2012, mit 60 Jahren, habe ich nach 44 Jahren Raucherei mit zuletzt 75 Zigaretten täglich durch dieses Forum den Ausstieg geschafft. Nach dem Motto „Alles oder Nichts“ habe ich damals „kalt entzogen“.
In den Jahren davor hatte ich 5 Versuche des Ausstiegs:
- Den ersten Versuch nach 5 Jahren Raucherei aus finanziellen Gründen (als Studentin konnte ich mir nicht mehr Wohnung, Auto und Zigaretten leisten) – hat ½ Jahr gehalten und das Auto musste weg zugunsten der Zigaretten.
- Den zweiten Versuch 10 Jahre später nach meiner Scheidung ebenfalls aus finanziellen Gründen. Hat leider nur 2 Wochen angehalten, da die Entzugserscheinungen (Schlaflosigkeit, Depressionen und zittern) auch nach 2 Wochen noch andauerten. Damals stand ich vor der Entscheidung „essen oder rauchen“. Ich hatte mich leider für Rauchen entschieden.
- ca. 5 Jahre später ein dritter Versuch mit einem Entwöhnungsprogramm der AOK. Diesen 10-wöchigen Kurs habe ich zusammen mit einer Arbeitskollegin besucht. Neben Gruppengesprächen ging es darum ein Rauchertagebuch zu führen (Strichlisten und Stimmungslage, wann man zur Zigarette griff) und wöchentlicher Reduktion der Zigaretten um 5 Stück. Damals war ich noch bei einem Konsum von ca. 35 Zigaretten täglich – ich hätte also nach 7 Wochen rauchfrei sein können. Hat leider nicht geklappt. Bei 5 Zigaretten ging’s nicht weiter und 2 Wochen später ging es wieder mit Tendenz nach oben (wie bei meiner Kollegin auch).
- Der vierte Versuch war ein Crash-Kurs mit Schockerlebnis durch einen dubiosen Anbieter der versprach nach einer Gruppensitzung sei man rauchfrei. Das Ganze kostete damals 150 DM. Ich habe schon auf dem Nach-Hause-Weg im Auto wieder geraucht. Daran kann man sehen, dass ich schon verzweifelt einen Weg aus der Sucht gesucht habe. Die Misserfolge haben mich dann glauben lassen, dass es für mich keinen Weg des Ausstiegs gibt und ich habe es nicht mehr freiwillig versucht.
- Das fünfte Mal war vor 13 Jahren – unfreiwillig - da ich nach einer Gehirn-OP zeitweise aus dem Verkehr gezogen war. Damals hatte ich keine Entzugserscheinungen und war bis kurz vor Ende der Reha (insgesamt ca. 10 Wochen) rauchfrei. Dass ich kurz vor Ende der Reha wieder angefangen habe war ein großer Fehler aber hat mich auch endgültig vernünftig werden lassen: Ich litt mehrere Tage unter Schlaflosigkeit durch eine Mitpatientin im Zimmer und war am Ende so genervt, dass ich glaubte das nur noch mit Zigaretten zu ertragen. Es sollte nur die letzte Woche sein bis ich wieder zu Hause wäre. Ich habe weiter geraucht und als ich wieder arbeiten ging steigerte sich das auf bis zu 75 Kippen.
- Sechster und erfolgreicher Versuch vor 9 Jahren: Als ich 2012 durch die Presse zum Weltnichtrauchertag auf dieses Forum aufmerksam wurde war das für mich der Rettungsanker. Ich habe verhältnismäßig wenig gepostet aber tage- und nächtelang hier mitgelesen und daraus meine Kraft geschöpft. Gerade mein letzter Rückfall in der Reha hatte mir gezeigt, dass ich nicht zum Gelegenheitsraucher tauge und ich war fest entschlossen.
Ich habe den kalten Entzug gemacht, weil ich:
a) zu geizig war für Nikotinersatzprodukte (eigentlich lächerlich, wenn man bedenkt, was mich die Zigaretten gekostet hätten)
b) keine Ersatzdroge nehmen wollte, da ich nicht daran glaubte, dass ich danach ohne auskommen könnte.
Es hat sich gelohnt und ich weiß, dass ich nie wieder eine Zigarette rauchen darf, ohne dass ich wieder abhängig würde. Da ich den Geruch sowieso nicht mehr vertrage glaube ich nicht, dass ich nochmal rauchen werde. Entzugserscheinungen hatte ich erstaunlicherweise diesmal nicht körperlich. Lediglich psychisch hat es einige Monate gedauert, bis ich davon los war. Es waren ja so viele Tätigkeiten mit einer Zigarette verknüpft. So hab‘ ich jedes Mal vor einem Telefonat eine Zigarette angemacht. Diese Gewohnheit musste ich mir erstmal kopfmäßig abgewöhnen. Auch zum Kaffee oder nach dem Essen gehörte eine Zigarette dazu. So hab‘ ich noch oft am Tisch mit der anderen Hand nach einer Zigarettenschachtel getastet. Irgendwie war meine linke Hand, in der fast immer eine Zigarette war, überflüssig. Da die Hand immer wieder nach einer vermeintlichen Zigarettenschachtel griff (es war eine Packung Tempo-Tücher) habe ich die Hand schließlich beim Sitzen unter meinem linken Oberschenkel platziert. Das ging einige Wochen so. Mehrmals habe ich auch geträumt, ich sei rückfällig geworden und der Traum war so realistisch, dass ich morgens fix und fertig war und erleichtert feststellte, dass alles nur ein böser Traum war. Im Traum habe ich sogar Zigarettenrauch gerochen und der Eindruck hielt auch noch beim Erwachen an. Aber mir wurde hier im Forum gesagt, dass diese Träume normal seien und mit der Zeit verschwänden. Es stimmt. Inzwischen vergesse ich sogar die Jahrestage aber bei meinem 10jährigen am 2.6.2022 werde ich mich wieder in der „Hall of Fame“ melden.
Zum Thema „Gewichtszunahme“ kann ich nur sagen, dass sich das Nichtrauchen bei mir nicht ausgewirkt hat. Ich habe vorher mal zu- und mal abgenommen (wie der Mond) und so ist es auch jetzt. Es sind jedenfalls keine Kilos durch das Nichtrauchen dazu gekommen.
Meine neue Wohnung, die natürlich rauchfrei ist, hat mehr Komfort und ich hätte sie mir als Raucher nicht leisten können. Meine Fenster müssen seltener geputzt werden; meine Kleidung stinkt nicht; es gibt keine Teer-und Nikotinbeläge an Möbeln und Türen. Gesundheitlich geht es mir wieder gut, obwohl 2 Jahre nachdem ich Nichtraucher geworden war bei mir durch Zufall Lungenkrebs festgestellt wurde. Nachdem mir der obere linke Lungenflügel entfernt wurde, bin ich jetzt 7 Jahre krebsfrei. Ich habe den Absprung gerade noch geschafft und mein Lungenarzt ist erstaunt, wie gut ich trotz der langen Raucherkarriere in Schuss bin.
Ohne den Rauchausstieg hätte ich es nicht geschafft, dem Tod nochmal von der Schippe zu springen.
eingesandt von Mue