Zum Aufhören ist es nie zu früh...
Hallo liebe Leidensgenossen,
ich hab mich jetzt einige Tage im Forum als Gast herumgetrieben. Die vielen Geschichten zu lesen fand ich traurig und unterstützend zugleich deshalb möchte ich kurz meine Geschichte erzählen.
Die Voraussetzungen keine Raucherkarriere zu starten hätten wohl kaum besser sein können. Eltern beide überzeugte Nichtraucher (nie gewesen). Kaum jemand in meinem engeren
Freundeskreis hatte je eine Zigarette im Mund. Und die die es doch probiert haben (vorallem Shisha rauchen) sind nicht lange dabei geblieben.
Ich weiß nicht mehr wann es genau war aber mit ca 16 hab ich mir dann doch die erste im Rausch angezündet. Geschmeckt hat sie mir sicher nicht und es blieb auch ca 3 Jahre beim gelegentlichen paffen beim Fort gehen.
Doch dann kam irgendwann der Punkt an dem ich die Zigaretten inhalieren begonnen hab und plötzlich wurde es Alltag. An den Auslöser kann ich mich nicht mehr erinnern, es ist irgendwie einfach passiert.
Dann folgten 1,5 Jahre täglicher Konsum. Nachgedacht hab ich darüber nie, ich hab mich damals idiotischer weise nichtmals als Raucher betrachtet.
Meine Eltern wusste nichts davon. Es war ein Katz und Maus Spiel. Ich habe sehr selten Zuhause geraucht, und wenn das verlangen sehr groß wurde hab ich einfach das Haus für eine halbe Stunde verlassen.
Die Kleidung hat natürlich gerochen, das hab ich auf rauchende Freunde geschoben. Irgendwann hat mir meine Mama aber einfach nicht mehr geglaubt und hat mich zur rede gestellt.
Sie meinte ich sollte doch wenigstens ehrlich sein, ich hab natürlich alles abgestritten. Es war ein schreckliches Gefühl. Da ich mit meinen Eltern immer schon ein sehr gutes Verhältnis hatte
und dieses auf keinen Fall gefährden wollte hab ich an diesem Tag einen Entschluss gefasst: Ich höre auf. Dieser Entschluss hat dann auch bis zum nächsten Tag gehalten. Gegen Mittag wurde das Verlangen zu groß. Obwohl ich
schon deutlich längere Zigarettenlose Phasen problemlos überstanden hatte konnte ich psychisch einfach nicht los lassen.
Nach einer schlaflosen Nacht und viel googeln kam mir eine Idee: Umstig auf E-Zigarette.
Die hab ich mir besorgt und mit einer ordentlichen Portion Nikotin gefüllt. Der Plan ging sofort auf. Ich gehöre zu jenen die Problemlos umsteigen konnten. Der Geruch ist kaum wahrnehmbar und ich konnte sogar in
meinem Zimmer dampfen ohne das es jemandem auffiel. Ca. 2 Jahre hab ich das durchgezogen. Zigaretten gab es kaum mehr. Nur noch sehr selten im Rausch.
Durch das Nikotin ist und bleibt auch die E-Zigarette eine starke Sucht. Mit dem Alter kam ich mir dann immer blöder vor mit dem Ding im Mund. Ich wollte selbst bestimmen wann ich dampfe, nämlich ungestört Zuhause in Ruhe und nicht
jede Stunde angetrieben vom Verlangen nach Nikotin.
Also hab ich mir vorgenommen das Nikotin zu reduzieren und auf Null zu senken. Es gab hier und da kleinere Rückschläge aber alles in Allem war auch das relativ problemlos. Ein gutes Jahr war ich völlig Nikotinfrei und die Dampfe hab ich oft tagelang nicht angerührt.
Und dann im Dezember bei einer Weihnachtsfeier habe ich aus reiner Dummheit eine angebotene Zigarette angenommen. Mir wurde schwindlig aber ich hab weiter geraucht, den ganzen Abend. Am nächsten Tag in der Früh war das Verlangen nach Nikotin natürlich sofort wieder da.
