Damals fing es mit Liebeskummer an. Werbung und Gesellschaft sowie Freunde gaben mir ein Bild der Zigaretten: Das kaputte und vermeintliche coole, ästhetische Bild (man denke z.B. an die Rockstars), die angebliche Verminderung von Stress, die Illusion von Kontrolle über sich selbst. Es war eklig. Man fing an, andere Freunde zum Rauchen zu verleiten und am Ende war man eine große, qualmende Gruppe. Man fühlte sich geborgen, man fühlte sich nicht ausgeschlossen. Die Eltern würden es nie erfahren (PAH! Man stinkt so sehr nach Rauch... das fällt jedem auf. Jedem.). Ich hörte sogar für einige Monate auf zu rauchen, weil das Gesetz das Rauchen unter 18 Jahren zu der Zeit verboten hatte. Nachdem ich 18 wurde, rauchte ich wieder munter weiter. Man merkte ja nichts, es fühlte sich halt "saucool" an - und nicht nur ich fühlte mich so.
Mit 19 hörte ich für einen Monat auf, mit starken Entzugserscheinungen, bis mich das Abitur und ein Freund wieder dazu brachte.
Mit 21 hörte ich mit Hilfe von Alan Carr's Erfolgsbuch "Endlich Nichtraucher" auf, für satte sieben Monate, mit Entzugserscheinungen. Bis Silvester, als ich mit einer Zigarette einige Raketen anzündete und mir danach vorgaukelte, ich hätte volle Kontrolle über mein Verhalten gehabt.
Dazwischen, davor und überhaupt danach hörte ich öfters für Wochen auf, reduzierte meinen Konsum, erhöhte ihn wieder. Ich probierte E-Zigaretten aus, Nikotin-Kaugummis, Inhaler. Alles, vergebens.
Meine Freunde glaubten mir nicht mehr, wenn ich versucht habe, aufzuhören. Ja selbst meine Neffen taten das nicht mehr. Nicht nur die/(der) Qual/(m) der Zigaretten klebte an mir, ja auch die enttäuschten Gesichter anderer, am meisten die meiner Familie, hafteten an mir wie der Geruch des ekligen blauen Dunstes.
"Was war nur los?!" dachte ich mir, und verfluchte alles und jeden, vor allem mich selbst. "Warum fällt es einigen so leicht?" Ich hörte dann auf, Zigaretten zu kaufen und fing an, sie mir selber zu drehen. Ich habe zwar Geld gespart, aber das hat nicht gereicht: Ich rauchte trotzdem, und wenn ich keine hatte, dann konnte ich sie mir immer wieder besorgen, sei es Freunde, Familie oder doch noch aus der eigenen Tasche. Ich hatte schon die Hoffnung verloren und jede weitere Zigarette schmerzte. Was sind doch Zigaretten nur für ein Teufelszeug, fluchte ich. So unterschiedlich wie wir alle sind, so verschieden schwerfällt es auch allen Rauchern, dem ein Ende zu setzen.
Jetzt, seit März 2014, habe ich aufgehört, ganz ohne Ratgeber, Hilfe oder sonst etwas. Ich drückte die letzte Zigarette aus, und dachte mir nur eins: "Nie. Wieder". Ich hatte auf einmal Respekt vor der Zigarette. Sie ist gefährlich, unkontrollierbar, grausam.
Es kam plötzlich, ja komplett spontan. Ich habe niemandem davon erzählt, und es ist beinahe so, als hätte sich das Bild einfach komplett geändert. Ich hatte nicht mal einen Entzug. Ich wollte einfach kein Teil mehr davon sein. Jede Zigarette kostete mehr als einem bewusst ist. Und eigentlich lag das Problem gar nicht bei den Zigaretten:
Es lag ganz allein bei mir. Ich habe ständig Gründe gefunden, aber nie bei mir gesucht, bis es dann "Klick!" machte. Nur ich bin dafür verantwortlich...
Es lag ganz allein bei MIR.
Es gibt tausend Gründe, aber nichts davon ist relevant. Die Zigarette und ihr Effekt ist eine Illusion, und ALLE Menschen sind stärker als diese. Es ist nie zu spät. Es ist erstaunlich, wie mich das alles einfach nicht mehr interessiert. Der menschliche Verstand ist zu so vielem fähig... Vergeudet dies nicht. Der eigene Körper ist ein Tempel, den ihr, und nur IHR allein versorgen könnt und müsst. Sparen kann man überall, nur nicht beim Essen und dem eigenen Körper.
Entweder man hört auf und schwört dem ab, oder man lässt sich davon systematisch ersticken, und glaubt mir, das lohnt sich nicht. Was sich lohnt ist das lächelnde und zufriedene Gesicht, morgens vor dem Spiegel.
Ich habe mein "Raucherbuch" geschlossen, denn das letzte Kapitel endete abrupt. Lasst das Leben nicht so abrupt enden wie dieses Buch. Durchbrecht die Illusion, steht immer wieder auf, auch wenn ihr hinfallt, denn als Säugling tat man das auch, als man das Gehen erlernt hatte.
Diese Maxime hat mich komplett immun gegen jegliche Sucht gemacht.
Und obwohl ich sehr bescheiden bin, war ich noch nie stolzer auf mich als an jenem Tag. Und es macht verdammt viel Spaß.
Eingesandt von Narga