Entzugserscheinungen, emotional
Hallo Ihr Lieben,
ich lese hier seit geraumer Zeit immer mal wieder mit und schlussendlich war die Seite hier auch ein Mitauslöser, dass ich es versuche aufzuhören. Kurz und knapp, ich habe am 2.1. die letzte Zigarette geraucht, dh seit nun 11 Tagen rauch-frei. In der ersten Woche hatte ich ziemlich heftige Kreislaufprobleme und nachts Schweißausbrüche, also tatsächlich körperliche Entzugserscheinungen. Das wird aber momentan besser und ist auch gar kein großes Problem, so ist das halt.
Mein großes Problem seit 1 Woche ist, dass ich überhaupt nicht mehr mit dem kleinsten Stress umgehen kann, dass ich emotional dermaßen instabil bin, dass ich einfach so zu heulen anfange und mich kaum konzentrieren kann. Es ist völlig verrückt, ich habe gar nicht mehr so sehr das Verlangen nach einer Zigarette, das hält sich wirklich in Grenzen (mal so im Vergleich zu den ersten paar Tagen). Die Auslöser der Heulattacken haben "inhaltlich" nichts mit dem Verlangen nach Rauchen zu tun. Ich muss zB eine ganz normale Aufgabe erledigen und bin plötzlich völlig damit überfordert oder mein Partner trifft nicht ganz den richtigen Ton (der arme Kerl muss grad echt was mitmachen).
Kennt das jemand so, hat da jemand von Euch Erfahrung und könnte mir vielleicht Tipps geben?
Wie sind Eure Erfahrungen, wie lange geht das so?
Vielen lieben Dank schon mal für Hilfe und Tipps, bin gerade etwas verzweifelt
Hallo liebe Tanja,
Erstmal willkommen hier im Forum und herzliche Glückwünsche zu deiner ersten Schnapszahl.
Ich hatte die ersten Nächte auch Schweißausbrüche, allerdings keine Kreislaufprobleme.
Ich würde dir ja gerne einen Rat geben, zu deinen plötzlichen Traurigkeitsausbrüchen. Das einzige was mir einfällt, habe Verständnis mit dir. Dein Körper macht eine große Umstellung durch und viele Alltagssituationen sind mit dem Rauchen verknüpft. Das fällt nun weg und verschüttete Emotionen können nun ungehindert aus dir heraus brechen.
Bei mir waren es vermehrt Aggressionen.
Leider kann ich dir auch nicht sagen, wann das wieder aufhört. Ich glaube das ist sehr unterschiedlich.
Aber es wird besser und weniger mit der Zeit.
Wie lange hast du denn geraucht? Vielleicht hast du ja Lust mehr von dir zu erzählen.
Hier im Forum gibt es einige Mitglieder, die auch eine große Traurigkeit in sich hatten oder haben. Lies einfach viel hier rum, mir hat es sehr geholfen.
LG Heide
Hallo,
erstmal herzlichen Glückwunsch, dass du 11 Tage nicht geraucht hast.
Das mit dem Stress, bzw der Überforderung kenne ich zu gut. Ich habe schon mehrere Aufhör-Versuche hinter mir, Grund für den Rückfall war meistens ein zu hoher Stresspegel.
Es gibt spezielle Methoden zur Stressbewältigung. Diese können mithilfe eines Psychotherapeuten, Coaches oder Beraters erlernt werden. Dies wird normalerweise von deiner Krankenkasse übernommen (einfach mal anrufen und nachfragen). Andernfalls kannst du auch mal im Internet suchen, es gibt einige Seiten zu diesem Thema.
Versuche am besten, alles etwas langsamer anzugehen, bzw. etwas zu Suchen, dass dich wieder beruhigt. Halte dir vor Augen, wieso du mit dem Rauchen aufhören wolltest. In stressigen Situation helfen oft stressmildernde Gedanken, die du bei Bedarf aufsagen kannst. Es bietet sich an, diese aufzuschreiben und mit sich zu führen.