Und ich hab nachgegeben. Sofort in die Trafik und Nikotinhaltige Liquids besorgt. Diesen Freitag hats endgültig Klick gemacht. Ich weiß nicht wie es dazu kam aber ich habe beschlossen mit dem Blödsinn endgültig aufzuhören.
Plötzlich wurde auch der Gesundheitsaspekt für mich wichtig. Das hat mich vorher nur mäßig interessiert. Ich hab es einfach ausgeblendet. Mir ist nun aber klar geworden, dass ich nicht aufhören möchte wenn es zu spät ist weil mich eine schwere Krankheit plagt.
Freitag Mittag hab ich meinen letzten Nikotinzug genommen. Sonntag Abend hab ich das letzte mal am Nikotinfreien Liquid gezogen. Ja es war schwer, vorallem die ersten zwei Tage aber ich denke das wichtigste ist geschafft. Ich musste ständig an das Nikotin denken.
Es hat meine Gedanken beherrscht. Ich denke immer noch oft daran und ich hoffe das es sich bald legt. Ich bin jedoch entschlossen es sein zu lassen.
Sorgen macht mir folgender Gedanke: Was ist wenn ich in ein paar Monaten / Jahren denke ich sei geheilt aber dann in einer Dummen Situation doch wieder die Kontrolle verliere und in die Sucht rutsche. Darüber mach ich mir wirklich Sorgen.
Danke fürs Zuhören / lesen!
Schönen Tag!
Danke Uli,
ich werde mit Alkohol gerade in nächster Zeit sehr bewusst umgehen. Nur nicht zu wollen reicht ja nicht
man muss es auch nicht tun.
Dir wünsch ich bei deinem Vorhaben alles gute!
Hey derfisch,
Herzlich Willkommen!
Danke für Deinen ausführlichen Bericht und meinen Glückwunsch zu den bereits überstandenen Tagen.
Was war denn der Aspekt, der dich traurig gemacht hat beim Lesen?
Die Gedanken an die Zigaretten/das Rauchen bleiben bei vielen erstmal da. Aber meistens ändert sich die Einstellung dazu. Den Schritt im Kopf (es gibt auch solche, die den direkt mitmachen) von "ich vermisse es/mir fehlt was" zu "ich gönne mir Freiheit von der Sucht" muss man erstmal machen. Ansonsten halte ich normales dran denken, also sich damit auseinander zu setzen eher für gesund als abträglich. So bleibt man wachsam, was mich direkt zu deiner Sorge führt rückfällig zu werden: als Ex-Raucher ist man genauso dran wie ein trockener Alkoholiker. Deshalb muss man immer auf sich aufpassen und achtsam sein. Gerade wenn es in eine Situation geht, von der man weiß, dass man leichtsinnig wird (feiern gehen z.b.). Rauchen ist eine Sucht und der Raucher ist abhängig vom Nikotin. Auch, wenn man schon länger "clean" ist.
Das von Uli empfohlene Buch kann ich Dir nur ans Herz legen. Den Link hab ich gerade nicht am Start aber er geistert hier sicherlich in diversen Themen rum. Es ist zwar mit einigen sich wiederholenden Stellen, aber dadurch prägt man sich das nur noch besser ein.
Nochmal herzlichen Glückwunsch zum Ausstieg und willkommen im Forum.
Ich hoffe, Du fühlst Dich hier wohl.
Melanie
Guten Tag derfisch,
herzlich willkommen in unserer lustigen Aufhörerrunde. Schön daß Du Deinen Weg hierher gefunden hast.
Danke auch für die Schilderung Deiner Raucher- und Aufhörerkarriere und Deine Offenheit. In Deinem Bericht stecken ganz viele Aspekte.
Erstmal finde ich es natürlich super, daß Du den Klick verspürt hast - und mehr noch, daß Du ihn gleich richtig umgesetzt hast. In diesem Moment übernimmt Dein rationales Denkvermögen nämlich die Oberhand über die irrationale Sucht, und Du warst in der Lage, ihr diese zu gewähren. Und ich finde es großartig, daß Du dies zugelassen hast, auch wenn Dir klar war, daß es vielleicht mit entzugsbedingten Unannehmlichkeiten verbunden sein könnte. Dafür ein großes Daumen hoch.
