Rauchen und Depression
gerne möchte ich von meiner Erfahrung sprechen, ich bin 56 Jahre, habe mit 18 Jahren angefangen zu rauchen und vor fünf Jahren, erfolgreich mit Hilfe des Forums und der fantastischen Unterstützung der Teilnehmer:innen, meinen Rauchstopp begonnen und bis heute durchgehalten.
Seit Jahren hatte ich lange Phasen der Depression z.T. mit Medikamenten und Therapie, zwischenzeitlich kam Alkohol in immer größeren Mengen hinzu. Zwei Jahre vor meinem Rauchstopp war mir klar, ich muss meine Sucht in den Griff bekommen, sonst werde ich irgendwann alles verlieren. Die Erkenntnis, dass ich keine Kontrolle über mein Trinken und mein Rauchen habe erschreckte mich zutiefst. Ich entschied mich, zunächst den Alkoholentzug anzugehen, der erschien mir damals schwieriger und wichtiger, darüber möchte ich aber nicht schreiben, aber ich habe mich geirrt.
Zwei Jahre danach schaffte ich es endlich, das Rauchen aufzuhören. Dieser Entzug hat mich mehr Kraft, Zeit und Disziplin gekostet als ich vermutet hatte.
Während der Alkohol jeden Abend beendete und somit eher eine Angelegenheit im Privaten gewesen ist, hat mich das Nikotin durch den Tag begleitet. Rauchen ist die alltagstaugliche Sucht, gesellschaftlich anerkannt, überall gibt es Raucherpausen aber keine Trinkerpausen. "Ich geh mal eine Rauchen" ist im Job akzeptiert, "Ich geh mal einen Schnaps trinken" ruft sofort den Suchtbeauftragten auf den Plan.
Meiner Meinung nach sind Alkohol und Nikotin Stoffe, die eine Depression aufrecht erhalten, es sind Depressiva.
Der Tagesverlauf einer Sucht besteht aus dem an- und abfluten der Droge im Gehirn und den entsprechenden Gefühlsschwankungen. Wenn ich die Droge konsumiere, befriedigt sie ein Gefühl des Mangels und schafft mir Erleichterung der Symptome. Bin ich eine zeitlang (Minuten oder Stunden) abstinent, fällt der Nikotinspiegel ab und es verstärken sich die Symptome der Sucht wie z.B. Unruhe, Konzentrationsschwäche, Gereiztheit, ... und vor allem dem Gefühl der Leere im Gehirn, was für sehr viele fast unerträglich zu sein scheint.
Ich glaube es war Joel Spitzer, der in seinem Buch "nie wieder einen einzigen Zug" sagte:
"ein Raucher raucht nicht, weil er gerne raucht sondern weil er es nicht aushält nicht zu rauchen"
Seit ich nicht mehr rauche und trinke habe ich nicht mehr die Stimulation meines Gehirns durch eine Droge, (das mögen einige vermissen) aber vor allem habe ich nicht mehr das Gefühl des abfallenden Nikotinspiegels, mit all seinen negativen Begleiterscheinungen. Ich habe mich von meinem Suchtverhalten distanziert, sich daran zu gewöhnen war eines der schwierigsten aber lohnenswertesten Projekte meines Lebens.
Wenn das Rauchen uns Erleichterung verschafft, dann nur eine Erleichterung von Problemen, die wir ohne unsere Nikotinsucht gar nicht hätten. Es handelt sich also um die Behandlung der Sucht und nicht der Depession.
Seit meinem Rauchstopp hatte ich keine behandlungsbedürftige Depression mehr. Nicht nur die suchtbedingten Stimmungsschwankungen sind dadurch verschwunden, vor allem bestärkt es mein Vertrauen in meine Fähigkeiten ohne Drogen leben zu können.
"Die beste Droge ist ein klarer Kopf"
das soll Harald Juhnke mal gesagt haben.
Ich wünsche Euch allen viel "ich will ... " und "ich kann ..."
alles liebe von Paul
Hallo Paul,
vielen Dank für deinen Beitrag. Ich habe vor drei Wochen meinen ersten Rauchstopp gestartet und versuche mich seither mit dem Thema dieser Sucht und dem „Warum“ zu befassen, damit ich zu 100% Rauchfrei bleibe und auch bleiben will. Dein Beitrag hat mir hierbei sehr geholfen und umso länger ich über den Beitrag nachdenke, desto mehr Menschen fallen mir erschreckender Weise in meinem Umfeld ein, die Hilfe benötigen was Alkohol und Nikotin angehen.
Lieber Paul!
Vielen Dank für deinen Beitrag. Ich habe ihn sehr gerne gelesen.
Irgendwie triffst du den Nagel immer auf den Kopf.
By the way, Gratulation zu 1888 rauchfreien Tagen.
Gruß, Stine
Hallo Paul,
ich glaube auch eher an den glücklichen Nichtraucher. Vor allem Nichtmehrraucher, der Kraft draus zieht, seine Sucht besiegt zu haben. Dass Nichtmehrrauchen eher antidepressiv wirkt.
Lutzi
Hallo Namensvetter,
das hast Du sehr schön erklärt! Vielen Dank für Deinen Beitrag.
Einen grossen Glückwunsch zu Deiner Leistung beide Dämonen besiegt zu haben.
Respekt!
Viele Grüße
Paul
Lieber paul2.1.,
vielen Dank für diesen besonderen Erfahrungsbericht.
Für mich als noch nicht so lange rauchfrei eine sehr große und hilfreiche Unterstützung. Habe ich mit großem Interesse gelesen.
Dir weiterhin alles Gute auf deinem Weg.
Und liebe Grüße von Traudl
Hallo Paul,
ich muss dir sicher nicht sagen, dass ich mich freue, wieder hier von dir zu lesen. Ich tu' es trotzdem: sehr schön, lieber Paul, dass du wieder hier bist. Und nachträglich noch alles Gute zum 5ten Rauchfreigeburtstag.
Liebe Katja,
dir wünsche ich, dass du zur Ruhe kommst. Wenn du deine Mitte wieder gefunden hast und dich besser fühlst, wirst du wissen, wann du soweit bist.
Viele liebe Grüße
Zu diesem Thema passt wahrscheinlich eine der Erfolgsgeschichten im Forum:
"Ich habe vor 7 Jahren aufgehört. Zuvor hatte ich mehrmals aufgehört und nach jeweils einigen Wochen wieder angefangen, weil ich Depressionen bekommen hatte. Die Depressionen hatten immer erst einige Wochen nach dem Rauchstopp begonnen. Schließlich habe ich es geschafft, trotz dieser Depressionen nicht mehr anzufangen. Und siehe da, einige Wochen später waren die Depressionen wieder weg, und nicht nur das: Rückblickend weiß ich, dass das Rauchen und übrigens auch Alkohol meine Stimmung immer im negativen Bereich gehalten hatte. Ich würde nie mehr anfangen zu rauchen und trinke heutzutage nur noch alle ein oder zwei Wochen Alkohol. Manchmal sitze ich irgendwo und denke mir ohne jeden Anlass: Das Leben ist schön. Das ist eine ganz neue Erfahrung, die ich jedem empfehlen will. Haltet durch, ihr werdet belohnt (eingesandt von "Schmesel")."