Hier ein paar Beispielsätze:
"In der Ruhe liegt die Kraft.", "Eines nach dem anderen." "Ich werde stolz auf mich sein, wenn ich es durchgestanden habe.", "Den schlimmsten Fall werde ich auch überleben.", "Die Suppe wird nur halb so heiß gegessen, wie sie gekocht wird." etc.
Ich gehe stark davon aus, dass die emotionalen Reaktionen durch den Stress ausgelöst werden.
Du kannst dir deine Stress, bzw. Angstgedanken aufschreiben und analysieren. Denn Emotionen sind an Gedanken gekoppelt. Schreibe den häufigsten Gedanken auf und stell dir die Fragen, was für die Gültigkeit des Gedankens spricht und was dagegen. Beende dies mit einer Schlussfolgerung und du wirst merken, dass du ruhiger wirst.
Ich hoffe das hilft dir fürs erste weiter, bleib stark, du schaffst das!
Viele Grüße
Simon
Liebe Tanja,
willkommen in der Rauchfrei-Gemeinschaft und Glückwunsch zu Deiner bereits 11 Tage andauernden Rauchfreiheit.
Die psychischen Phänomene, die Du beschreibst, kennen sehr viele Aufhörer. Manche leiden mehr, manche weniger, ganz ungeschoren kommt keiner davon, ich selber hatte es deftig.
Es hat nichts mit Schwäche oder Wehleidigkeit zu tun, sondern mit physiologischen Veränderungen.
Nikotin dockt an die Rezeptoren an, die normal für Dopamin bestimmt sind, das körpereigene Hormon, das für die - ausgeglichene bis gute - Stimmung verantwortlich ist. Solange reichlich Nikotin nachgeliefert wird, werden viele Rezeptoren gebildet und die Dopaminbildung kommt fast zum Erliegen.
Wenn nun mit einem Schlag die Nikotinzufuhr ausbleibt, entsteht ein - künstlicher - Dopaminmangel, der für die schlechte Stimmung, die emotionalen Schwankungen, auch die Empfindlichkeit verantwortlich ist.
Das hält so lange an, bis der Körper wieder ein gesundes Gleichgewicht zwischen weniger Rezeptoren und stärkerer Dopaminproduktion eingestellt hat.
So weit die Theorie. Wie stark die Symptome ausgeprägt sind und wie lange sie bei jedem Einzelnen andauern, weiß kein Mensch. Mancher schüttelt das nach ein paar Tagen ab, mancher tut so als ob, mancher leidet lange vor sich hin und solche wie ich gehen damit zum Haus- oder Facharzt. Dort kennt man diesen Effekt des Rauchstops und wird zu geeigneten Mitteln greifen.
So, liebe Tanja, entschuldige den ausführlichen Exkurs. Ich hoffe, Dir damit jedenfalls vermittelt zu haben, dass Du nicht allein bist.
Kurzfristig kann es helfen, sich hier seinen Frust von der Seele zu schreiben (um den Partner zu schonen!
Hier ist immer jemand!
LG
Sonja
Hallo Tanja,
Erst einmal herzlich Willkommen hier in der Gemeinschaft und Gratulation zu deinen ersten 11 Tagen. Da kannst du schon mächtig stolz drauf sein. Simon und Sonja haben dir ja schon wirklich gute fachliche Ratschläge gegeben. Was ich noch ergänzen möchte.
Verwöhne dich mal richtig, schau auf das, was dir gut tut. Setzte dich an erste Stelle, für die Zeit. Bitte deinen Partner um Verständnis, dass du gerade deine Gefühle neu kennen lernen musst. Schraube dein Arbeitspensum runter. Lass die Tränen laufen, wenn es dir gut tut.
Wenn es länger als 2 Wochen anhält oder du nicht damit zurechtkommst, dann bitte ich dich, geh zu deinem Arzt des Vertrauens. Erkläre, dass du gerade im Entzug bist. Nicht jeder Arzt kennt die Zusammenhänge von Nikotin und Dopamin.
Ich schicke dir ein bisschen die
LG Bine
Vielen lieben Dank Euch für die Hilfe und Tipps. Das hilft schon sehr, DANKE!
