35 Tage (fast) rauchfrei - Keiner hat jemals gesagt, dass es einfach ist

Verfasst am: 06.03.2017, 15:12
Alex-D.
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Verfasst am: 06.03.2017, 17:35
Alex-D.
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Hallo zurück,

ich hatte einen langen Beitrag geschrieben, habe diesen danach bearbeitet (weil ich ein paar kleine Rechtschreibfehler entdeckt habe) und habe den Beitrag dabei gelöscht. Da mir das Schreiben des Beitrages gut getan hat, schreibe ich ihn jetzt noch mal, etwas kürzer zwar, aber hoffentlich hilfreich für alle, die hier ebenso wie ich Motivation und Gemeinschaft suchen.

Hallo zusammen,

ich habe vor 35 Tagen mit dem Rauchen aufgehört und habe in dieser Zeit oft Motivation gefunden, indem ich in diesem Forum gestöbert habe, einerseits um mitzuerleben, wie positiv sich das Rauchen-Aufgeben ausgewirkt hat, andererseits um zu sehen, dass auch andere schwere Phasen durchleben. Ich habe mich daher heute, an meinem 35. rauchfreien Tag dazu entschieden, mich hier auch anzumelden, um anderen mit meiner Geschichte zu helfen.

Am 29.01.2017 habe ich meine letzte Zigarette geraucht, nicht bewusst, eher zufällig, weil ich am 30.01. ein Experiment gestartet habe. Aber der Reihe nach: Ich bin m, 47 Jahre alt und habe gut 30 Jahre fast durchgehend geraucht. Ich habe mich als "Genuß-Raucher" bezeichnet, weil ich es tatsächlich so empfunden habe. Ich habe im Schnitt 15 Zigaretten am Tag vertilgt. Irgendwann im Januar diesen Jahres habe ich bei meinem Zigaretten-Händler eine elektronische Einweg-Zigarette stehen sehen und, nachdem ich mich erkundigt hatte, was es damit auf sich hat, habe ich diese erworben. Diese lag dann ein paar Tage in der Schublade, weil ich keine Luste hatte, parallel zu rauchen und zu dampfen. Nein, ich wollte, wenn schon, denn schon, mal einen ganzen Tag nur dampfen, weil mir neben vielen anderen Aspekten des Rauchens der Gestank der Finger und des Atems auf den Senkel ging.

Gesagt getan: Am Montag, den 30.01. habe ich die e-Zigarette aufgemacht und mein Rauchverlangen den ganzen Tag mit (nikotinhaltigem) Dampf gestillt. Am nächsten Tag habe ich das so fortgesetzt, da ich ja einen Tag durchgehalten hatte, habe ich mir gesagt, dass ich auch 2 Tage durchhalten werde. Letzten Endes habe ich dann 4 Tage gedampft, bis Donnerstag Abend und dann: konnte ich nicht mehr. Durch die nachlassende chronische Rauch-Rachenreizung hat ab Tag 2 des Dampfens mein Mund- und Rachenraum derart gekratzt, dass es fast schmerzhaft war. Wie 1000 kleine Nadelstiche. Sprich: Ich konnte ab Donnerstag einfach nicht mehr dampfen.

Nun stand ich da am Donnerstag Abend, ich armer Tor und hatte 3 Möglichkeiten: 1. Wieder Tabak-Zigaretten rauchen, 2.Weiter dampfen und die Schmerzen in Kauf nehmen, 3. weder dampfen, noch rauchen.

Und siehe da: die Vernunft hat gesiegt: Ich dachte mir, wenn ich es 4 Tage geschafft habe, ohne Tabak-Zigaretten auszukommen, werde ich es auch schaffen, ganz ohne Zigaretten zu leben. Um es kurz zu machen: Ich verschenkte am nächsten Tag alle Tabak-Zigaretten (die ich bis dato immer dabei hatte!) und auch alle e-Zigaretten, warf meine sonstigen Rauch-Utensilien in den Müll und war plötzlich und ungeplant stolzer Nichtraucher.

Und was soll ich sagen? Es klappte prima. Körperlich fühlte ich mich sofort spitze, kein Gestank mehr, besserer Atem, die Haut wurde zunehmend und sichtbar besser, ich war hellwach und fit, brauchte plötzlich gut 1 Stunde weniger Schlaf. Ich fühlte mich wie permanent unter Doping, ein gutes Gefühl. Ich kaufte mir sogar eine Anti-Aging-Creme für 34,00 € und freue mich noch immer, wenn ich diese auf meine immer besser werdende Haut auftrage.