Und nein, natürlich ist es nie zu früh zum Aufhören! Zu spät auch nicht, jede nicht gerauchte Zigarette zählt, aber gerade Deine Gesundheit zu konservieren gelingt Dir jetzt natürlich noch viel viel besser als später. Auch darin stimme ich Dir uneingeschränkt zu. Wie bist Du auf den gesundheitlichen Aspekt gekommen, gab es einen Vorfall oder hast Du Dich informiert? So oder so, es ist super daß Du diesem in Deinen Überlegungen so großen Raum gibst.
Das blöde Ding mit den E-Zigaretten ist, neben den Stand heute noch nicht einschätzbaren Langzeitfolgen, daß sie Dir, auch ohne Nikotin, nicht dabei helfen, Deine eintrainierten Raucherroutinen abzulegen. Im Gegenteil, diese Routinen werden konserviert, das Suchtgedächtnis immer so ein bisschen aufrecht erhalten - denn ganz ehrlich, der größte Posten der Entwöhnung ist nicht der körperliche, sondern der psychische Entzug. Und den machst Du so ja gar nicht. Der Rückumstieg auf Zigarette ist damit vorprogrammiert, diese Erfahrung hast Du ja selber beschrieben. Sehr gut daß Du dieser Entwicklung jetzt Einhalt gebieten willst. Mag die E-Zigarette für einige Raucher ein Ausstiegsweg sein, für die Mehrzahl ist sie es eher nicht.
http://www.rauchfrei-info.de/informieren/tabak-tabakprodukte/tabakprodukte/elektrische-zigaretten/
Daß Du derzeit ständig ans Rauchen denken mußt, ist ganz normal. Ich meine schau, Du hast Dir das Suchtgedächtnis antrainiert, das derzeit in Habachtstellung ist und lauthals gröhlt, warum es nichts mehr bekommt. Es drängt sich permanent in Deinen gedanklichen Vordergrund. Das ist ganz normal, und Du kannst diese Auseinandersetzung auch für Dich nutzen: Antworte darauf, nein ich möchte jetzt nicht rauchen. Es gibt Dir eine Art Oberhand, Selbstbestimmung und Kontrolle, die Dir hilft, Dich stärkt. Eine andere Variante wäre, Dir einen Trinkhalm auf Zigarettenlänge zu schneiden und durch ihn Luft zu rauchen. Das besänftigt die Schmacht und ist die einzige Ersatzhandlung, bei der der körperliche Vorgang dem Rauchen ähnelt, die Dich nicht an der Nikotinsucht hält, sondern Dir hilft, sie zu überwinden. Klingt komisch, aber hey! Ist nicht komischer als verschwelte oder verdampfte Substanzen in die Lunge zu inhalieren, die da nicht hingehören. Die Luft gehört da wenigstens hin.
Sehr weitsichtig von Dir, Dir auch über zukünftige Gefahren schon Gedanken zu machen. Dazu kann ich glaub ich was sagen. Mir ist genau das nämlich passiert. Nach elf (!) Jahren in Rauchfreiheit. Eine Triggersituation (denn das Rauchen ist für uns ja vielfach an bestimmte Situationen, Lebenslagen oder Gefühlsregungen gekoppelt), und der arrogante Gedanke, eine Zigarette könne mir schon nichts anhaben. Es war nur eine Frage weniger Wochen, bis ich wieder regelmäßig Zigaretten konsumierte. Also - ja, darauf kann man sich nicht früh genug vorbereiten.
Dir muß einfach klar sein, daß es "nur mal eine" für uns nicht mehr geben kann. Auch wenn Du wenig geraucht hast, auch wenn Du nicht lang geraucht hast: wenn Du mit der Entwöhnung fertig bist, ist Dein Suchtgedächtnis schlafen gelegt, aber nicht ausgemerzt. Das haben wir uns nun mal mit dem Rauchen eingekauft, das ist nun schon so. Damit müssen wir leben. Aber ganz ehrlich: das können wir auch sehr gut. Denn wenn die Entwöhnung abgeschlossen ist, ist es auch kein Kampf mehr, zur Zigarette Nein zu sagen. Nur eine Frage der Achtsamkeit. Es werden immer wieder mal Momente kommen, in denen sich die Zigarette flashbackartig in den Vordergrund unserer Gedanken schiebt - auch das haben wir uns "angeraucht", das bleibt uns einfach. Aber Du wirst merken, daß das keine Schmacht mehr ist, kein zwingendes Rauchverlangen. Einfach mehr eine Anfrage der Sucht "willst nicht doch mal wieder...?". Wenn Du diese Anfrage mit Nein beantwortest, war es das auch schon. Kein Kampf mehr, kein Durchhalten-müssen.
