Abschied und Überwindung

Ich habe eigentlich immer geraucht. Mit zwölf zum ersten Mal gezogen, mit dreizehn ab und zu gepafft, mit fünfzehn fünf am Tag geraucht, mit achtzehn dann schon zwanzig.

Ohne Zigarette – in den ersten Jahren selbstgedrehte, später Filterzigaretten – war nichts denkbar. Ich konnte keinen Spaß haben ohne, ich konnte mich nicht konzentrieren und nachdenken ohne, ich konnte mich nicht erholen ohne, keinen Stress abbauen und so weiter. Also war die Zigarette meine ständige Begleiterin. Aber die Zeiten änderten sich. Immer mehr Freunde und Freundinnen gaben es auf, es war, als schmolzen die Eisschollen unter meinen Füßen. Eine Freundin, mit der ich zuletzt noch gemeinsam geraucht hatte, starb kurz darauf an COPD. Dann erfuhr ich, dass ich eine Erkrankung an den Stimmbändern hatte – eine Katastrophe für eine Frau, die viel vor anderen sprechen muss. Und nachdem mich die HNO-Ärztin mit finsterer Miene fragte: „Na, wie viel Schächtelchen rauchen Sie denn so am Tag?“, da wusste ich, jetzt ist es mit dem Rauchen vorbei.


Doch wie es schaffen, wie mich überwinden?

Am Sonntag, den 15.11.2015 stand ich auf meinem Balkon, drückte den Rest der Zigarette, die mir gar nicht geschmeckt hatte, in den Aschenbecher und schwor mir: Das war deine letzte. Eine fast schlaflose Nacht lag vor mir, in der ich mich zwang, nicht zu rauchen, was ich mit Mühe schaffte. Denn ich stand vor der entscheidenden Frage, ob ich mir am anderen Morgen eine neue Stange Zigaretten oder Nikotinpflaster holen sollte. Tabaklädchen oder Apotheke? Ich schleppte mich am Montagmorgen, den 16. November, zur Apotheke, und klebte mir das Pflaster im Auto auf den Oberarm. Dann fuhr ich zur Arbeit. Ich bewältigte den Tag, aber merkte, einen weiteren Tag würde ich nicht schaffen. Ich schaffte eine Woche, doch bekam ich so richtig Entzugserscheinungen mit Depressionen, litt unter Antriebsarmut, Schwächegefühlen und der ständigen Angst: „Muss ich jetzt mein Leben lang unter dem Verzicht leiden?“


Über Beziehungen bekam ich die Adresse eines Arztes im Ruhestand, der Meridian-Akupressur macht. Mir ging’s aber gar nicht so sehr um die Methode, sondern darum, dass er eine positive Energie auf mich übertrug und einen tiefgreifenden Reflexionsprozess bei mir in Gang setzte. Denn wer zu rauchen aufhört, muss seine inneren Bilder neu besetzen und die bisherigen positiven Rauch-Imaginationen mit neuen Vorstellungen überschreiben.

Die zweite große Hilfe

Die zweite große Hilfestellung bekam ich etwas später. Am Dienstag, den 23. November 2015, fühlte ich mich so schlecht, dass ich mich sofort in eine Suchtklinik einweisen lassen wollte. Es gab aber nur Privatkliniken. Alternative: Selbsthilfegruppe. Aber in meiner Stadt war in dieser Zeit nicht das Richtige dabei. Durch Zufall stieß ich auf diese Website www.rauchfrei-info . Ich legte dort einen Thread an und schrieb alles hinein, was mich bewegte, alle Stadien des Entwöhnungsprozesses, und bekam sehr kluge, menschliche und herzliche Antworten.

So habe ich mich in den sechs Wochen der Entgiftung und Entziehung auf einen tiefen, reflexiven Prozess eingelassen, der, wie ein wilder Wellengang, ab der siebten Woche langsam abebbte. Es kehrte wieder eine gefühlte Normalität des Lebens ein – allerdings ohne Zigaretten. So ist es auch heute. Manchmal wehen mich gewisse Bedürftigkeiten an, die aber rasch wieder verfliegen. Wobei eine Bedingung allerdings strikt besteht: Nie wieder einen einzigen Zug.

eingesendet von SusanneK