I will survive
Survival-Tagebuch:
Mein Eintrag im Juli-Zug:
Verfasst am: 25.03.2021 02:23
Schlafwandlerin im Zug unterwegs. Schaue mal in alle Abteile, ob irgendjemand hier ist. Die Abteile sind leer, der Zug rast durch die Nacht mit dem Ziel – Unendlichkeit..........
Nach diesen Zeilen im Juli-Zug schlafwandelte ich noch durch einige Wohnzimmer, streifte durch meine Wohnung, las einige Seiten in einem Buch.......durchlebte eine unruhige, nachdenkliche Nacht. Zu dem Zeitpunkt als ich endlich zur Ruhe kam und ich in den Schlaf sank verstarb meine Mutter.
Heute wäre ihr 92. Geburtstag. Sie hatte ein langes Leben, eine lange Wegstrecke gingen wir gemeinsam und nun ist ihr Leben zuende.
Den gesamten Winter konnte ich sie nicht besuchen, da ich im Covid-bereich arbeitete und bei unserem ersten Treffen nach der langen Zeit sah ich, dass ihre Lebensenergie fast aufgebraucht war. Es ist ein ungutes Gefühl sie in ihren letzten Monaten nicht begleitet zu haben. Mit diesem Gefühl muss ich nun leben. Ich bin traurig.
Jetzt stelle ich mich meinem größten Feind auf meinem Frischluftweg – der Traurigkeit.
Sehr wichtig ist es immer wieder rein sachliche, rationale Gründe parat zu haben, welche für den Frischluft-Weg sprechen.
Eine Situation war besonders erschreckend für mich und zeigte mir wie fest die Sucht sich in mir verankert hat, wie wichtig es ist wachsam zu sein.
In meiner Garderobe stehen Regale mit kleinen Körbchen in denen ich die Rauchutensilien aufbewahrte. Wenn ich telefonierte nutzte ich de Zeit immer, um meinen Nikotinpegel anzuheben. Das bedeutete - das Telefon klingelte, ich nahm ab, ging in die Garderobe, holte mein Suchtmittel und ging vor die Türe, setzte mich gemütlich hin, telefonierte und qualmete.
Am Tag nach dem Tod meiner Mutter klingelte das Telefon. Ich meldete mich, lief in die Garderobe und fing an automatisch zu suchen ohne mir bewusst zu sein was ich suchte. Erst als ich immer hektischer kramte und nicht wusste was mich so aus der Fassung bachte, machte ich eine kurze Pause, hielt inne und stellte mit Entsetzen fest, dass ich Zigaretten und Feuer suchte. Hätten Zigaretten auf diesem Platz gelegen, hätte ich wohl aus reiner Gewohnheit geraucht und das nicht bewusst getan!
Die Pfade der Raucherei sind so ausgetreten bei mir, dass ich immer wachsam sein muss, um nicht den falschen Weg einzuschlagen.
Kurz vor ihrem Tod fragte meine Mutter noch, ob ich nicht mehr rauche und war so froh, zu hören, dass ich seit Monaten rauchfrei bin. „Mädle fang des neme o, des isch net guat für di.“
Liebe Ulrike,
mein aufrichtiges Beileid.
LG Petra
Lass Dich virtuell von mir umarmen, liebe Ulrike.
Liebe Ulrike,
fühle dich von mir umarmt!