Vom Rauchen Abschied nehmen

Verfasst am: 25.11.2015, 14:09
SusanneK
SusanneK
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10. Tag.
Es gibt so kleine Methoden, mit denen ich mich selber austrickse, wie nicht auf den Balkon gehen, den Kaffee in der Küche trinken statt draußen, doch noch 'ne Mail schreiben und nicht zur Zigarette greifen, zu meinem Partner gehen, etwas aufräumen us.w., aber es bleibt schwierig.

Nicht zu rauchen, bedeutet für mich noch keine Normalität. Im Gegenteil: Vergesse ich das Thema mal und es fällt mir wieder ein, ist es umso unangenehmer. Gerade dann, wenn mir einfällt, da war doch was mit dem Rauchen, will ich meine vertraute Normalität wiederherstellen, das beruhigende Gefühl spüren "alles ist wie immer und es ist gut", was so viel bedeutet wie jetzt auf den Balkon zu gehen und eine zu rauchen.

Ich mache es nicht, aber das ist es, was so in mir abläuft.

Liebe Grüße
SusanneK

Verfasst am: 25.11.2015, 14:28
MOMO1967
MOMO1967
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Hallo SusanneK,

Ich muss mich mal ganz doll bei dir bedanken das du in meinem Wohnzimmer angefangen hast zu schreiben.
Bei mir hats mal wieder klick gemacht und ich will nicht mehr rauchen. Und das seit gestern nachmittag.

Ich bin gespannt wie es dieses mal wird, meine Zähler lass ich vorläufig aus, mir tun die Zahlen und Glückwünsche nicht so gut. Aber das schreiben und lesen hier im Forum helfen mir sehr.

LG

Momo

Verfasst am: 25.11.2015, 17:28
SusanneK
SusanneK
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Rauchen aufgeben, das ist für mich wie eine Liebesbeziehung, die unwiderruflich zu Ende gegangen ist. Begegne ich "ihm" noch einmal auf der Straße, zieht sich mein Herz zusammen, die Sehnsucht ist groß, und doch weiß ich, selbst ein freundlicher Händedruck und ein Lächeln stellen die Liebesbeziehung nicht wieder her, holen die vergangenen glücklichen Tage nicht wieder in die Gegenwart zurück.
So ist es auch mit den Zigaretten, die da liegen. Ich möchte nach ihnen greifen und eine anstecken - aber die vergangenen Zeiten, in denen mir das Rauchen (vermeintlich) noch bekam und in denen ich glückliche Raucheraugenblicke hatte, kommen nicht wieder. Selbst wenn ich an der Zigarette ziehe - die Trauer über den Rückfall ist das stärkste Gefühl.
So wie wenn ich meine, dem Geliebten noch mal einen Liebesbrief schreiben zu müssen, obwohl ich im Innern weiß, dass er bei "ihm" kaum Widerhall finden wrid.

Erst die Zeit heilt die Wunden und ermöglicht eine neue Liebesbeziehung. Das sollte aber kein anderes Suchtmittel sein, sondern der Zugewinn an persönlicher Stärke.

Verfasst am: 25.11.2015, 21:30
miezhaus
miezhaus
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Guten Abend Susanne,

wie auf meinem Thread versprochen besuche ich Dich. Dort schreibst Du

[quote="SusanneK"]
und würde mich gern näher über die Frage austauschen, was es mit einem macht, wenn die Gefühle blockiert sind und man sich selbst im Weg steht. Das Bewusstsein ist ja nur der Gipfel des Bergs, der aus dem Wasser ragt, und das Unbewusste ist die breite Masse unter der Oberfläche. Wie kriegen wir den Übergang fließend hin, so dass sich beides gegenseitig bereichert und befruchtet?
[/quote]

