Der verflixte Nachmittag
Hallo Gleichgesinnte,
ich bin sozusagen Quereinsteiger hier, weiblich, 60 Jahre jung und seit dem 15.05. übe ich mich im Nichtrauchen. Zwei mal jedoch bin ich in der Zeit wieder schwach geworden.
Ich habe meine Zigaretten immer selbst gestopft. Eigentlich hab ich allen Tabak in den Müll geworfen, aber die letzten Krümel hab ich jeweils zusammengekratzt und es hat für je eine Zigi gereicht, die ich noch nicht mal komplett geraucht habe. Hab mich aber dennoch nicht mal schlecht gefühlt. Konnte anschließend arbeiten wie ein Stier. Da war der" so sehnsüchtig erwartete Startschuß". Wenn das keine Sucht ist, dann weiß ich auch nicht. Aber ich will die wirklich los werden. Eigentlich ist es schon eine sehr schöne Vorstellung, die Bude rauchfrei zu halten, keinen Nebel mehr vor den Augen, nicht mehr alle zwei Jahre die Küche tapezieren zu müssen (hab nur in der Küche geraucht) und keinen Nikotingestank mehr in der Bude und in den Klamotten. Und der Zwang, ständig hinter dem "Stoff" herzurennen und bloß immer was im Haus haben zu müssen, ist natürlich schon ein Gewinn.
Aber am Nachmittag könnte ich in die Tischkante beißen. Da ist es kaum auszuhalten, so sehr sitzt mir der im Nacken.Morgens hab ich kein Problem, obwohl ich es gewohnt war, vor der Arbeit als Frühstück Kippe und Kaffee zu "genießen". Im Laufe des Vormittags hab ich auch genug Ablenkung, aber der Nachmittag hat es echt in sich. Da werde ich wirklich aufs Gemeinste attackiert. Zwischenzeitlich greife ich dann in meiner Verzweiflung zum Pflaster. Aber ich finde das d....f, denn man kann den nicht mit dem en:austreiben. Und letztlich bekommt der Körper dadurch ja genau das, wovon man ihn befreien möchte.
Zuerst aber mal meine Geschichte. Ich rauche seit meinem 15. Lebensjahr (weil ich "dazu gehören" wollte auf unserer Abschlußfahrt der Schule). Bin leider bis heute dran hängen geblieben.
Seither habe ich es zwei mal versucht, aufzuhören, ohne Erfolg, wie man sieht.
Am 11..05. dann mußte ich eine Herzkatheteruntersuchung über mich ergehen lassen, bei der mir gleich zwei Stents in ein Koronargefäß eingesetzt wurden. Schöne Sch.... Hab ich mir mit 60 auch nicht träumen lassen. Bin noch immer davon ausgegangen, daß meine - eigentlich richtig erkannten - Symptome einer Angina Pectoris doch eher von der Brustwirbelsäule herrühren.
So hat der jahrelange Zigarettenkonsum bei mir schon seinen Tribut gefordert. War ein gewaltiger Schuß vor den Bug.
Hieß aber für mich: sofort mit dem Rauchen aufzuhören. Kollegen, Ärzte und Familie haben mich natürlich auch entsprechend unter Druck gesetzt.
Hab mich gar nicht lang drauf vorbereitet, sondern gleich Nikotinpflaster und das Buch von A.c. gekauft - und natürlich auch gelesen.
Der Anfang war tatsächlich gar nicht so schwierig. Konnte sogar meiner Friseurin drei Tage später mühelos die Zigarette ausschlagen, die sie mir anbot und hab ganz stolz gesagt:" Nein danke, ich rauche nicht mehr." Habe sogar streckenweise nicht mal die Pflaster gebraucht.
Seit zwei Wochen allerdings sitze ich nur noch lethargisch in der Ecke rum, kann mich zu nix aufraffen und somit funktioniert die Ablenkung nun mal gar nicht. Werde immer depressiver und könnte nur noch heulen. Dabei hätte ich im Garten noch sooooo viel zu tun und Ablenkung mehr als genug.
Mit meinem HA habe ich schon gesprochen, aber da habe ich grad auch nicht viel Hilfe. Habe gerade gewechselt und der kennt mich eher als Kollegin, weniger als Patientin. So weiß der auch nicht so genau, daß es mir psychisch mal ziemlich schlecht ging. Immerhin hat er mir für die Reha, die noch aussteht, ein Burn out attestiert.
