Hilferuf
Hallo,
ich bin seit über 6 1/2 Jahren rauchfrei. Damals war mir das Forum eine große Stütze beim Entzug und auch danach, auf dem Weg in die Rauchfreiheit.
Ich bin vor 3 Tagen rückfällig geworden, nicht aus Leichtfertigkeit, denn ich war immer achtsam, sondern eher aus Unfähigkeit, mit dem Streß meiner momentanen Lebenssituation anders umzugehen. Der Griff zur Zigarette geschah in Not, ich weiß aber nur zu gut, dass ich eine weitere Not schaffe.
Die Situation lässt sich erstmal nicht ändern, mein Vater liegt im Sterben und meine Mutter ist psychisch nicht in Ordnung und fast noch eine größere Belastung.
Ich will auf keinen keinen keinen Fall wieder zur Raucherin werden, mit dem Rauchen aufzuhören nach über 30 Jahren Abhängigkeit war das beste, was mir passiert ist.
Vielleicht hat eine/einer von euch einen Tipp? Schonmal ähnliche Streßsituationen erlebt und Ideen, die ich mir zu Herzen nehmen kann?
Ich wäre ganz dankbar.
Mit Grüßen in die Rauchfreirunde,
Atanasia
Liebe Atanasia,
das ist mir jetzt richtig zu Herzen gegangen, dein Hilferuf! Und du hast so gut und richtig gehandelt, dich hier im Forum zu melden. Herzlich willkommen zurück in der Gemeinschaft der Nichtmehrraucher und solcher, die es werden wollen.
Weißt du, das war auch immer meine Angst, dass ich wieder rauche, wenn zum Beispiel eine meiner früheren Katzen stirbt. Und auch heute noch habe ich eine kleine Restangst in mir, dass ich in einem emotionalen Ausnahmezustand wieder hinlange. Einfach um die starken Gefühle nicht aushalten zu müssen. Ich verstehe dich gut!
Mittlerweile sind beide alten Katzen gestorben und ich bin rauchfrei geblieben. Aber ich schwöre es dir, nur weil ich da schon Lotsin war und auf jeden Fall immer noch engen Kontakt zum Forum beibehalten habe. Auch mein altes Notfallkärtchen habe ich immer noch im Geldbeutel stecken mit meinen wichtigsten Gründen rauchfrei zu werden, mit der Raucherhotline 0800 8313131, mit den wichtigsten Ablenkungsmöglichkeiten. Mittlerweile ist auch meine beste Freundin gestorben und ich bin rauchfrei geblieben. Weil ich gelernt habe, auch mit heftigen Gefühlen umzugehen.
Bei dir ist jetzt das Kind in den Brunnen gefallen. Aber in einen flachen Brunnen. Da kann dir gar nichts passieren außer dass du jetzt den Schrecken verarbeitest, dass du hingefallen bist. Mit uns gemeinsam.
Gleich mal ein paar Tipps: schau zu, dass du viel Weinen kannst. Mir hat das sehr geholfen.
Hol dir Hilfe, wo immer du sie bekommen kannst. Scheu dich auch nicht, die Telefonseelsorge (0800 1110111) anzurufen oder den jeweiligen örtlichen Krisendienst. Meist stehen solche Nummern auch im Lokalteil eurer Lokalzeitschrift.
Entlaste dich bei der Betreuung deiner alten Eltern. Hast du Geschwister? Wo ist die nächste Sozialstation? Wie ist das mit Nachbarn. Hat mir alles geholfen.
Zum Thema rauchen: Du bist jetzt 3 Tage am Rauchen. Was brauchst du, um sofort wieder stoppen zu können? Ich bin echt am Überlegen, ob das eh nicht ein Ausrutscher war/ist und du deine 6 1/2 Jahre weiterzählen darfst. Lese dir dazu bitte noch mal folgenden Artikel zum Thema Ausrutscher/ Rückfall und deren Auswertung durch. Hier der Link: http://www.rauchfrei-info.de/aufhoeren/nicht-ganz-geschafft/
Und ein für mich ganz wichtiger Satz, als meine Mutter gestorben ist (ich habe die letzten Tage bei ihr im Haus in ihrem Zimmer begleitet). Es ist eine Situation wie beim Bergsteigen: Ein Hand für den Anderen und unbedingt eine HAnd für dich selbst.
Es ist mit eine der schwersten Aufgaben im Leben, sterbende nahe Angehörige zu begleiten. Doch ich glaube fest daran, dass du dennoch wieder rauchfrei wirst, am besten sofort. Ich wünsche dir viel Kraft und viel Liebe, vor allem auch Selbstliebe.
Ich schaue heute Abend noch mal nach dir.
Alles Liebe : Andrea
Liebe Atanasia,
es gibt Dinge, die wir nicht ändern können. Wenn deine Mutter sich nicht mehr zurechtfindet, kannst du das nicht ändern und wenn für deinen Vater die Zeit abgelaufen ist, musst du ihn gehen lassen. Völlig sinnlos ist es dich aus Kummer und Verzweiflung in Dinge zu stürzen die du gleich oder später bereust. Deshalb hat Andrea da absolut Recht: lass dir helfen, wo immer es geht. Und anstatt zwischendurch hektisch eine zu rauchen, nimm dir ein paar Minuten Zeit für dich. Versuche dich zu entspannen und frage dich was du als nächstes selbst tun musst.
Das Nichtmehrrauchen betreffend sehe ich es auch so, dass du nach nur 3 Tagen noch leicht wieder aussteigen kannst, wenn du wieder etwas gefasster bist. Ich wünsche dir sehr, dass du unbeschadet über die schweren Tage kommst.
