Erzwungener Nichtraucher will Nichtraucher bleiben und sucht Unterstützung
Hallo alle, liebe Lotsen,
Ich bin Roland, fast 50 Jahre alt, rauche seit 1996 zwischen 20 und 30 Zigaretten am Tag und habe in den letzten Jahren zunehmend Plätze und Situationen gemieden, an und in denen ich nicht rauchen konnte. Ich bin also als stark abhängiger Raucher zu bezeichnen. Das hat mich schon seit Jahren immer mal wieder zum Nachdenken gebracht. Konsequenzen habe ich bisher keine gezogen.
Bis jetzt...
Ich habe in den letzten Tagen einen ordentlichen Schuß vor den Bug bekommen. Am Wochenende ereilte mich meine zweite Bronchitis innerhalb von zwei Monaten. Da es bei der davor auch ging, habe ich Sonntag noch munter weiter geraucht. Dafür habe ich dieses Mal aber bitter bezahlt. In der Nacht zu Montag hatte ich so starke Luftnot, dass ich dachte, ich ersticke. Trotzdem (im Nachhinein denke ich: wie pervers ist das? bzw. welche Macht hat das Nikotin über mich?) habe ich am Montag noch 15 Zigaretten geraucht, die meisten konnte ich nur noch paffen. Ich bekam zunächst Asthmasprays zur Inhalation sowie ein Antibiotikum. Am Dienstag, nach einer weiteren Nacht mit Luftnot und versuchtem Schlafen im Sitzen, brachte ich es immerhin noch auf 8 gepaffte Zigaretten, gestern waren es vier, heute bisher null. Nach weiterer Behandlung mit Kortison als Schubtherapie und zum Inhalieren wurde es dann gestern langsam besser. Die Luftnot ist mittlerweile, auch durch verhaltenstherapeutische Ansätze, die ich mir angelesen habe, rückläufig. Trotzdem habe ich Angst vor dem Einschlafen da ich denke, ich könnte einfach im Schlaf ersticken ohne es zu merken.
Es war nicht nur die Erstickungsangst, die mir zu schaffen machte und macht, sondern es war auch die Kombination der Nikotin-Entzugssymptome mit den Wirkungen der Medikamente: ich konnte nichts tun außer Sitzen, Husten und Atmen und war gleichzeitig so unruhig, nervös und aufgewühlt , dass ich dachte ich müsste platzen.
Und dann kamen noch zwei Dinge dazu, die mir endgültig den Boden unter den Füßen weggezogen haben, während ich dasaß und pfeifend nach Atem rang:
1. Meine Familie erscheint relativ unbeeindruckt. Die Kinder machen ihren Sport und die Schule, aber fragen nicht einmal wie es mir geht. Meine Frau geht arbeiten.
2. Die Mitarbeiter meiner Firma unterstützen sehr aber ich musste auch feststellen, dass ich mich in den letzten zwei Jahren kollossal übernommen habe.
Das führte bei mir erst einmal zu einem gewissen Zusammenbruch. Ich musste mir die Frage stellen, was ich mit meiner zweiten Lebenshälfte anfangen möchte. Weiter so, oder anders?
Als mir dies über die letzten drei, vier Tage bewusst wurde (man hat viel Zeit zum Nachdenken, wenn man sonst nichts tun kann), habe ich drei Dinge beschlossen:
1. Rauchen sofort aufgeben, für immer: dafür brauche ich bitte eure Unterstützung (s.u.)
2. Mehr mit der Familie machen, wenn diese will
3. Generell täglich etwas Zeit mit mir selbst verbringen (habe ich in den letzten Jahren nur beim Arbeiten getan, was ich nicht als Zeit für mich zähle)
Für 1. baue ich auf die Unterstützung aller hier: Mich treibt vor allem um, wie ich mit dem craving umgehen kann, was ich als alternative Verhalten anwenden kann bzw. wie ich mit der frei werdenden Zeit umgehe/sie positiv nutze und wenn dann noch jemand einen Tip für 2. und 3. hat bin ich auch nicht böse.
Vielen Dank schon jetzt an alle!
Zuallererst sei dir klar, dass du dir ca 23*365*25=209.875mal antrainiert hast, dass Kippen was tolles sind.
Entzug ist also nicht nur körperlich zu erwarten - du wirst dich auch bzgl Verhalten / Belohnung / Gewohnheit / Langeweile / Stress / ... umgewöhnen müssen.
Lesetipp:
Stop Simply EBook
Nie wieder ein einziger Zug von Joel Spitzer
Lässt sich beides leicht Googlen.
Mir hat am Anfang ein Schlüsselanhänger die der Kleine gebastelt hat zur Bedchäftigung der Finger geholfen.
Oft Zähne putzen, mit frischem Mund will man weniger gern rauchen.
Viel zu den Themen Sucht, Nikotin, Entwöhnung lesen.
Das eigene Verhalten immer beobachten, sich selber analysieren - wieso will man jetzt genau rauchen, was verspricht man sich davon, was wäre ohne Kippe anders,...
