dicht - Dichter - Gedichte - 2500.... - von allen für alle
Frühling
Nun ist er endlich kommen doch
in grünem Knospenschuh.
"Er kam, er kam ja immer noch",
die Bäume nicken sich′ s zu.
Sie konnten ihn all erwarten kaum,
nun treiben sie Schuß auf Schuß;
im Garten der alte Apfelbaum
er sträubt sich, aber er muß.
Wohl zögert auch das alte Herz
und atmet noch nicht frei,
es bangt und sorgt: "Es ist erst März,
und März ist noch nicht Mai."
O schüttle ab den schweren Traum
und die lange Winterruh′ ,
es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag′ s auch du!
(Theodor Fontane)
Besagter Lenz ist da
Es ist schon so. Der Frühling kommt in Gang.
Die Bäume räkeln sich. Die Fenster staunen.
Die Luft ist weich, als wäre sie aus Daunen.
Und alles andere ist nicht von Belang.
Nun brauchen alle Hunde eine Braut.
Und Pony Hütchen sagte mir, sie fände:
Die Sonne habe kleine warme Hände
und krabble ihr mit diesen auf der Haut.
Die Hausmannsleute stehen stolz vorm Haus.
Man sitzt schon wieder auf Caféterrassen
und friert nicht mehr und kann sich sehen lassen.
Wer kleine Kinder hat, der führt sie aus.
Sehr viele Fräuleins haben schwache Knie.
Und in den Adern rinnt’s wie süsse Sahne.
Am Himmel tanzen blanke Aeroplane.
Man ist vergnügt dabei. Und weiss nicht wie.
Man sollte wieder mal spazieren gehn.
Das Blau und Rot und Grün war ganz verblichen.
Der Lenz ist da! Die Welt wird frisch gestrichen!
Die Menschen lächeln, bis sie sich verstehn.
Die Seelen laufen Stelzen durch die Stadt.
Auf den Balkons stehn Männer ohne Westen
und säen Kresse in die Blumenkästen.
Wohl dem, der solche Blumenkästen hat!
Die Gärten sind nur noch zum Scheine kahl.
Die Sonne heizt und nimmt am Winter Rache.
Es ist zwar jedes Jahr dieselbe Sache.
Doch ist es immer wie zum ersten Mal.
(Erich Kästner)
In: Erich Kästner, Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke, Atrium Verlag 2017.
Ostern
Vom Münster Trauerglocken klingen,
Vom Tal ein Jauchzen schallt herauf.
Zur Ruh sie dort dem Toten singen,
Die Lerchen jubeln: wache auf!
Mit Erde sie ihn still bedecken,
Das Grün aus allen Gräbern bricht,
Die Ströme hell durchs Land sich strecken,
Der Wald ernst wie im Träumen spricht,
Und bei den Klängen, Jauchzen, Trauern,
So weit ins Land man schauen mag,
Es ist ein tiefes Frühlingsschauern
Als wie ein Auferstehungstag.
Joseph von Eichendorff, 1788-1857
Zum 2. Advent
Ein wenig Sonne, und der Schnee schmilzt.
Ein wenig Wärme, und das Eis bricht.
Ein wenig Güte, und wir Menschen tauen auf.
(Petrus Ceelen: belgischer Geistlicher, Psychotherapeut, Autor und Aphoristiker, arbeitete als Gefangenenseelsorger und Aids-Pfarrer in Stuttgart)
Nicht müde werden
Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise
wie einem Vogel
die Hand hinhalten.
(Hilde Domin)
Ein schöner Tag
Sieh, das viele Schöne, Gute!
Lass dich auf Begegnung ein!
Gib dem Leben eine Chance,
lass die Freude in dich rein!
Jedem Tag in deinem Leben,
wenn er fängt frühmorgens an,
solltest du die Chance geben,
dass er dein schönster werden kann.
(Helmut Zöpfl)
weil ich bin
Ich atme ein, ich atme aus,
die Luft geht rein, die Luft geht raus.
Ich gehe vorwärts, Schritt für Schritt,
ein Fuss geht mit dem andern mit.
Ich denke leise, so für mich:
Weil ich ich bin, bin ich ich.
(Helmut Glatz)
Die Welt
Obgleich die Welt ja, so zu sagen,
Wohl manchmal etwas mangelhaft,
Wird sie doch in den nächsten Tagen
Vermutlich noch nicht abgeschafft.
So lange Herz und Auge offen,
Um sich am Schönen zu erfreun,
So lange, darf man freudig hoffen,
Wird auch die Welt vorhanden sein.
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So geht es mit Tabak und Rum:
Erst bist du froh, dann fällst du um
W. Busch