Du hast, indem Du diese Frage hier gestellt hast, was ich absolut überlegt und reflektiert von Dir finde, die Möglichkeit, von unseren Erfahrungen zu profitieren (und glaub mir, die haben so viele hier gemacht). Du mußt die nicht selber machen. Auch wenn Deine schlafen geschickte und nur mal für zwei Minuten erwachte Sucht sagt, na vielleicht kannst Du ja doch mal eine..., dann kannst du gleich sagen, nee kann ich nicht, will ich nicht, weil ich schon weiß, was dann passiert. Kannst von unseren Erfahrungen zehren. Ich wußte nicht, daß mich eine Zigarette gleich wieder rückfällig werden läßt, konnte es mir auch nicht vorstellen. Aber mittlerweile weiß ich, das ist normale Suchtmimik, das geht jedem so. Also brauchst Du das gar nicht erst ausprobieren. Und selbst wenn sich zunächst das Gefühl einstellen sollte, "na dann bin ich halt Gelegenheits- oder Partyraucher, ha ich hab's ja doch im Griff"... hast Du nicht, irgendwann kommt man wieder in die Spirale zurück. Das ist bisher noch jedem so ergangen, der es versucht hat.
Also sehr klug von Dir, Dich schon mal damit auseinanderzusetzen, aber wie gesagt: das ist dann kein Problem mehr! Es ist kein Drang, kein Verlangen mehr, und das Wissen, daß es bei der einen sowieso nicht bleibt, schützt Dich davor, es auszuprobieren. Wenn Du erstmal die Entwöhnung durchgezogen hast, ist es kein Kampf, auch rauchfrei zu bleiben. Nur etwas Achtsamkeit, dankende Ablehnung der Zigarette und das Wissen, daß ein Zug das Suchtgedächtnis wieder aufweckt. Ich kann das jetzt - und Du wirst es auch können.
Komm bitte jederzeit wieder her, berichte wie es Dir geht, wie die Entwöhnung läuft. Auch wenn Du Entzugsbefindlichkeiten verspürst, so sind sie hier gut angebracht, weil wir das hier gut kennen und viele Dir aus erster Hand weiterhelfen können, egal was Dich umtreibt. Ich finde es so super daß Du aufgehört hast. Bleib dran!
Viele Grüße sendet Dir
Lydia
Liebe Melanie,
liebe Lydia,
danke für eure Ratschläge! Ich nehme eure mahnenden Worte bezüglich der einen bei der es nicht bleiben wird sehr ernst und ich hoffe das tue ich auch wenn es mal schwierig wird, und das wird es das weiß ich, dazu kenne ich mich zu gut.
Zu euren Fragen:
Traurig machen mich die Lebensgeschichten. Zum einen tun mir natürlich die Menschen leid die mit den gesundheitlichen Folgen leben müssen. Zum ersten mal reflektiere ich mein Verhalten wirklich. Mir ist klar geworden ich bin einer von ihnen und am besten Weg meine Gesundheit zu ruinieren. Es hat mir mein eigenes dummes ignorantes Verhalten mir selbst gegenüber aufgezeigt.
Mit den möglichen gesundheitlichen Folgen beschäftige ich mich schon länger. Die Studien bezüglich der E-Zigaretten habe ich durchaus gelesen.
Vor einigen Monaten ist eine Bekannte schwer Erkrankt. Da waren zwar keine Zigaretten im Spiel aber es ist mir sehr nahe gegangen. Seit ich davon erfahren habe denke ich über meine Gesundheit immer wieder mal nach und bekomme sogar Angst mir könnte soetwas auch mal passieren. Es hat zwar einen Prozess gestartet aber es dauerte noch einige Zeit bis zum folgenreichen Entschluss.
