Angst vor dem Scheitern

Verfasst am: 09.08.2021, 22:25
exkursion
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Themenersteller/in
Dabei seit: 09. 08. 2021
Rauchfrei seit:
Beiträge: 1 Beiträge

Hallo zusammen,
ich hatte heute einen richtigen Eye-Opener der mich zur Anmeldung hier im Forum bewegt hat. - Aber jetzt erst mal der Reihe nach.
Ich 36 Jahre alt und rauche seit fast genau 20 Jahren rund eine Schachtel am Tag - eher etwas mehr. Meiner Motivation mit dem Rauchen aufzuhören bin ich mir selbst nicht wirklich bewusst, aber meiner Angst mit dem Vorhaben zu scheitern jedoch sehr wohl. Es klingt vielleicht etwas befremdlich oder arrogant, aber ich bin es gewohnt dass alles so läuft wie ich es mir vorstelle und ein Versagen ist nicht vorgesehen. Ich bin ziemlich gut darin auszublenden, dass ich rauchen als Problem empfinde und brauche deshalb ja nicht auföhren, hat ja nur Vorteile, keine Anstrengung und on Top keine Angst haben zu müssen dass ich Scheitern könnte. Deshalb habe ich sogar Bücher zu dem Thema abgebrochen. Ich könnte über mich selbst lachen, wenn es nicht so tragisch wäre.

Na ja, jedenfalls war ich heute früh mit dem Auto unterwegs und hatte meinen Hund dabei. Als wir an einem großen Park vorbeifuhren, entschied ich mit dem Hund etwas raus zu gehen. Nach rund einer halben Stunde realisierte ich, dass ich keine Zigaretten mehr hatte. Ich hab mich zwar etwas geärgert, aber es war noch alles gut. Also machte ich mich auf Richtung der nächsten Gebäude, denn ich war mir sicher dort einen Kiosk oder Tabakladen zu finden. Auf dem Weg stellte ich jedoch fest, dass ich gar kein Bargeld dabei hatte und man in Deutschland quasi in keinem kleinen Laden mit Kreditkarte zahlen kann. Natürlich hatte ich im Auto Bargeld, hätte zu einer Bank gehen können oder irgend etwas anderes, stattdessen bekam ich aber Panik. Ich wollte jetzt sofort eine rauchen. Zurück zum Auto, zur nächsten Tankstelle fahren, einen Jogger anschnorren - egal, Hauptsache rauchen. Sogar mein Hund hat gemerkt dass ich gerade am Spinnen bin und wollte hoch genommen werden. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich süchtig bin und ein ernsthaftes Problem habe. Das mit der Sucht sagt man Bezug auf das Rauchen zwar ständig, aber jetzt wurde mir die Bedeutung des Begriffes Sucht richtig bewusst. Die Panik verschwand langsam und ich habe mich beruhigt. Ich habe keine Ahnung ob sich das alles in Minuten oder Sekunden abgespielt hat, danach hatte ich aber ein Gefühl von Erhabenheit, denn ich wusste dass ich ab jetzt nicht mehr rauchen werde. Ich war noch eine Weile in dem Park, bin an Rauchern vorbei und es hat mich nich gestört. Im Gegenteil, ich habe mich gut gefühlt nich rauchen zu müssen.

Ich hab mein Zeug erledigt, bin nach hause gefahren und hab mir einen lockeren Tag gemacht. Ich habe zwar an das Rauchen gedacht, jedoch war es kein Problem für mich. Jedoch bin ich am Abend noch Klamotten von der Reinigung abholen gegangen - gegenüber der Reinigung ist ein Tabakladen, nicht irgendein Tabakladen, einer der Kartenzahlung akzeptiert. Etwas beschämt habe ich mir nach viel zu kurzem Zögern ein Feuerzeig und Zigaretten gekauft und bin kettenrauchend nach hause gelaufen. Es war echt niederschmetternd festzustellen dass ich mich nicht richtig im Griff habe.
Den Gedanken einfach morgen nicht zu rauchen habe ich direkt wieder aus dem Bewusstsein vertrieben, da mich die Vorstellung morgen früh nicht rauchen zu können erschreckt hat.

Das waren jetzt viele Worte, aber ich glaube es hat gut getan das los zu werden.

