Rauchfrei - 23 Jahre alt laut Perso, 45 laut der Lunge
Hallo ihr Lieben,
Ich habe nach 8 Jahren endlich aufgehört zu rauchen. Ich schreibe nicht, weil ich mich von den Entzugserscheinungen ablenken will und auch nicht um Aufmerksamkeit zu erregen. Ich schreibe, weil sich das irgendwie richtig anfühlt.
Ich habe mit 14(!) angefangen zu rauchen. Was hat mich damals dazu gebracht? Freunde? Familie? Nun, ich denke, das war eine (un)gesunde Mischung aus beidem. Ich habe einen älteren Bruder. Meine Eltern und er und seine Frau rauchen. Zudem rauchten damals meine Freunde. Von einer Seite rauchen alle Familienmitglieder, von der anderen Seite war das, in Bezug auf meine Freunde, ein Gefühl der Zugehörigkeit. Wie auch immer. Die ersten Jahre bemerkte ich keine Verschlechterung meiner körperlichen Gesundheit.
Ich besuchte damals die Hauptschule. Im Sportunterricht war ich trotz meines Übergewichts und meiner Rauchsucht eine Sportskanone und immer mit dabei. Auf der Realschule, ich war ca 16-17 Jahre alt, bemerkte ich dann so langsam, dass sich meine Kondition verschlechterte. Zwar nicht erheblich, jedoch soweit, dass ich die Beeinträchtigung bemerkte. Als ich den Aufstieg ins Abitur schaffte, ging es damit los, dass ich, als "vorbildlicher" Schüler den Sportunterricht immer mehr schwänzte. Mittlerweile war ich zwischen 19 - 20. Ich hatte keine Bewegung in meinem Alltag. Von der fast nicht vorhandenen Kondition merkte ich also herzlich wenig. Von Zuhause in die Schule, von dort wieder Heim. Ich lernte meine, jetztige, Exfreundin kennen - ebenfalls Raucherin. Warum das erwähnenswert ist? Das Thema "rauchen" wurde immer mehr zur Normalität. Es wurde nicht hinterfragt, nicht erkannt, welche Schäden es verursachte. Es wurde einfach immer "normaler". Nach dem Abitur bin ich nach Marburg gezogen, um mein Jurastudium anzutreten. Eines Tages im Sommer: Schwimmbad war angesagt. Fürher liebte ich es zu tauchen. Doch mittlerweile ging das nicht mehr. Kaum tauchte ich unter, musste ich wieder hoch um nach Luft zu schnappen. Kondition? Fehlanzeige. Nach ein Paar Joggingversuchen, ließ ich alles fallen. Motivation? Ebenfalls fehlanzeige. Raucherhexenkessel.
Es war der 18.09. 2013. Mein Bruder und seine Frau bekamen Zwillinge. Nennen wir Sie A und C. Die Jahre sind vergangen, A und C waren nun fast 3. Wir rauchten regelmäßig auf dem Balkon meines Bruders. Eines Tages kam C zu mir und meinte "Onkel, C auch mal rauchen?". Ich war schockiert, dachte mir jedoch nichts weiter. "Sie wird mir das Rauchen so jung schon nicht abgucken" dachte ich. Falsch gedacht. Nach ein Paar Tagen kam A zu mir, ein Stift in der Hand, an dem Sie zog und sagte "A raucht mit Onkel zusammen" - flashback! Warum fing ich denn das Rauchen an? Wen hatte ich damals in der Familie, an dem ich mich orientieren konnte, als Vorbild nehmen konnte? Richtig. Niemanden. Das, was unter Anderem mein Rauchverhalten, bei A und C unterbewusst anrichtete, ging mir nicht aus dem Kopf. Vor kurzem trennte ich mich von meiner Freundin. Da machte es Klick! Ich musste mich, mein Leben, ändern, A und C zuliebe, meinen zukünftigen Kindern zuliebe, meiner Gesundheit zuliebe.
Ich besprach mein Vorhaben mit meinem Bruder. Er kaufte mir daraufhin sofort eine E-Shisha zur Milderung der Entzugserscheinungen. Soweit so gut. Die E-Shisha kam an. Am selben Abend rauchte ich meine letzte Zigarette, ohne jegliche Vorbereitungen. Ich weiß bis heute nicht, ob das für den Körper gut ist, auf einmal mit dem Rauchen aufzuhören. Egal - ich wollte einfach von diesem Blödsinn loskommen. Die ersten beiden Tage war es echt schlimm. Ich wüsste nicht, ob ich ohne die E-Shisha nicht doch rückfällig geworden wäre. Mittlerweile, nach 6 Tagen, brauche ich diese fast gar nicht mehr. Es gibt Phasen von ca. 15 - 20 Minuten, in denen ich Schweißausbrüche bekomme, in denen es harte Arbeit ist, unerschöpft der Zigarette die Stirn zu bieten. Jedoch weiß ich mich jetzt abzulenken und damit umzugehen. Ich habe eine Motivation. Das sind A und C.