Eine Depression ist bei mir noch nicht wirklich diagnostiziert, aber ich weiß, daß ich zu depressiven Verstimmungen neige und Depressionen auch familiär nicht ganz auszuschließen sind. Zumindest habe ich auf Betablocker seinerzeit mit Depressionen reagiert, die verschwanden, als ich die Betablocker abgesetzt und ein neues Medikament bekommen habe.
Aber jetzt muß ich wegen der Herzgeschichte natürlich auch wieder Betablocker nehmen. Ich denke, da kommt grad einiges zusammen, was meine Depressionen bestärkt.
Momentan bin ich noch krank geschrieben, aber Montag möchte ich wieder arbeiten, um da wenigstens wieder Ablenkung zu bekommen.
Mein GG ist passionierter Nichtraucher bzw. hat in jungen Jahren das Rauchen aus Trotz dem Vater gegenüber, wieder aufgegeben. Von ihm kann ich keine Hilfe erwarten. Der begreift das nicht mit den Depressionen.
Dabei hätte ich eine ganze Menge Möglichkeiten, mich gut abzulenken - Gartenarbeit, Nähen, Malen - also Hobbys hätte ich genug anzubieten.
Mich macht dieses Nichtstun richtig krank. Es ist grad so, als würde mich eine unsichtbare Hand in den Stuhl zurückdrücken, um mich am Aufstehen zu hindern. Und je länger ich sitze, um so größer wird mein Verlangen nach der Zigarette. Da holt mich der gewohnte Kreislauf ein: noch eben schnell eine rauchen und dann gehts ran an die Arbeit. Da aber keine geraucht wird, gibt es auch keinen Grund, mit der Arbeit anzufangen. Mich macht das wahnsinnig. Wann hört das mal endlich auf?
Wenn ich jetzt den Zettel ausfüllen sollte, was sich inzwischen alles positiv bei mir verändert hat, könnte ich noch nicht mal so wirklich was eintragen. Für mich hat sich bisher nix verbessert, eher noch verschlimmert. Von besser Riechen oder Schmecken merk ich gar nix, 3 kg hab ich bereits zugenommen (und habe eh schon Kopfkissenformat - hoch wie breit) , besser Luft krieg ich auch keine, hatte ja vorher keine Probleme damit und besser bewegen schon erst recht nicht aufgrund der steigenden Leibesfülle. Könnte eigentlich nur hämisch lachen. Ich brauche den richtigen positiven Kick, um endlich aus dem Tief aufzusteigen. Und dazu brauche ich eure Hilfe.
Kann es sein, daß ich einen denkbar schlechten Start hatte und deshalb nicht so richtig in die Puschen komme?
Ich danke euch jetzt schon für eure endlose Geduld, meinen hier verfaßten Roman überhaupt zu lesen.
Hallo Rutschenbär,
schön, dass Du jetzt ein eigenes Wohnzimmer hast. Dann können wir Dich besser besuchen.
Das Quatschen gestern mit Dir im Lotsen-Threat "Depressionen" war aber auch schon ganz nett.
Herzlich willkommen im forum,
Hugs,
Maroditis
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Danke, Maroditis, für deine Antwort.
Ich dachte, es gibt hier auch so etwas wie ein Lesezeichen, um schneller an das Thema zu kommen. Nun gut, dann geht es auch anders.
Huhu und herzlich Willkommen im Forum! Ein Gläschen erst mal für den ersten, fast geschafften Monat
Wenn du dir selbst Sorgen um deinen psychischen Gesundheitheitszustand machst, dann könnte es dir vielleicht helfen, zu einem dir gänzlich unbekannten Arzt zu gehen? Ich verstehe dich so, dass du keinen richtigen Ansprechpartner hast, weil es dir als Kollegin oder gute Bekannte unangenehm ist, zu dir bekannten Ärzten zu gehen.
Letztlich finde ich es auch nicht so wichtig, ob der Name Burnout oder Depression lautet. Wichtig ist vor allem, dass du dein Leben neu begreifst und gestaltest
Die Zigarette war ein lebenslanger Begleiter bei jeder Tätigkeit, jeder Emotion! So eine Trennung kann kein Mensch einfach so wegstecken.