Verfasst am: 09.08.2021, 23:21
Nomade
Nomade
Dabei seit: 02. 09. 2017
Rauchfrei seit: 2422 Tagen
Beiträge: 3723 Beiträge

Moin excursion,

und herzlich willkommen hier in der Gemeinschaft der Nicht-mehr-RaucherInnen und solcher, die es werden wollen.

Guter Plan, mit der selbst bezahlten Selbstvergiftung aufhören zu wollen.
Und ja - wir sind süchtig.
Du hast eindrucksvoll beschrieben, wie Dir diese Erkenntnis gekommen ist.

Das gute Gefühl - nicht rauchen zu müssen, solltest Du unbedingt im Gedächtnis behalten - es hilft, "Verlustempfindungen" zu vermeiden, denn Du verlierst nichts, durch den Nicht-mehr-Gebrauch der Dreckskippen, sondern gewinnst etwas - Rauchfreiheit.

Lies Dich am besten mal durch's Forum, auch die Reiter Information und Aufhören sind hilfreich.
Schreib' auf, was Dich bewegt.... vielleicht steigst Du auch in den "August-Zug" ein - dort tauschen sich vorwiegend die AufhörerInnen dieses Monats, die also alle noch ziemlich am Anfang stehen, aus:
http://www.rauchfrei-info.de/community/forum/?tx_mmforum_pi1%5Baction%5D=list_post&tx_mmforum_pi1%5Btid%5D=9622

Eine Lektüre empfehle ich Dir noch (auch, wenn Du wohl schon einigermaßen versorgt bist mit Material) - das kostenlose Ebook "Nie wieder einen einzigen Zug" von Joel Spitzer. Hat ein paar Redundanzen, aber Wiederholung soll ja die Mutter der Weisheit sein: http://whyquit.com/NWEEZ/NWEEZ!-Buch.pdf

Ach ja, "Angst vor dem Scheitern" - warum Angst?
Wenn Du es genau nimmst, bist Du heute schon einmal "gescheitert".... oder.... und - Du lebst noch, nutzt sogar eine positive Energie und meldest Dich hier an, hast Dich nicht aufgegeben....
Im Gegenteil - alle heute bereits nicht gerauchten Zigaretten sind ein kleiner Achtungserfolg - für Dich ganz allein. Darauf kannst Du stolz sein und aufbauen.
Übrigens braucht man im Schnitt sieben Anläufe, um dauerhaft rauchfrei zu bleiben. Das heißt jetzt nicht, daß Du Dir noch 6 vornehmen sollst , aber Du bist in guter Gesellschaft hier - wir kennen das - alle.

Wie sieht's aus - willst Du Dir ein Ausstiegsdatum setzen? Dieses könntest Du in Deinem Profil unter "Rauchfrei seit" einsetzen und das Programm zählt dann die "Noch-Rauchtage" runter und anschließend die "Nicht-mehr-Rauchtage" hoch.

Auch das in D kostenfreie Starterpaket mit einem Knetball für nervöse Hände, einem 100-Tage-Kalender mit witzigen Cartoons zum Thema, scharfen Pfeffis und Info-Broschüren kannst Du Dir jetzt schon bestellen http://www.bzga.de/infomaterialien/foerderung-des-nichtrauchens/nichtraucherkalender-fuer-die-ersten-100-tage/ .

Um Deiner Sucht und ihren Raffinessen besser auf die Spur zu kommen, führe doch einstweilen ein Raucher-Tagebuch, in das Du KONSEQUENT JEDE Kippe einträgst:

- wann geraucht (Tag/Uhrzeit)
- in welcher konkreten Situation geraucht
- was davon erhofft
- ist die Erwartung eingetreten
- hätte ich darauf verzichten können
- warum habe ich es nicht getan

Falls Du Fragen hast oder mir antworten möchtest, freue ich mich über einen Besuch in meinem aktuellen Wohnzimmer "Ich denk' nicht dran, zu rauchen!", das Du findest, wenn Du unter dieser Nachricht auf das kleine blaue "Profil" klickst bei "Die letzten Themen".

Du kannst es schaffen - ohne Angst - wirklich.

Es grüßt
de Nomade