Wir denken an dich.
Vielen Dank für die prompten Antworten, die mich jetzt wirklich freudig gerührt haben. Wie froh ich bin, mich an euch gewendet zu haben!
Da ich gerade nach einem recht harten Nachmittag aus dem Krankenhaus komme, kann ich mir sicher erst morgen früh alles nochmal in Ruhe durchlesen und mir aus den vielen guten und klugen Worten Passendes heraussuchen.
Erstmal bin ich ganz dankbar, dass ihr euch die Zeit genommen habt, mir gleich zu schreiben.
Ich habe nämlich leider keine Geschwister und lebe auch sonst ziemlich allein (allerdings weitgehend selbstgewählt), und es ist wunderbar, Rat in dieser Situation zu erhalten.
Am lautesten hallen in mir die Worte wider: "am besten gleich". Denn wie ich die Sucht kenne, nimmt sie nicht nur die ganze Hand anstelle des kleinen Fingers, sondern ALLES, mein ganzes Ich. Das wäre ein fürchterlicher Preis für eine sowieso schon harte Zeit.
Ich sage noch einmal Danke und werde mir morgen früh eure Post in Ruhe vornehmen.
Jetzt muss es dringend die Badewanne sein.
Gute Nacht,
Atanasia
Enspannendes Baden in der Wanne wünsche ich dir, liebe Atanasia und dann einen guten und tiefen Schlaf.
Ich bin auch immer wieder begeistert von unserer Gemeinschaft und habe mich auch über die anderen so hilfreichen Posts gefreut.
Wie gelingt dir das sofort aufhören? Vorteile, Nachteile?
Bis bald und herzliche Grüße
Andrea
Hallo, hier bin ich wieder, tauche auf nach einer Woche, die keine Wiederholung braucht!
Die Streßsituation bei uns hat sich geändert, die Lage etwas beruhigt.
Mein Vater ist vorgestern gestorben und muss sich nun nicht mehr quälen. Und wir müssen nicht mehr mit leiden.
Nachdem ich meiner Mutter bei allen Erledigungen im Kielwasser eines Todes geholfen hatte, war gestern nachmittag erstmal das Gröbste geschafft. Und ich habe auf dem Balkon durchgeatmet und dann die restlichen Zigaretten - genauso, wie Paul es beschrieben hat - in den Abfall gebröselt.
Womit ich auch beim Thema wäre: der Nikotinteufel!
Ich hatte mir im Lauf der letzten Tage gesagt: Sobald der übelste Schlauch vorbei ist, hörst du wieder auf!
Mir war klar, dass ich Kraft für mich im Sinne von Gelassenheit brauche, um mich wieder da zu finden, wo mich die Krise vorgefunden hatte. Und in der letzten Woche gab es leider weder Zeit für bewußte Entspannung noch für den allerkleinsten Spaziergang.
Ich hatte erst überlegt, ob ich mir nochmal Nikotinkaugummis kaufen muss, mit denen ich im Februar 2015 erfolgreich aufgehört hatte zu rauchen. Aber dann hatte ich auch das Gefühl, ein paar Tage in dieser Krise bringen mich nach 6 Jahren 8 Monaten täglich gelebter - und BEWUSST gelebter - Abstinenz nicht so vom Kurs ab, dass ich wieder zu der Raucherin werde, die ich einmal war.
Und das hat dieses Erlebnis mir zumindest gebracht: einmal ganz deutlich zu sehen, wo eigentlich bei mir der Unterschied ist bzw. war, Atanasia mit Zigarette und ohne.
Mit Zigarette bin ich Terminator, sozusagen ein hochfunktionales, auf Bewältigung angelegtes Wesen, dass sich Kontakt zu sich selbst nicht leisten kann.
Ohne Zigarette bin ich ICH.
Ich hoffe jetzt erstmal, dass das Zurücksetzen meines "Programms" ohne Sucht so gut klappt, wie ich mir das natürlich wünsche. Ich bin (nochmal) so froh, mich an´s Forum gewendet zu haben, das war ein Gefühl, wie beim Fangen spielen als Kinder die "Otte" anzuschlagen. Vertrauter Grund und Boden, alles Leute, die (oft) genau wissen, wovon du sprichst.
Ich werd in den nächsten Tagen auch weiter schreiben, wie es bei mir läuft, das hilft mir, die nächsten Schritte ganz bewusst und achtsam zu gehen.
Wünsche allen einen schönen Sonntag und einen guten rauchfreien Tag,
Atanasia
Guten Morgen Atanasia
als erstes will ich dir mein Mitgefühl mitzuteilen. So ein Abschied ist nicht leicht, auch wenn man den Trost hat, dass der Vater nun nicht mehr leiden muss und er nun (so hoffen wir) sich in einer besseren Welt befindet.
Es ist schön zu lesen, dass du auf dem Weg bist zu dir selbst zurückzufinden. Du weißt ja mit Sicherheit, dass du ohne Zigaretten sehr gut zurechtkommst und lange war die Ausnahmezeit auch nicht. Ich wünsche dir einen geruhsamen Sonntag, an dem du deinem ICH wieder näherkommst.
Viele liebe Grüße
Liebe Atanasia,
wie geht es dir denn, nachdem dein Vater vor einigen Tagen gestorben ist? Sind die Trauerfeierlichkeiten vorbei? Was ist gerade zu tun für dich und deine Mutter?
Bist du schon so weit, an deine Zukunft zudenken mit Rauchfreiheit oder brauchst du noch Zeit?
Herzliche und oft an dich denkende Grüße
Andrea