Und ja, es ist enttäuschend, dass keine wundersamen Veränderungen zu spüren sind. Es ist aber gut zu wissen, dass sie trotzdem stattfinden. Rauchen ist keine Alternative mehr für uns. Das anzunehmen ist ein Prozess, durch den wir hier gemeinsam wandern, Schritt für Schritt, Tag für Tag.
Und ich finde nicht, dass das Nikotinpflaster der Belzebub ist. Dein Körper braucht auch Zeit, schrittweise auszusteigen, aus einem Zustand, der seit deiner Kindheit für ihn Realität ist. Und dass Körper und Seele untrennbar sind, ist ja auch klar
Erwarte keine Wunder und tu dir selbst was Gutes wenns die Gartenarbeit gerade nicht ist, vielleicht eine Runde mit dem Rad? etwas, dass du dir schon ewig kaufen wolltest aber irgendwie doch nie gemacht hast? Schöne Musik hören? Meditieren? Wegfahren...?
Nimm wahr und lasse zu, wie es dir gerade geht. Die Energie kommt wieder, wenn du Zeit hattest, zu trauern und auszuruhen.
Komm mit uns mit, schrittchenweise
Hallo, derbergruft,
danke für deine aufmunternden Worte.
Aber gestern war der erste gute Tag nach zwei Wochen. Gut, ich hatte auch mehr Abwechslung. Enkelsohn war hier und ich durfte "Baby sitten" (er ist vier). Da hatte ich nicht viel Zeit, über mich nachzudenken. Aber der konnte mir gestern nicht viel anhaben.
Ich glaube, wenn ich nächste Woche wieder in der gewohnten Tretmühle bin, geht es glelich viel besser.
Hallo und danke für deinen Besuch liebe Rutschenbärin. Heute darf ich offiziell zu 4 Wochen Rauchfreiheit gratulieren darauf einen öhm, alkoholfreien Cocktail? rn:rn: oder besser was mit Schuss?
Möge der heutige Nachmittag fröhlich seiner Wege gehen. Wie gehst du heute deiner Wege? Hilft die Arbeit übers Schlimmste Schmachten hinweg?
Beru, die Arbeit hilft ernorm.
Aber ehrlich - nach Feiern ist mir tatsächlich noch nicht zumute. Ich traue mir selbst noch nicht so ganz über den Weg. Irgendwie fehlt es noch immer an allen Ecken und Enden und da ist eine ungewohnte Leere, die ich noch nicht wirklich mit was füllen konnte.
Aber ich denke, es wird täglich ein klitzekleines Bischen besser, wenn auch nur unmerklich. Aber ich glaube fest daran.
Du nullst ja bald schon zum vierten Mal. Das finde ich klasse. Irgendwie gibt das auch immer wieder Auftrieb.
Hallo Rutschenbär,
ich glaube da kommt bei Dir einfach viel zusammen und nun auch noch die blöden Tage nach 3-4 Wochen rauchfrei... Ich kann Dir nur sagen: Halte durch!! Von nun an geht es stetig bergauf. Einen kleinen Rückfall - manche merken ihn manche nicht - gibt es in ca. 3 Monaten noch einmal. Ich habe in dieser Zeit meine Familie ein wenig genervt - hat mir aber zum Glück keiner krumm genommen.
Ich hatte meinen großen Ausrutscher und stehe nun wieder ganz am Anfang. Dummheit sollte bestraft werden
Dafür gehe ich nun den Weg ein weiteres Mal und stelle fest: Es hat sich nichts geändert. Außer das ich zur Zeit nicht arbeite und die Suchtanfälle nicht ganz so gut wegstecke. Ich habe in deinem Bericht vieles darüber gefunden und kann nur bestätigen: Ablenkung egal durch was tut richtig gut.
Ich freue mich wenn ich im Juli wieder arbeiten darf. Bis dahin gehen wir jeden Tag ein Stückchen weiter und freuen uns über jeden Tag ohne die blöden Glimstengel
Lass Dir eine Rose schenken
Danke für eure Glückwünsche. Ja, es war echt ein hartes Stück Arbeit. Aber momentan gehts richtig gut.
Aber morgen hab ich die erste richtige Feuerprobe. Bin den ganzen Tag mit drei Raucherinnen zusammen. Wenn ich das ohne Ausrutscher schaffe, dann glaube ich, hab ich das Gröbste geschafft. Drückt mir mal die Daumen. Wird schwer genug werden.