Die Gedanken und der Kopf sind so süchtig nach der Zigarette, dass ich mir sogar einreden wollte, dass A und C doch so oder so anfangen könnten zu rauchen. Ob einer mehr oder weniger in der Familie raucht, was macht das schon aus? Schwachsinn. Selbst wenn die Tatsache, dass ich nicht rauche, die Wahrscheinlichkeit, dass die beiden anfangen zu rauchen, auch nur um 0,001 % senken würde, lohnt es sich, dafür zu kämpfen. Jedesmal, wenn die Entzugserscheinungen unerträglich werden, denke ich immer wieder an diesen einen Satz. "A und C haben in diesem Fall nur dich als Beispiel."
Das Leben ist viel mehr Wert, als es wegen einer Sucht zu versauen. "Nichtraucher sterben gesünder" zählt nicht. Wir dürfen nicht egoistisch denken. Klar sterben auch Nichtraucher, was aber verursachen bzw. tun wir mit dem Rauchen unseren Mitmenschen an?
In diesem Sinne. Viel Kraft an alle, die mit dem Rauchen aufhören wollen.
Lieber elturko,
Wie schön, dass du den Weg ins rauchfreie Leben, zum guten Vorbild und hierhin in die Community gefunden hast. Dann werden sich die Jahreszähler ja bald wieder an dein Perso-alter anpassen.
Weiterhin viel Erfolg und melde dich hier jederzeit und egal warum (Aufmerksamkeit ist auch okay:-))
Akiko
Lieber Elturko,
ich sitz im Büro und lese deinen Beitrag und ich habe als gestandener Mann Pipi in den Augen vor Trauer über deine Nichten und Neffen.
Manchmal brauchen wir Menschen so einen Anstoß, dass wir uns klar werden, was eine Scheiße das Rauchen doch ist und wie gefährlich es nicht nur für uns, sondern auch für unsere Familie/Mitmenschen sein kann.
Ich habe IMMER,egal wann und wo drauf geachtet, dass keine Kinder in der Nähe waren, wenn ich geraucht habe, da war ich absolut kompromisslos. Tauchten die Krümel auf, machte ich sofort die scheiß Kippe aus, keine Diskussion.
Es freut mich unendlich, dass du dadurch diesen Weg gefunden hast und mich würde es noch viel mehr freuen, wenn dein Bruder und seine Frau sich ebenfalls für ihre Kinder vom Rauchen verabschieden würden.
Wenn die beiden Kleinen jetzt schon so reden, dann kannst du mit denen auch Kindgerecht ein Gespräch führen, dass Raucher krank sind, einen Arzt brauchen und dass man nicht raucht, weil man davon eben ganz arg dolle krank wird. Ich bin absolut sicher, dass die beiden das bald verstehen werden, wenn sie sehen, wie gut es ihrem Onkel eben OHNE Kippen geht.
Danke für eure lieben Nachrichten! Ich gebe mein Bestes um auch die Eltern der kleinen zu überzeugen. Mal sehen, ob mir das gelingen wird.
Herzlich willkommen elturko,
und gleich hinterher meinen herzlichen Glückwunsch zu Deinem Ausstieg. Das war die richtige Entscheidung. Ich finde es übrigens phantastisch zu lesen, wie Du Verantwortung mit für Deine Nichte und Deinen Neffen übernimmst. Toll daß Du hierin - neben gesundheitlichen Aspekten und der künftigen Verantwortung für Deine eigene Familie - eine Motivation gefunden hast. Halte sie so präsent wie möglich, das hilft auch mal über Schmachter hinweg.
Natürlich sind Deine Gedanken noch mit nichts anderem beschäftigt als mit dem Rauchen bzw. dessen Unterlassung. Anfangs ist Nichtmehrrauchen ein Vollzeitjob! Die Sucht drängt Dich und redet Dir ihre Gegenargumente ein (zB daß die Kinder so oder so anfangen würden zu rauchen...), und Du hast damit zu tun, dagegen zu halten und Dich abzulenken. Das ist völlig normal in der ersten Zeit und läßt nach! Es bleibt nicht so bis der Entzug durch ist. Sogar vor Abschluß der Entwöhnung wirst Du schon unbeschwertere Phasen spüren. Doch gestehe Dir einfach noch zu, daß Dein Kopf die Sucht abarbeitet. Ich meine, fünf Tage sind schon eine tolle Leistung, aber Du kannst Dir nicht in fünf Tagen etwas aus den Knochen schaffen, daß Du acht Jahre lang (und davor wahrscheinich passiv schon durch Dein Umfeld - bei mir war es übrigens genauso) antrainiert hast. Es ist alles noch im Rahmen normaler Parameter und Du machst es wirklich gut, läßt Dich von der Sucht nicht übertölpeln und hältst tapfer dagegen. Weiter so! (Bitte trinke auch recht viel Wasser. Es hilft gegen Verlangensattacken, gleicht den Flüssigkeitsverlust durch das Schwitzen wieder aus und hält den Kreislauf stabil. Die Entgiftung wird dadurch auch beschleunigt, wobei das nach sechs Tagen fast schon ein nachgeordnetes Kriterium ist - aber immerhin!)