Ich würde sagen, Dein Bild verwendend, mit dem Rauchstopp sinkt der Wasserpegel. Das Bewußtsein, der Teil oberhalb des Wasserspiegels, wird größer und erstreckt sich dann auch mit auf die Gefühle, den Unterbau des Eisberges. Ich weiß nicht, ob man den Übergang fließend hinkriegen kann, zumindest diese Bewußtseinsveränderung geht bei den meisten Aufhörern eher holprig vonstatten. Ich glaube jedoch, das müssen wir uns zugestehen, wir müssen uns schließlich erst rauchfrei erfahren. Mit der Erfahrung können wir dann auch einschätzen, welchen Gefühlen wir Ausdruck verleihen und welche wir besser bei uns behalten sollten. Und irgendwann kann man das auch, man wächst schließlich an seinen Aufgaben. Im Weg stehen wir uns dennoch höchstens vorübergehend.

[quote="SusanneK"]
Mit dem Rauchen aufhören gewinne ich mehr Stolz, mehr Ehrlichkeit gegenüber mir selbst, mehr Konsequenz.
[/quote]

Ja. Das kann ich für mich so bestätigen. Und noch eins: mehr Mut.

[quote="SusanneK"]
Aber darüber hinaus? Was, wenn ich eine Berufsarbeit machen muss, die meine Kreativität lähmt? Oder wenn ich meine Bücher, die doch gut sind, irgendwie nicht rüberbringen kann, weil da ein Widerspruch ist zwischen meinem Schreiben und meiner Außenrepräsentanz? Genau dann "fließt" es ja nicht. Ich weiß, das Rauchenaufhören ist ein Anfang, dann kommt aus der Tiefe Weiteres hervor, und die Bewältigung der Lebensfragen fängt eigentlich erst an.
[/quote]

Keine Berufsarbeit kann Deine Kreativität so lahmlegen, wie es das Rauchen konnte, das Deine Gedanken, Deine Aufmerksamkeit wegzieht. Im Gegenteil, die Sucht mag Dir sogar vermittelt haben, daß es Situationen gibt, in denen Deine Kreativität brachliegt und Du diesen Zustand nur mit einer Zigarette beheben kannst, daß Dir diese bei der Kreativität hilft. Das ist aber ein Trugschluß, die Sucht legte Deine Kreativität lahm, weil sie Futter wollte. Dazu war ihr jedes Mittel recht, und wenn sie eine Berufsarbeit vorschob.

Was die Diskrepanz zwischen Deinem Werk und Deiner Außenrepräsentanz angeht - vor diesem Problem stand ich vor etwa dreizehn, vierzehn Jahren nach meinem ersten Rauchausstieg auch einmal. Ich war mit einer kreativen Ausbildung beschäftigt und sollte - ausgerechnet! - einen Text über das Rauchen verfassen (ich bin allerdings keine Autorin oder Schriftstellerin). Habe ich damals auch nicht wirklich gut hinbekommen. Heute würde ich, wenn ich eine solche Diskrepanz spüre, versuchen, meine eigene Überzeugung, Lebensweise und (erhoffte) Wirkung in das genaue Gegenteil zu verkehren, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Was frühere Werke angeht, selbst wenn die Diskrepanz also erst aufgetreten ist, so kannst Du Dir selbst gegenüber argumentieren, daß die Diskrepanz zum Zeitpunkt der Erstellung ja nicht da war, sondern infolge der Veränderung der Lebensumstände erst aufgetreten ist. Das war für Dich zum Zeitpunkt des Schreibens natürlich noch nicht absehbar. Jedes Leben erfährt Änderungen, Werte, Ansichten, Umstände können sich ändern. Nur bei Dir ist diese Änderung durch Deine Bücher dokumentiert. Die sind aber ein Teil Deiner Geschichte, also selbst wenn sich Deine Anschauung inzwischen geändert hat, kannst Du sie sicherlich immer noch rüberbringen, da sie ein Teil Deiner Geschichte und Dein geistiges Eigentum sind. Ich glaube nicht, daß Du Dir darüber Gedanken machen mußt. Den Fluß sehe ich nicht gestört.