Du hast eigentlich gesundheitlich einen solchen Warnschuss bekommen, dass du es durchhalten solltest!
Bezieh deine Familie ein - lass sie teilhaben am Entwöhnungsprozess. Mach sie zu deinen Helfern / Aufpassern / Ablenkern / Trainern...
Hallo Bleibenlasser,
Vielen dank für deine schnelle Antwort!
Ich habe gerade mal nachgerechnet und festgestellt, dass ich über 50k€ in die Vernichtung meiner Gesundheit investiert habe. Ganz schön schockierend.
Ich werde mir die Bücher morgen mal ansehen. Habe auch schon "Endlich Nichtraucher" gelesen, allerdings vor Jahren und da erschien es mir logisch eher beschränkt.
Am hilfreichsten finde ich deinen Kommentar zu der Beschäftigung der Finger, dem Zähneputzen und vor allem der Selbstbeobachtung! Danke dafür.
Ich setze mich jetzt noch dumpf vor den Fernseher, trinke ein Bier und dann ist Schluß für heute.
Herzliche Grüße
Roland
Hallo Roland!
Ein weiser Entschluss mit dem Rauchen aufzuhören.
Dazu meine Glückwünsche.
Hier im Forum findest du bestimmt viel Unterstützung bei deinem Vorhaben.
Tipps habe ich wenige. Will ja selbst noch aufhören.
Bastle dir ein "Zettelglas". Schreibe dir Aufgaben auf kleine Zettel, wie Müll entsorgen, duschen, Betten machen, Zähne putzen usw. Diese steckst du in das Glas. Wenn dich das Verlangen überkommt, ziehst du einen Zettel und erfüllst die Aufgabe sofort. Das lenkt dich ab und dir geht es wieder besser.
Wenn du jetzt Zeit für dich haben willst, lese oder bastle, mach was mit deinen Kindern (Schwimmbad, Sportplatz, wandern, gemeinsam kochen o.ä.) Wenn ich lese, vergesse ich sogar das Rauchen. Vielleicht geht es dir ähnlich?
Jetzt ist mir doch was eingefallen. Bestimmt findest du7 noch mehr.
Viele Grüße
Ulrike
Hallo Kleineshaus,
Wir schaffen das gemeinsam.
Mir haben die Kommentare von Bleibenlasser schon sehr weitergeholfen. Ich verfolgen die von ihm genannten Spuren morgen weitern.
Liebe Grüße
Roland
Moin Roland,
willkommen in der Gemeinschaft der Nicht-mehr-RaucherInnen und solcher, die es werden wollen.
Auch, wenn Dein Entschluß, rauchfrei zu werden, nicht ausschließlich "freiwillig" erfolgt ist, sondern irgendiwe "der Not gehorchend", ist es klasse, daß Du ihn gefaßt und gleich begonnen hast, ihn auch in die Tat umzusetze
Du solltest Dir unbedingt das kostenlose Ebook "Nie wieder einen einzigen Zug" von Joel Spitzer herunterladen und lesen: http://whyquit.com/NWEEZ/NWEEZ!-Buch.pdf
Es ist einfach und verständlich in kurzen Kapiteln geschrieben - z.B. wenn Dich ein Suchtanfall plagt (Warum schreibst Du "craving" - bist Du englischer Muttersprachler?) - Kapitel bewußt lesen - Suchtanfall bestimmt vorbei danach und Wissensgewinn
Und hoffentlich läßt es bei Dir die Überzeugung reifen, DAß ES FÜR UNS WIRKLICH NIE WIEDER EINEN EINZIGEN ZUG GEBEN DARF!
Ist wie bei trocknen Alkoholikern, die auch nie wieder Alkohol anrühren dürfen - eine Sucht eben....:roll
Beim rauf und runter Lesen der Reiter Informieren und Aufhören kannst Du viele Tips und Hinweise bekommen....
Natürlich ist es ebenfalls wertvoll, hier im Forum in den Wohnzimmern der anderen gaaanz viel zu lesen - und gern zu schreiben - lenkt auch ab vom Rauchverlangen.
Bestell' Dir doch gleich noch (nicht von mobilem Endgerät allerdings) das in D kostenlose Rauchfrei-Startpaket - ist ein feiner 100-Tage-Kalender mit witzigen Sprüchen und Cartoons drin, ein Knetball für nervöse Hände, scharfe Pfeffis und Infomaterial: http://www.rauchfrei-info.de/informieren/materialien/
Unter folgendem Link kannst Du Dich für das rauchfreie Ausstiegsprogramm eintragen - bekommst dann 21 Tage lang immer eine Email mit nützlichen Hinweisen und Ermunterung: http://www.rauchfrei-info.de/aufhoeren/das-rauchfrei-ausstiegsprogramm/
Auf Grund Deiner Erkrankung verlierst Du übrigens momentan viel Flüssigkeit durch das Husten und außerdem ist es gerade während des Rauchstops extrem wichtig, sehr viel zu trinken - also täglich mindestens 3 Liter Wasser, Tees, dünne Schorlen (also nicht das gekaufte Zeugs, sondern 1/4 guten Saft und 3/4 Wasser) trinken. Gerade Kopfweh und Schwindelgefühle kommen oft von zu wenig Flüssigkeit und/oder Unterzuckerung (deshalb die Schorlen).