Das ist schon eine sehr krasse Geschichte was das Nikotin so mit einem macht.
@Sonja: vielen Dank für die Erklärungen, das ist genau richtig so. Ich bin ein Kopfmensch und brauche immer Erklärungen. Von daher bin ich ja auch so geschockt von diesen Heulattacken, das ist so gar nicht meine Art.
@Heide: Ich bin jetzt 43, habe mit ca 15 angefangen zu rauchen, so der Klassiker halt. Anfangs natürlich nur mal auf Partys, aber das wurde immer mehr. Ab schätzungsweise 18/19 war es dann sicher 1 Schachtel täglich und so die letzten Jahre tendenziell eher 2 Schachteln.
@Simon & Bine: Danke für die Tipps, ich werde sie versuchen und wenn es nächste Woche nicht besser wird gehe ich zu einem Coach / Arzt.
Hallo Tanja,
Wie geht es dir? Was hältst du von einem Spaziergang im Wald? Das hebt die Stimmung und ist gut zum Stressabbau. Womit könntest du dich Verwöhnen? Deine Entscheidung zum Doc zu gehen ist vollkommen richtig.
LG Bine
Liebe Bine,
das ist ja total lieb, dass Du Dich nach mir erkundigst, Dankeschön!
Also, es geht mir gut, und es wird tatsächlich immer besser, juhuuu, und ich habe heute 15 Tage .
Diese Traurigkeit wird schwächer und weniger, was ich jetzt noch massiv habe sind Müdigkeit und Konzentrationsstörungen. Das wäre nun auch nicht weiters schlimm, wenn ich nicht einen reinen Kopflastigen Job hätte, zudem habe ich in drei Wochen eine Prüfung (die Habilitation) und da muss ich durch, die muss und will ich machen, da geht kein Weg dran vorbei.
Ich habe die ersten Tage mal Nikotinkaugummis genommen, die haben geholfen und dann aber gar nicht mehr. Jetzt habe ich seit ein paar Tagen einfach ausprobiert, ob die helfen wenn ich mich so gar nicht mehr konzentrieren kann und ich muss sagen ja die helfen sehr. Ist ja eigentlich sehr erschreckend, aber egal, in Anbetracht der anstehenden Prüfung bleibt mir ja fast nichts anderes übrig. Das ist schon verdammt schlechtes Timing ich weiss, aber man erfährt den Termin tatsächlich erst so kurz vorher und ich kann ja nun deshalb nicht wieder anfangen zu rauchen ;-)
So wäre mein Plan jetzt mich mit den Kaugummis die nächsten 3 Wochen über Wasser zu halten, damit ich mich konzentrieren kann. Und danach dann runter zu kommen von den Kaugummis. Ich nehme die nur wenn ich kurz vor dem Aufprall auf der Tischplatte bin. Das sind 2 - 3 am Tag.
Was denkst Du, das ist doch schon ok so?
Viele liebe Grüße
Tanja
Hallo Tanja,
Erst mal Gratulation zu deinen 15 Tagen in der Rauch Freiheit. Das ist schon 1/2 Monat. Hättest du das vor 15 Tagen gedacht? Ich finde du machst das wirklich toll. Nikotin Kaugummis sind vollkommen legal. Wenn sie dir helfen dann nehme sie ruhig. Ich glaube du darfst laut Packungsbeilage auch mehr. Alles OK. Ich selber habe es mit Pflaster geschafft. Diese auch 11 Wochen genutzt.
Deine Müdigkeit kommt daher, dass dein Körper mit dem Entzug und der Entgiftung zu arbeiten hat. Er muss sich nun umstellen. Wenn du neben deinem Job Zeit hast dich auszuruhen, kommt dir dies auch zu gute.
Wichtig ist aber nach wie vor auch Tageslicht aufzunehmen. Auch wenn Wolken am Himmel sind, ist 1 Stunde Aufenthalt draußen wichtig. Hilfreich bei Schreibtischarbeit könnte eine Tageslichtlampe sein.
Du machst das toll
LG Bine