... Freiheit für Anfänger ...

Verfasst am: 25.05.2016, 20:13
miezhaus
miezhaus
Dabei seit: 23. 05. 2014
Rauchfrei seit: 3842 Tagen
Beiträge: 4214 Beiträge

Hallo Glückskatze,

herzlich willkommen bei uns Aufhörern, schön daß Du hergefunden hast. Na und 25 Tage bringst Du uns schon mit - wenn das mal nicht eine Leistung ist! Über schwache Momente möchtest Du Dich austauschen, ja wann sind denn Deine? Hast Du welche?

Die Beschreibung Deiner Aufräumaktion ließ mich an einen derzeit sehr strapazierten Song denken ("... und eines Tage fällt Dir auf, daß Du 99 Prozent davon nicht brauchst, also nimmst Du allen Plunder und schmeißt ihn weg..."). Und da ist auch was dran - es ist wirklich wenig was man braucht. Rauchen gehört definitiv nicht dazu. Die Sucht - noch nicht überwunden - läßt dies zwar nicht gelten, doch es ist eine Tatsache. Und das angenehme, genußvolle Leben, das Du Dir vor Augen hältst (zu Recht übrigens, die Artikulierung und Visualisierung von Zielen und Vorteilen erhalten die Motivation und erleichtern das Durchhalten!) wird sie sabotieren. Subtil, aber sabotieren. So weit, so klar, das hast Du bereits begriffen.

Deine Momente, in denen Du ans Wasser gebaut hast, rühren vermutlich daher, daß wir es irgendwie geschafft haben, mit dem Rauch nicht nur unsere Lunge und unser Hirn, sondern auch unsere Gefühle alle zu vernebeln. Dadurch, daß alle Gefühle wie Schreck, Trauer, Glück, Freude, Frust, Wut etc. pp. plötzlich ungebremst auf uns einstürzen (und wir noch dazu auf unsere "Kompensationskrücke" Zigarette verzichten), fallen auch die Reaktionen etwas deutlicher aus. Gestehe Dir das einfach zu, es nivelliert sich auch wieder. Noch kommt schließlich auch die Entwöhnung hinzu, das wird sich wieder ausgleichen.

Und was das Schönreden angeht - oh da hab ich glaub ich was für Dich: Hierher geführt hat auch mich bereits meine zweite Raucherkarriere. Und die begann, wie bei eigentlich allen Rückfallern, mit einer Zigarette, aus der bald schon einige waren. Und ich habe es ernsthaft geschafft, mir über Monate hinweg einzureden: "Fünf Zigaretten am Tag sind nicht wirklich rauchen - ich rauche eigentlich immer noch nicht wieder".

Nun gut Tina, dann leb Dich hier mal gut ein, komm jederzeit her, wenn Du Fragen oder anderweitigen Bedarf hast. Auch ich freue mich auf den Austausch und darüber, bald wieder von Dir zu lesen. Bei Deinem Unterfangen Rauchfreiheit weiterhin gutes Gelingen! Viele Grüße sendet Dir

Lydia

Verfasst am: 25.05.2016, 19:30
glückskatze
glückskatze
Themenersteller/in
Dabei seit: 10. 05. 2016
Rauchfrei seit: 3135 Tagen
Beiträge: 2 Beiträge

Hallo,

ich lese seit kurzem still im Forum mit und in einigen "fiesen Momenten" meiner ersten rauchfreien Wochen hat mir dieses Forum schon den Verstand gerettet.

Jetzt möchte ich mich gerne vorstellen:

Ich bin Tina, 39 Jahre alt, habe mit 18 angefangen zu rauchen, dann vor ein paar Jahren mal auf recht massiven Druck meines damaligen Freundes aufgehört, anderthalb Jahre (und damit sogar über die Trennung hinweg) durchgehalten und völlig unnötigerweise in einem Frankreichurlaub wieder angefangen (und hab das auch noch für eine gute Idee gehalten).