Dann hatte ich einmal einen sehr eigenartigen Traum. Ich habe mich selbst am Sterbebett erlebt. Ich denke dazu kam es durch meine beschriebene Angst.
Freitag Mittag hab ich dann noch ganz normal an der E-Zigarette gezogen ohne jeglichen Plan aufzuhören. Zeitbedingt wurde mir erst am späten Abend bewusst das ich seit dem nicht mehr gezogen hatte. Ich hab die Gelegenheit am Schopf gepackt wollte sehen wie es mir Samstag in der Früh geht und bin ohne weitere Nikotinzufuhr ins Bett. Es war dann nicht so schlimm wie befürchtet und deshalb habe ich beschlossen komplett aufzuhören.
Markus
Guten Morgen,
jetzt sind schon 5 Tage geschafft. Um ehrlich zu sein sind mir Tag 4 und 5 gefühlt deutlich schwerer gefallen als die ersten 3 Tage. Woran das wohl liegen mag?
Der Gedanke an Nikotin beherrscht mich leider immer noch stärker als ich es für möglich gehalten hätte. Offensichtlich steigere ich mich da wahnsinnig hinein.
Zum Glück hab ich alle Utensilien entsorgt. Ich hätte bestimmt zugegriffen hätte ich etwas Griffbereit gehabt. Ich schlafe nicht sehr gut und bin Tagsüber vorallem nach dem Mittagessen
und Abends sehr müde. Dann ist das Verlangen auch am größten. Teile meines Körpers sind immer noch fest davon überzeugt das Nikotin würde mir gut tun.
Immer wieder habe ich kurze "depressive" Phasen. In Situationen wo sonst keine negativen Gedanken da wären sind sie plötzlich da. Der Gedanke an das
ewige "verzichten" müssen macht mir etwas Angst.
Was mir in diesen Momenten hilft:
Ich spiele Blitzschach. Es ist eine Tätigkeit die mich dazu zwingt mich voll auf das Spiel zu fokussieren. Die negativen Gedanken verschwinden sofort
zumindest für ein paar Minuten.
Danke das ich mich hier ausheulen darf.
Markus
Hallo Markus,
erstmal vorweg, Du machst das sehr gut. Ausheulen ist es nicht, es ist die Schilderung Deiner derzeitigen Befindlichkeiten in der Entwöhnung. Da sind auch mal unangenehme Momente dabei, das kenne wir alle. Und es muß erlaubt sein, dazu zu stehen und diese zu teilen. Und wo wäre das denn besser aufgehoben als in einem Kreis von Leuten, die das gleiche mitmachen oder mitgemacht haben. Nutze das weidlich aus, wenn es Dir hilft. Es wird nicht für immer so blöd sein, das geht vorbei, und für den Moment lädst Du halt einfach hier ab.
Daß Du Stand heute heftigere Entwöhnungserscheinungen spürst als bis zum dritten Tag liegt daran, daß inzwischen mehr Nikotin aus Deinem Körper ausgeschleust ist als in den letzten Tagen. Die "Restbestände" sind rapide gesunken, und da mault die Sucht. Bis jetzt konnte sie noch zumindest ein bißchen aus dem Speicher zehren, der noch da war, das kann sie jetzt auch nicht mehr. Dazu kommt, daß der Ausstieg ja auch zu einer Art Euphorie führen kann, daß man den Schritt jetzt gewagt hat, und die ersten Tage ja noch alles so ein wenig auf Neuanfang gepolt ist. Dieses Gefühl schwindet jetzt und Dein Körper und Geist orientieren sich nunmehr, wie sie ohne Nikotin zurecht kommen. Das läßt viele Aufhörer nach so 5,6,7 Tagen schon mal stärkere Entzugserscheinungen spüren als die ersten Tage. Das ist sehr unangenehm, ich weiß das Markus, und es tut mir leid, daß Du Dich damit auseinander setzen mußt. Aber es liegt im Rahmen normaler Parameter, so erleben es viele - mir ging das auch so.