Das sind meine Gedanken auf Deine Reflexionen, ohne Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit, aber das ist mir dazu eingefallen... Aber danke für die Impulse, war interessant für mich mir diese Gedanken zu machen. Viele Grüße,

Lydia

Verfasst am: 26.11.2015, 15:32
SusanneK
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Liebe Lydia,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort, aus der viel Weisheit spricht.

Eine Frage konnte ich mir gestern nach der Akupressur schon besser beantworten: Je mehr Feedback ich von außen kriege, desto besser kann ich mich auch selbst gegenüber meinen Texten positionieren. Also ist es wichtig, weiter Leser zu akquierieren. Ich habe heute mit vier Buchhandlungen gesprochen.

Auch in älteren Büchern wohnt viel Wahrheit, auch wenn man sich und sein Leben inzwischen verändert hat. Mein (denk ich) bestes Buch ist 10 Jahre alt.

Der Psychiater, bei dem ich die Meridian-Akupressur mache, ist schon ein alter Herr, aber seine Methode, wo nicht so viel geredet, dafür mehr mit Energien gearbeitet wird, beeindruckt mich. Diese Behandlung gönne ich mir als Belohnung für das Rauchen Aufgeben. Er war gestern sehr stolz auf mich, als ich sagte, dass ich 10 Tage geschafft hätte. Mein erster Behandlungstermin war an meinem zweiten rauchfreien Tag gewesen.

Hier geht es aber nicht um fragwürdige Wunder, sondern darum, dass ich mich mit dem Ausdrücken der letzten Zigarette sofort um Unterstützungs- und Hilfsmöglichkeiten auf verschiedenen Ebenen bemüht habe.

Herzliche Grüße
SusanneK

Verfasst am: 26.11.2015, 15:53
Lausisen
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Zu 11 Tagen rauchfrei
LG
Gabi & Manfred

Verfasst am: 26.11.2015, 20:39
miezhaus
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Liebe Susanne,

[quote="SusanneK"]
Hier geht es aber nicht um fragwürdige Wunder, sondern darum, dass ich mich mit dem Ausdrücken der letzten Zigarette sofort um Unterstützungs- und Hilfsmöglichkeiten auf verschiedenen Ebenen bemüht habe.
[/quote]

das ist auch völlig legitim. In dem Moment, wo Du das Gefühl hast, mit dieser Maßnahme zum Rauchstopp beitragen zu können, unterstützt sie Dich ja auch, bestärkt Dich, gibt Dir das Gefühl, etwas tun zu können, nicht machtlos zu sein.

Dabei ist es aber dennoch unerläßlich, sich mit dem Ausstieg, dem Entzug, der ganzen Theorie und den eigenen Erfahrungen auseinanderzusetzen. Meinen ersten Entzug bestand ich mit Akupunktur - aus denselben Gründen, ich wollte einfach eine unterstützende Maßnahme ergreifen, einen Beitrag leisten - habe mich dann aber nicht weiter mit dem Entzug auseinandergesetzt, habe ihn nicht aufgearbeitet. Vielleicht weil er zu leicht war, oder weil ich mir damals eingebildet habe, damit wäre es dann getan. Elf Jahre später war ich wieder an der Zigarette... Dieses Mal habe ich auf die Akupunktur verzichtet, obwohl ich wirklich einen schwierigen Entzug erlebt habe - aber ich habe mich damit auseinandergesetzt und aufgearbeitet. Ich glaube auch, durch die Auseinandersetzung mit Entzug und Materie habe ich eine Menge über mich, meine Reaktionen und Schwächen gelernt und das brauchte ich auch.

Diese Gefahr sehe ich bei Dir jetzt nicht, da Du ja sehr reflektiert an die Entwöhnung herangehst und Deine Entzugsarbeit schon leistest. Meiner Meinung nach ist diese aber auch - mit oder ohne Hilfsmaßnahmen - unverzichtbar für den dauerhaften Erfolg. Also leiste diese Arbeit ruhig weiter.