Seitdem habe ich fast fünf Jahre lang wieder geraucht. Ungefähr eine Schachtel der französischen [Markenname vom rauchfrei-Team entfernt] (was für ein Schwachsinn) Fluppen am Tag.

Aufhören? Das Thema hab ich bis vor kurzem weit von mir gewiesen. Hab behauptet, dass ich das ja schon reduziere, dass ich das genieße, und wieviele gute Gespräche man dabei doch führt. Kurz: ich habe mir die Abhängigkeit, den Gestank und die immensen Kosten des ganzen Blödsinns nach allen Regeln der Kunst schöngeredet.

Und dann kam so mehreres zusammen: im März habe ich angefangen, meine Wohnung mal wirklich gründlich aufzuräumen (nein - keine Messiebude, aber mir kam es vor wie ein Archiv ungelesener Bücher und ungetragener Klamotten) und ich habe sehr sehr gründlich aufgeräumt.

Diese Aktion hat auch im Kopf viel bewegt. Wenn man sich von Sachen trennen kann (geschätzte 70 % der Kleidung und Bücher sind am Kriterium "brauch ich das und macht mich das glücklich?" gescheitert) - warum nicht auch von Gewohnheiten? Gedacht, getan: es fing dann mal mit dem "weniger kaufen" an und ging in "bewusster essen" über.

Und dann stand ich am 29.04.2016 morgens um 8:30 Uhr im Nieselregen an einer vierspurigen Ausfallstraße und überbrückte die Wartezeit bei einem Versicherungsbüro mit einer Kippe. Und mit einem Mal kam mir das echt und wirklich bescheuert vor. Noch nicht mal eine Stunde vorher hatte ich mich zu Hause für den Tag zurecht gemacht, geduscht, Parfum benutzt, um jetzt in einem kleinen stinkenden Wölkchen zu stehen? Und überhaupt - bei der Versicherung, die ich abschließen wollte, hat mich jeder Cent interessiert, aber für die Fluppen schmeiße ich locker 150 € im Monat aus dem Fenster?

Nach der ganzen rigorosen Aufräumaktion hat das irgendwie nicht mehr gepasst. Und weil ja nun aufgeräumt war (und trotzdem noch Energie für Veränderungen übrig) habe ich seitdem keine Zigaretten mehr geraucht.

Ich habe sehr viele Kaugummis gekaut, mindestens 5 Tüten zuckerfreie Halsbonbons gelutscht, Lollis ausprobiert (aber für albern befunden), gehe auch bei 18 Grad Wassertemperatur ins Freibad (irgendwoher muss der Kick ja kommen), rieche mehr, schmecke mehr, bekomme Komplimente und Zuspruch, habe mehr Zeit und füttere die auf dem Avatar abgebildete Glückskatze täglich mit einem 5 € -Schein. Meine Haut sieht strahlender aus, ich habe morgens keine Augenringe mehr (obwohl ich plötzlich viel näher am Wasser gebaut bin als vorher - in Woche zwei reichte eine Tier-Doku im Fernsehen um mir die Tränen in die Augen zu treiben).

Übermorgen sind es vier Wochen. Und ich bin richtig stolz. Und sehr intensiv damit befasst, mir ein genaueres Bild von meinem nichtrauchenden Ich zu machen. Beim großen Aufräumen hält mich die Vision, wie es hier einmal aussehen soll, bei der Stange. Beim Projekt "Nichtrauchen" hilft mir, dass ich ein täglich deutlicheres Bild vor Augen habe, wie angenehm und genussvoll ich mein Leben ohne den Dreck gestalten kann.

Ich freue mich auf den Austausch über schwache Momente, die hohe Kunst des Schönredens und so Momente, in denen man sich bei dem Griff zur nicht vorhandenen Schachtel ertappt.

Lieben Gruß,

die Glückskatze.