Auch Deine ständige gedankliche Beschäftigung mit der Sucht ist normal. Es ist unglaublich, wie viel Gedanken und Energie wir anfangs in die Unterlassung dieser Sucht stecken. Da steigerst Du Dich auch nicht in etwas hinein, das ging uns auch allen (oder zumindest ganz vielen) so und hat uns auch erstmal erschreckt. Das braucht es aber nicht, denn das ist auch nur ein Mechanismus unserer Sucht, sich nun erstmal permanent in den Vordergrund zu drängen, damit wir sie auch ja nicht vergessen - und vielleicht doch wieder füttern, wenn sie uns zu arg nervt. Auch das wird besser werden. Bald schon wirst Du Momente haben, in denen Deine Gedanken nicht um die Sucht kreisen - und das werden dann so Aha-Erlebnisse für Dich sein.
Und auch mit Deiner Beschreibung, der Gedanke an das ewiger Verzichten-Müssen mache Dir Angst, stehst Du absolut nicht allein Markus. Ich glaube, das ist ein ganz normaler Gedanken, mit dem wir uns während der Entwöhnung von jeder Sucht auseinandersetzen müssen. Wie sollen wir das Leben wuppen, wenn wir darauf verzichten? Wie sollen wir diese oder jene Situation bestehen? Werden wir jemals wieder glücklich (aber ja, dies nur vorab klargestellt!)? All diese Gedanken wurden schon so oft gedacht - und jeder, der es geschafft hat, hat sie widerlegt.
Doch jetzt für den Moment hilft es Dir vielleicht eher, wenn Du Dich mit dem Gedanken überhaupt nicht auseinander setzt, was meinst Du? Denke doch erstmal gar nicht in Dimensionen wie "ewig", sondern gib Dir doch einfach erstmal mit auf den Weg: Nein, heute rauche ich nicht. Was Du morgen machst, kannst Dir immer noch morgen früh überlegen. Aber heute rauchst Du erstmal nicht. Das schaffst Du auch Markus, das ist zu schaffen, und das ist nicht so unübersichtlich wie ewig, findest Du nicht? Was willst Du Dir denn heute schon Gedanken über nächste Woche machen oder so. Heute bleiben wir rauchfrei, den Tag schaffen wir, stimmt's? Mach es doch einfach Schritt für Schritt, Tag für Tag. Der Tag auf den es ankommt, ist heute. Und heute schaffst Du es doch, das ist zu machen.
Und denke auch nicht in Termen wie "Verzicht". Du verzichtest auf nichts, sondern Du schaffst Dir eine Last vom Hals. Bisher hast Du verzichtet, und zwar auf langfristige Gesundheit, auf Geld, auf angenehmen Körpergeruch, darauf, gut für Dich zu sorgen und auf Deine Selbstbestimmung. Jetzt verzichtest Du nicht mehr, sondern erarbeitest Dir was. Denn ja, daß es teilweise Arbeit ist, Durchhalten, Durchbeissen, das will ich ja gar nicht schön reden - aber es ist eine tolle Leistung!
Auch leicht depressiv anmutenden Stimmungen und Schwankungen sind durchaus nicht ungewöhnlich in der Entwöhnung. Das liegt daran, daß das Nikotin bisher die körpereigenen Glücksbotenstoffe verdrängt hat, indem es frech deren Funktion übernommen hat. Der Körper hat daraufhin natürlich eingestellt, diese selber zu produzieren. Jetzt sind sowohl Nikotin wie auch Glücksbotenstoffe weg. Und bis die körpereigenen Produktion wieder anrollt, kann man sich schon mal traurig und niedergeschlagen fühlen.
Aber Du gehst sehr gut damit um, lenkst Dich ab (Blitzschach, meine Hochachtung gebührt Dir Markus!) und sorgst für Erfolgserlebnisse. Das ist überhaupt so ein Knackpunkt: Gönne Dir angenehme Erlebnisse, Momente, belohne Dich, sei gut zu Dir, das kurbelt diese Botenstoffproduktion auch wieder an! Und wenn möglich, bewege Dich, betätige Dich sportlich oder nimm jede Alltagsbewegung mit, denn auch dabei werden diese Stoffe vermehrt ausgeschüttet. Frage Dich stets, was Du jetzt gerade für Dich tun könntest, damit es Dir stimmungsmäßig besser geht - alles außer Rauchen.