So ein Erlebnis wie Du mit den Kindern hatte ich seinerzeit mit meiner Tochter, die mit einem Stück Brezel "rauchen spielte". Obwohl ich sie dies nie hatte sehen lassen, war ich geschockt. Ich war froh, wenige Wochen zuvor schon aufgehört zu haben, denn mich irgendwann von ihr beim Rauchen erwischen lassen und ihr vorleben, daß das "völlig ok" wäre, wollte ich auf keinen Fall. Aber ich war erschrocken, für wie "normal" sie das hingenommen hat (es war aus dem Bekanntenkreis abgeschaut). Ich finde es toll, daß Du diesen Gedankengang gegangen bist und ihn jetzt konsequent umsetzt elturko. Und ich möchte Dich darin vollumfänglich unterstützen.
Sicher wäre es wünschenswert, daß die Eltern der Kinder auch aufhören, doch diese Entscheidung müssen sie für sich treffen. Wie in Dir, so muß dieser "Klick" im Kopf jedes Rauchers erfolgen. Doch vielleicht dient ihnen Dein Vorangehen ja als Inspiration, bewirken die Verbesserungen, die Du spürst, vielleicht ja auch ausstrahlst, ja auch in ihnen den Wunsch.
Vielen Dank daß Du uns an Deiner Geschichte teilhaben läßt. Bei Fragen oder dem Wunsch nach Support melde Dich bitte jederzeit. Ich würde mich freuen wieder von Dir zu lesen. Bis dahin herzliche Grüße von
Lydia
Lieber elturko,
danke für deinen Post! Ich war beim Lesen fasziniert von deinen Zeilen. Und hat mich zu einem Gedanken angeregt, von dem ich dir erzählen möchte.
Was, finde ich, viel zu selten zur Sprache kommt, ist, daß wir alle einer "sozialen Prägung" unterliegen. Wenn ich mich an meine Kindheit zurück erinnere, (geb. 1960) hat meine Mum unser Wohnzimmer immer in eine Nebelhöhle verwandelt. Ihre Mutter-meine Ommi-hat geraucht. Natürlich. Ichselbst habe dann mit 14 begonnen.
Es wäre mir zu einfach, zu sagen "die Eltern sind an Allem schuld". Um das eigene Verhalten besser verstehen, reflektieren, zu können, hilft das Wissen darum möglicherweise sehr.
Das von dir geschilderte Verhalten von "A" und "C" spiegelt sich auch bei Lydia's post wider: [u]"...Obwohl ich sie dies nie hatte sehen lassen..."[/u] ja ne, is klar. Wir glauben, das Beste für unsere Kids zu tun und übersehen so Vieles.
Das musste ich noch gerade loswerden.
Gratuliere, bleib' auf der "hellen Seite der Macht "
Lieben Gruß
Meikel
Ihr Lieben,
das mit den Eltern der kleinen hat zwar nicht geklappt, jedoch bin ich mittlerweile seit 12 Tagen rauchfrei. Mir fällt es zudem auch immer leichter. Wollte nur mal ein Update geben
Super. Sehr gut gemacht. Ich freu mich für dich.
LG
Akiko
Hey elturko,
... und heute machst Du die 2. Woche voll - große Klasse. Hast Du Dir eine Belohnung dafür ausgedacht? Das ist völig gerechtfertigt und ist außerdem gut für die Motivation. Also - was möchtest Du Dir denn gönnen?
Mach Dir nichts draus, daß es mit den Eltern der Kleinen nicht geklappt hat. Ich fand es ja schon umsichtig und mitdenkend von Dir, daß Du es überhaupt versuchen wolltest. Bin aber immer noch der Meinung, daß die Chance besteht, daß Dein erfolgreicher Weg Inspiration sein könnte - wer weiß? Du legst so gut vor! Vielleicht macht das ja Lust, es Dir gleichzutun.
Laß gerne weiterhin auch Updates da, es ist immer schön von Mitstreitern zu lesen. Laß es Dir weiterhin gut gehen. Viele Grüße,
Lydia