Dein Körper entgiftet sich jetzt von 23 Jahren Dreck-Einlagerung - das ist Schwerstarbeit für ihn - mit viel trinken kannst Du ihn dabei sehr gut unterstützen.
Dich verwundert die Reaktion Deiner Familie - mich nicht - sie erleben seit vielen Jahren, wie Du Raubbau mit Deiner Gesundheit betreibst und außerdem spielten sie offensichtlich generell eher "die zweite Geige" - nach Deiner Firma/Arbeit.... warum sollten sie jetzt engagierter für Dich sein, als Du es bisher für sie gewesen bist....?
T'schuldige - vielleicht 'n bißken harter Tobak - aber Du selbst hast es so beschrieben....
Konkrete Tips zu 1. bis 3. - wenn Du sie von mir noch möchtest - gern in der nächsten Nachricht....
Alles Gute für Deinen weiteren rauchfreien Weg
wünscht
de Nomade
P.S. Falls Du Fragen hast oder mir antworten möchtest, freue ich mich über einen Besuch in meinem aktuellen Wohnzimmer "Ich denk' nicht dran, zu rauchen!", das Du findest, wenn Du unter dieser Nachricht auf das kleine blaue "Profil" klickst bei "Die letzten Themen".
Hallo Kleineshaus,
Vielen Dank für deine Hinweise.
Ich bin eigentlich ein Kaffee-Junkie, allerdings lege ich großen Wert auf guten Kaffee und gute Milch. Zucker nehme ich als Diabetiker (Typ I, hänge an den Insulinnadeln, ein weiterer Grund aufzuhören mit dem Rauchen) keinen.
Klar, Kaffee und Bier steigern das Rauchverlangen. Alte gewohnheiten. Aber damit muss ich wohl lernen umzugehen..
Es gibt tatsächlich eine überraschend große Zahl richtig guter Tees.
Ich trinke die letzten Wochen sehr viel verschiedene Tees. Weil ich nie mit Zigarette Tee getrunken habe, überkommt mich da auch kein Gusto - und ich lerne neue Geschmäcker kennen.
Habe anfangs auch viel klein geschnittenes Gemüse geknabbert - frisches, saftiges Gemüse oder Obst im Mund ist nicht nur gesund, irgendwie steuert man da auch recht gut von der Sucht weg.
Hallo Roland,
nicht selten müssen wir erst einen Zusammenbruch, wie du es nennst, erfahren, bevor es in der Merkerbse 'Klick' macht. Dir wünsche ich, dass dieser Zeitpunkt nun gekommen ist.
Kortison, als Notfallmedikament, habe ich auch im Schrank. Wenn meine Atemnot über 24 Stunden nicht nachlässt, gebe ich mir die Stoßtherapie. Wenn auch das keine signifikante Besserung bringt, rufe ich den Notarzt und die nächsten zwei Wochen stationär sind gebucht. Nach unzähligen Bronchitiden, die mich nicht vom rauchen abbringen konnten, habe ich COPD im Endstadium. 24 Stunden am Tag Flüssigsauerstoff. Vielleicht solltest du in Abstimmung mit deinem Doc den Weg ins Krankenhaus in Erwägung ziehen. Atemnot ist fies. Erstickungsanfall ist realer Albtraum!
Grundsätzlich bin ich der Ansicht, dass deine Prioritäten-Liste (am Ende deines Beitrags) genau umgekehrt aufgestellt gehört:
1. Bist ab sofort DU der wichtigste Mensch in deinem Leben.
2. Das Rauchen aufzugeben-und zwar SOFORT.
3. Deiner Familie Zeit zu widmen.
Dein Projekt ICH-WERDE-RAUCHFREI sollte den allerobersten Stellenwert in deinem Leben bekommen. Das machst du nicht "mal eben so", das ist echte Arbeit. Arbeit an sich selbst. Alles, was dir hilft, rauchfrei zu bleiben, darf in deinem Leben gerne Platz nehmen. Alles, was dich hindert, was dein Projekt gefährdet, gehört disqualifiziert. Gibt es Menschen in deinem Umfeld, die dich unterstützen können? Die auf deiner Seite stehen? Wie gesagt, Roland, DU bist der wichtigste Mensch in deinem Leben. Alles, was du auf dieser Seite nachlesen kannst, wird dich unterstützen. Die Forumianer sind auch ein echtes Füllhorn an Tipps und Tricks. Für jetzt möchte ich es zunächst dabei belassen und freue mich sehr, dich auch weiterhin hier zu lesen. Wenn dir das lieber ist, kannst du gerne auch per PRIVATER NACHRICHT posten, sozusagen "unter vier Augen".
Grüße
Meikel