Es ist leider eine sehr vereinnahmende Sucht, schrecklich unnachgiebig und zäh, und viele von uns waren völlig überrascht, wie schwer sie von uns abläßt. Es tut mir leid, daß Du jetzt so käbbeln mußt. Aber es ist alles im Rahmen normaler Parameter. Und es dauert seine Zeit. Hab Geduld mit Dir. Es wird besser, es wird auch vor Abschluß der Entwöhnung Momente der Freiheit geben. So wie es jetzt ist, bleibt es nicht. Aber das schaffst Du heute - wetten?
Halt die Ohren steif Markus, wir lesen uns wieder. Bis dahin grüßt Dich
Lydia
Hey Markus,
Lydia hat es genau richtig gesagt, da kann ich mich einwandfrei anschließen.
Entzug ist leider nicht immer easy peasy lemon squeezy. Da muss man durch.
Ich wünsche Dir, dass Du ausreichend Kraft aufbringen kannst, Dich durchzukämpfen.
Es lohnt sich in jedem Fall, denn wir können nur gewinnen!
Wenn wir dran bleiben.
Heute machst Du Deine erste rauchfreie Woche voll. Da kannst Du schonmal stolz auf Dich sein!
Ich klopfe Dir virtuell auf die Schulter.
Beste Grüße,
Melanie
Hallo Markus,
7 Tage auf der Uhr - die erste Woche ist geschafft! Dafür gibt es eine große Gratulation und ein dickes Lob, das hast Du prima gemacht.
Damit schwenke ich gleich zu meinem Lieblingsthema: Belohnungen. Weißt, Belohnungen während der Entwöhnung sind wichtig, um Dir vor Abschluß der Entwöhnung schon zu verdeutlichen, daß dabei etwas für Dich rausspringt. Mag man ja manchmal nicht so recht glauben, wenn einen der Entzug noch beutelt, die Entzugswellen hochschlagen und man sich von der Sucht überrollt fühlt, das verstehe ich auch, kenne ich auch. Ferner spielt auch an dieser Stelle die fehlende Produktion von Glücksbotenstoffen eine Rolle, denn Belohnungen kurbeln diese auch wiederum an, und sprechen das Belohnungszentrum Deines Gehirns an, das auch lange Zeit nur vom Nikotin lebte. Deshalb: Belohne Dich, wenn Du einen Meilenstein geschafft hast (und ich würde mal sagen, eine Woche ohne ist schon mal einer, denkst Du nicht?), eine besonders schwierige Situation ohne Zigarette gewuppt oder einfach das Gefühl hast, es wäre jetzt mal nötig. Belohnung ist dabei, was Du Dir darunter vorstellst. Laß das eine Extra-Sporteinheit sein, eine kleine (oder auch mal größere) Neuanschaffung, Ausflug, Essen gehen oder was Du Dir eben so als Belohnung vorstellen kannst. Also Markus: womit kannst Du Dir heute vollkommen hochverdient eine Freude machen?
Wie geht es Dir dieses Wochenende? Können wir Dich noch irgendwie stützen dafür? Ich freue mich bald wieder von Dir zu lesen. Nochmals einen Glückwunsch zur ersten gewuppten Woche und viele Grüße von
Lydia
Hallo ihr Lieben,
danke Lydia für deine ausführlichen Erläuterungen. Ich hab mir deine Worte ein paar mal durchgelesen während meine "Lust" sehr groß war. Es hat mir sehr geholfen.
Danke auch an alle Anderen für die aufbauenden Worte!
Das Wochenende war zwar hart aber es wird besser. Ich merke, wenn ich unbeschäftigt bin ist die Gefahr am größten. Eine gefährliche Situation hab ich auch gemeistert. Mir wurde eine Zigarette bei einer Feier angeboten und ich hab sie abgelehnt!
Ansonsten hab ich vielen Menschen stolz erzählt das ich meine Sucht besiegen werde. Das hab ich gemacht um es mir selbst schwerer zu machen eine Zigarette anzuzünden. Ich möchte mir keine Hintertür offen lassen. Jetzt gibt es einige denen ich eine Freude gemacht habe und die will ich nicht enttäuschen.
Die Momente des Verlangens werden jedenfalls seltener.
Ich bin also zuversichtlich und freue mich auf die erste zweistellige Zahl!
Markus!