer Zeit. Und dann die Auflösung. Nur ein Albtraum. Tatsächlich hab ich in meinen Träumen oft geraucht.. auch das Aufwachen fühlt sich so an, als ob ich Abends zu viel geraucht und getrunken hätte. Manchmal dauert es eine Weile bis die Erlösung und die korrekte Erinnerung kommt. NEIN! Du hast nicht geraucht. Seit 3 Wochen nicht. Es ist gut zu wissen, dass auch nach so langer Zeit noch solche Träume da sind und dieser Teil unserer Identität präsent ist. Da bin ich gut vorbereitet und wachsam. Lieben Dank für diesen Krimi zum Frühstück. LG Karola
Tag 330 Mittwoch
Träume
Es passierte so unvermittelt geradezu nebenläufig.
Plötzlich war da diese brennende Zigarette in meiner Hand.
Den Bruchteil einer Sekunde später war sie in meinem Mund.
So, wie wir uns kratzen obwohl wir das nicht wollen.
Unwillkürlich. So heißt es dann.
Ich zog zwei oder dreimal an dieser Zigarette.
Irritation! Warum?
Wo kam die eigentlich her? Wer gab mir die?
Jemand offerierte mir eine neue Zigarette.
Ich griff danach und zündete sie an.
Stimmt, ich hatte meine Feuerzeuge nicht weggeworfen.
Ich dachte, ich werde später damit aufhören,
wusste aber genau und ganz sicher,
das ich das nicht tun würde.
Also, da rauchte ich wieder.
Es fühlte sich völlig normal an.
Normal! Aber es ist doch nicht normal.
Da war so ein Gefühl von Bedürftigkeit.
Ein Gefühl von einem inneren Loch.
Der Wunsch alles nachholen zu müssen.
Der Gedanke war zugleich schön und schrecklich.
Vor allem aber:
Diesen Gedanken kannte ich.
Es war ein alter vertrauter Gedanke.
Woher nur kannte ich diese Gefühl so gut?
Es gab noch einen anderen Gedanken.
Ich habe doch aufgehört.
Warum tue ich das hier?
Fast ein Jahr komme ich ohne Rauchen aus.
Aber das fühlte sich sehr entfernt an.
Ich kaufte eine Schachtel davon.
Es war ein gutes Gefühl nun einen gehörigen Vorrat zu besitzen.
Früher hatte ich immer mindestens eine Schachtel Reserve.
Dann musste eine neue Stange her.
3 km mit dem Fahrrad, oder mit dem Auto.
Dem Späti an der Ecke war das nicht geheuer.
“Wenn du die woanders kaufst, dann bleibe ich darauf sitzen”
Also der Tabakladen in Kreuzberg
Also mindestens die letzte volle Packung und die Angebrochene war da.
Jetzt hatte ich eine Volle. Ich rauchte wieder.
Der Gedanke an das Aufhören wurde dünner.
Ja, ein dünner Gedanke.
Ich dachte an die anderen, die wieder rauchten.
Auch diese Gedanken erschienen mir normal.
Ja, es war doch immer so, Rauchen gehört doch zu uns.
Wir sind die Raucher! Wir sind doch so!
Ich bin ein Raucher!
Ich rauche gern!
Jeder Widerstand war gebrochen und verschwunden.
Ganz leise schlich ein Gedanke vorbei:
Ich höre gleich wieder auf.
Dann klingelte der Wecker.
Hallo, lieber Klaus!
Kaum zu glauben, vor fast einem Jahr haben wir aufgehört. Manchmal ist meine Sehnsucht nach einer Zigarette auch noch sehr stark, aber irgendwann ist diese Sehnsucht dann auch wieder weg. Heute war ich beim Lungenarzt, um einfach mal durchchecken zu lassen, welche Schäden meine Raucher Karriere angerichtet hat. Toi toi toi er konnte weder COPD noch sonst irgendetwas feststellen, ich hoffe, bei dir ist es ähnlich! Wir bleiben stark. Liebe Grüße!
Hallo Klaus- ich habe dein Tagebuch gelesen und so wie du schreibst denke ich mir, dass könnte von mir sein - die gleichen Gedanken - die gleichen Ängste und was mit der neu gewonnen Freiheit anfangen- es gab ja nie einen Plan B - das ist die größte Herausforderung- für mich zumindest - da hab ich mir noch gar keine Gedanken gemacht
Ich wünsche dir alles erdenklich gute und viel Durchhaltevermögen und danke für deine Hilfe und deinen Rat - die hier im Forum sehr vielen eine große Stütze ist - ich möchte einfach mal dafür vielen lieben Dank sagen
Tag 325 Freitag
Craving und die neue Freiheit
Bald kommt der August.
Der Monat an dem ich letztes Jahr
meinen Rauchstopp startete.
325 Tage sind vergangen
und immer noch drängt
etwas in mir wieder zu rauchen.
Es sind die Momente der Ruhe, der Besinnung.
Momente, die nur mir gehören.
Momente, in denen mich niemand
und nichts stören soll.
Momente, in denen meine Gedanken tun was sie wollen.