Auf Deine heute 10 rauchfreien Tage kannst Du auch stolz sein, herzlichen Glückwunsch! Womit belohnst Du Dich zu Deiner Leistung? Für morgen (Tag 11 - eine Schnapszahl!) wünsche ich Dir einen schönen rauchfreien Tag. Weiterhin viel Erfolg und Grüße sendet Dir

Lydia

Verfasst am: 27.11.2015, 16:06
birgit555
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Liebe SusanneK!

Ich kann Dir das alles so gut nach empfinden! Ich habe auch über 30 Jahre geraucht. Während des Entzuges bin ich durch richtig tiefe Täler gegangen. Es gipfelte darin, dass ich einen ganzen Abend auf meiner Terrasse in meinem Rauchstuhl gesessen und geheult habe.
Die Zigarette ist eine Psycho Krücke und jemand hier schrieb, dass man jede Situation als Nichtraucher neu durchleben muss.
Das ist richtig wahr. Aber wenn Du dieses wirklich tiefe Tal durchschritten und hinter Dir gelassen hast, wirst Du belohnt!
Auch ich bin richtig froh, nicht mehr rauchen zu müssen. Halte durch, was man so lange Zeit getan hat, wird man nicht in 2 Wochen los.
Gönn Dir Zeit und Ruhe und mach Dir nicht zu viele Gedanken.... es geht vorbei. Irgendwann wirst Du Dich selbst wieder gefunden haben - dafür aber als stolze Nichtraucherin!

Verfasst am: 28.11.2015, 11:02
SusanneK
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Liebe Leute,

danke für die stärkenden Worte. Dieses Forum ist eine große Hilfe für mich. Übers Wochenende bin ich mit meiner Tochter zu meiner Mutter gefahren und habe keine Zigaretten mitgenommen.

@Lydia: Was mir zu denken gibt, sind die 11 Jahre. Das ist eine grandios lange Zeit. In diesem Zeitraum habe ich ja mein Kind schon halb großgezogen (wenn ich zurückblicke) und es ist rechnerisch ein Siebtel meines Lebens. Wer so lange nicht raucht, kann sich echt Nichtraucher nennen und ich weiß auch nicht, ob es ein "Rückfall" ist, wenn man nach so langer Zeit wieder anfängt.

Mir jetzt zu sagen: "nie wieder rauchen, keine Zigarette mehr bis zum Tod", so weit bin ich noch nicht. Ich habe mir gewisse Zwischenziele gesetzt wie meine OP und die Leipziger Buchmesse. Und wenn ich das geschafft habe und mich wohl fühle, dann will ich sagen: "Jetzt rauche ich wirklich nie wieder."

Herzliche Grüße
SusanneK

Verfasst am: 28.11.2015, 21:27
SusanneK
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Zu wissen, ich hab gar keine Zigaretten dabei, macht mir immer noch Angst.
In mir tobt ein inneres Ringen. Was ist mir wichtiger: meinem Verlangen nachzugehen oder meine Sucht zu besiegen?
Es ist noch wie eine Waage, deren Schalen sich abwechselnd heben und senken.

Ich habe ein Ziel vor Augen und ich will stur bleiben.
Sollte es mir gelingen, eine abstinente Ex-Raucherin zu werden, wird manches möglich, was jetzt noch nicht möglich ist, z.B. mit meiner Tochter eine Amerikareise zu machen, weil der Flug für einen Raucher sehr weit und Amerika ein Nichtraucher-Paradies ist. Das wär ein tolles weiteres Ziel, über die Leipziger Buchmesse hinaus.

Aber ich weiß, dass auch durch die Überwindung der Sucht nicht alle Träume in Erfüllung gehen können. So, wie dass sich jetzt auf einmal die Massen um meine Bücher reißen werden, oder dass es keine Misserfolge mehr gibt. Das sollte ich mir klarmachen, dranbleiben, auch wenn keine Wunder geschehen.