Psychisch war ich ebenfalls gut drauf, leicht gereizt am Anfang und 1000 mal am Tag dachte ich an Zigaretten, aber ich hatte nur wenige Male ein starkes Verlangen, konnte dies wegdrücken.

Ich habe mir gleich 2 Nichtraucher-Apps runtergeladen, habe in diversen Nichtraucher-Foren gestöbert und habe zunehmend meiner Umgebung erzählt, dass ich Nichtraucher bin.

Die schwere Zeit kam so um Tag 30 (!). Befeuert durch meinen guten Zustand, pervers aber wahr, ergriff der Gedanke von mir Besitz, dass ich doch mal eine rauchen könnte. Und so sehr ich versucht habe, diesen Gedanken intellektuell wegzudrücken, diesen Unsinn, geschah es am letzten Samstag: Ich kaufte mir, aufgeregt wie ein kleines Kind, eine Schachtel Zigaretten und rauchte binnen einer Stunde 3 Stück.

Zum Glück hatten die Zigaretten nicht die "erhoffte" Wirkung, sie schmeckten grauenhaft und es ging mir schlecht. Ich war also die restlichen Zigaretten in den Müll und hatte ein rasend schlechtes Gewissen. Ich habe dann aber den Rückfall nicht allzu ernst genommen und habe ihn weggedrückt. Es ging mir trotzdem nicht gut, denn ich war voller Trauer: mit Zigarette geht es nach über 30 Tagen nicht und ohne Zigarette geht es auch (noch) nicht. Was für ein heilloser Zustand.

Jetzt bin ich aber schon wieder 2 Tage ohne, fühle mich gut und letztlich muss ich sagen: der Rückfall hat mich bestärkt. Ich habe gemerkt, wie beschissen Zigaretten schmecken und wirken und das hält mich eher von weiteren Rückfällen ab.

Was ich begriffen habe: Auch nach 35 Tagen ist das Verlangen nicht weg. Aber ich habe jetzt realisiert, dass mein Weg der Weg der Trauer ist, im Ernst. Ähnlich wie die Trauer um den Verlust eines Menschen oder eines Tieres ist auch der Verlust einer langjährigen, liebgewonnenen Angewohnheit wie Rauchen ein Verlust, dem ich nachtrauern kann und darf. Ich lasse also Trauer zu und ich weiß eines dabei: die Trauer, jede Trauer, ist zur Verarbeitung notwendig und sie lässt irgendwann nach. Das ist mein Weg. Trotz Rückfall beschreite ich diesen weiter.

Keiner hat jemals gesagt, dass es einfach ist, aber es lohnt sich, ab dem 1. Tag!

Verfasst am: 06.03.2017, 20:32
LisNeu
LisNeu
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Beiträge: 199 Beiträge

Hallo Alex,
ich gebe dir völlig recht. Es ist ein Abschied und es soll ja ein Abschied für immer sein. Meine Gefühle sind auch von traurig bis wütend, von euphorisch, dass ich es doch schaffe bis todtraurig, dass ich nie mehr in fröhlicher Raucher-Gesellschaft irgendwo rumstehe. Mein Mann raucht weiter und ich bedauere, dass wir nicht mehr unsere gemütlichen Plauder- und Rauchstündchen haben. Rauchen gehört zu meinem Leben und zwar von Anfang an. Es gibt ein Foto von meinem Vater und mir. Ich bin da so ca. 4 Jahre alt, sitze auf dem Schoß meines Vaters, mit einer Hand hält mein Vater mich fest, mit der anderen seine Zigarette. Ich habe es geliebt, bei ihm im Arbeitszimmer zu sitzen, zu malen, auf der Schreibmaschine zu klimpern und ihm beim Rauchen und Schreiben zuzuschauen.
Bei mir ist es so, dass ich von Kind an passiv geraucht habe, dann 50 Jahre aktiv und nun wieder passiv.
Das lässt sich nicht einfach wegwischen.
Ich drücke Dir die Daumen, dass Du es dauerhaft ad acta legen konntest.
Schöne Grüße von Lis