Keine Kontrolle, keine Rolle, keine Zwänge.
Die Abwesenheit aller Zwänge.
Das ging immer nur mit Zigarette.
Das hatte mit Freiheit nun wieder gar nichts zu tun.
Diese kleinen Auszeiten, kleine Fluchten,
kleine Geistes Reisen. Und genau das sind die Momente
in denen es mich am meisten triggert.
Ich jammere nicht, es ist nur sonderbar
wie fest das alles in meinem Kopf verankert ist.
Naja, er kennt ja nichts anderes.
Mein ganzes Leben lang war es so.
Und nun?
Die Befreiung von der Zigarette hat begonnen.
Eine Revolution in meinem Leben.
In jeder Revolution wird vieles radikal geändert
um danach eine neue Normalität zu finden
Also weg mit den alten Ritualen.
Und jetzt sind ein paar 100 Tage ohne diese Rituale vergangen.
Jetzt gilt es neue Rituale zu finden.
Das sagt sich so einfach.
In meiner Schöne Dinge Liste gibt es genug Anregungen.
Womit anfangen?
Wie anfangen?
Freiheit kann unbequem sein,
weil niemand da ist der mir erklärt
wie ich damit umgehen kann.
Wenn ich Google frage
werde ich mit Millionen Antworten bombardiert.
Ein paar Beispiele:
Das Ungeheure, das einem Menschen eingeräumt ist, ist die Wahl, die Freiheit.
Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten.
Freiheit ist Hingabe – Hingabe an eine selbstgewählte Idee.
Die Freiheit ist nicht die Willkür, beliebig zu handeln, sondern die Fähigkeit, vernünftig zu handeln.
Freiheit ist ein Gut, dessen Dasein weniger Vergnügen bringt als seine Abwesenheit Schmerzen.
Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, und das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.
Die Sklaven von heute werden nicht mit Peitschen, sondern mit Terminkalendern angetrieben.
Je freier man atmet, desto mehr lebt man.
Super, alles super!
Und was mache ich jetzt?
Vielleicht da anfangen wo die größten Ängste liegen
Das war immer schon ein gutes Konzept.
Die Dinge in den Focus legen, die immer sehnsüchtig umkreist wurden.
Ein Schlagzeug kaufen und loslegen?!
Vielleicht genau das, oder etwas in dieser Richtung.
Ich werde darüber nachdenken.
Lieber Klaus,
über deinen Besuch und deine Glückwünsche habe ich mich sehr gefreut.
Ich wünsche dir auch einen schönen Tag mit viel Sonne,
Traudl
Lieber Klaus
Ich habe mich sehr gefreut, dass du bei mir reingeschaut hast.
Ich lese dich sehr gerne und bin immer gespannt, was du zu erzählen hast, was dir so durch den Kopf geht, was im späti, beim Bäcker oder im Kloster passiert - irgendwas ist ja immer los
Ja, nun habe ich 500 Tage geschafft. Nie hätte ich mir das vorstellen können. Stück für Stück bin ich aber tatsächlich dort hingekommen Echt jetzt? Unglaublich...
Ich hatte aber auch viele helfende Menschen an meiner Seite.
Sehr hilfreich
Bis bald und liebe Grüße
Ulrike
Liebe Jutta,
Du hast alles richtig gemacht. Für Pflaster, Kaugummi, Lutschtabletten etc. - die klassische NET also - gelten tatsächlich die 3 Monate. Da ist es so dass, man erst das Verhalten umstellt (Eliminierung der Rauchanlässe) und sich dann, wenn die neuen Rituale halbwegs gefestigt sind, vom Nikotin entzieht. Bei nikotinfreien Vapes, E-Zigs und Kräuterziggis ist es anders herum, erst kommt der Nikotinentzug und dann - schon nikotinfrei - die Verhaltensumstellung. Da nikotinfreie (!) Vapes, E-Zigs und Kräuterziggis selber auch eine gewisse Schadwirkung haben, sollte man nach 1 Monat da aussteigen, auch um diese "Ersatzprodukte" nicht zur neuen Gewohnheit werden zu lassen. Beide Wege haben ihre Berechtigung und für beide Wege braucht es einen starken Willen. Bei mir hat die NET nicht funktioniert, die Kräuterziggi-Methode dann schon.
Ciao, Frank
P.S.: Wir sollten aber nicht Klaus' Wohnzimmer für Diskussionen um den "richtigen Weg" missbrauchen. Zu den Kräuterziggis hatte ich schon mal einen eigenen Diskussionfaden aufgemacht.
Ich habe vier Monate lang Nikotinersatzprodukte (Kaugummi und Lutschtabletten) genommen und erst ab dem 5. Monat ausgeschlichen.
Allerdings habe ich diese Produkte nach Bedarf genommen und der war wesentlich geringer, als was laut der Gebrauchsanweisung erlaubt gewesen wäre. Angefangen habe ich bei Stärke 4 mg und bin dann irgendwann auf 2 mg umgestiegen.
Ich war eine starke Raucherin (30 Zigaretten pro Tag).
Laut Studien dauert es 3 Monate, bis eine neue Gewohnheit etabliert ist.