Mein innerer Schweinehund braucht es schriftlich...

Verfasst am: 29.09.2014, 08:20
ManyLu
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Vielen lieben Dank!
Kind ist in der Schule, Waschmaschine läuft schon, Tagesplan wartet... Ehemann raucht Kette....

Gut, dass ich hier reinschau und Ihr mich motiviert... da bin ich wieder in der Spur... Danke!!!!!!!!!!!!!!!!!

Ich möchte diese Woche gesund werden, um endlich nach 10 Wochen Krankheit wieder arbeiten zu gehen. Entzug und Krankheit lassen sich gar nicht so sehr trennen. Aber ohne Rauchen wird beides besser werden...

Heute morgen ist mir ein Wasserglas in der Küche zersprungen... ich will schon wieder zu viel auf einmal... nicht nur nicht mehr rauchen... auch ruhiger werden,.. weniger Stress spüren... konzentrierter sein...

Habe mich in meiner ersten rauchfreien Woche extrem verwöhnt. Das tat gut. Jetzt muss ich wieder ran. Muss auch rauchfrei bleiben, wenn Haushalt und Job auf mich warten... Fürchte mich vor dem Gefühl, dass alles wieder zu viel wird... und dann kommt er

Schritt für Schritt... Durchatmen... Wäsche aufhängen... Druchatmen... Treppenhaus wischen... Durchatmen... Apotheke... Einkauf... Durchatmen...Mittag kochen...Durchatmen... Hausis betreuen... und zwischendurch Durchatmen... Tee,,, Schreibtischarbeit... Durchatmen... Malerei im Atelier?... Durchatmen... Kind ins Bett bringen... Druchatmen...beste Freundin treffen... Durchatmen... Schlafen

Ungefähr so plus hundert andere Sachen wird der Tag laufen... rauchfrei

ManyLu, die Zuversichtliche

Verfasst am: 29.09.2014, 08:05
Nadini
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Guten morgen ManyLu,

ich gratuliere dir zu deiner [color=purple]ersten rauchfreien Woche[/color]. Ich fand das war die schlimmste. Bleib stur wie ein Esel!!!!

Irgendwann gibt das Verlangen auf. Freu dich auf diese Zeit und schaue immer nach vorn in dein gesünderes, längeres und besseres Leben.

Verfasst am: 29.09.2014, 06:02
rauchfrei-lotse-andreas
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So schnell ist die erste Woche geschafft. Herzlichen Glückwunsch. Eigentlich ist das schlimmste überstanden, der körperliche Entzug ist geschafft. Auch wenn noch einige Versuchungen auf Dich warten, bist Du doch gut gerüstet.
ein:

Weiterhin alles Gute!!

Verfasst am: 28.09.2014, 09:04
ManyLu
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Dritter Eintrag: Wachbleiben!

Es war leichter als gedacht und doch auch oft sehr schwer in den letzten fünf Tagen. Das Forum hilft mir, in der Spur zu bleiben. Habe gelesen von Lungenkrankheiten, Schwangerschaften, Selbsthass und Mut... und ich finde viele meiner eigenen Erfahrungen wie in einem Kaleidoskop tausendfach gespiegelt... und das hilft mir, wach zu bleiben. Wie viel davon habe ich all die Jahre verdrängt! Die Sucht hat mir mein Denken und Fühlen vernebelt.

Ich bin immer noch krank geschrieben (Woche 9). Diese Krankheit hat mir den Ausstieg ermöglicht. Im normalen Alltag würde ich es viel schwerer schaffen. Nächste Woche bin ich noch einmal krank geschrieben. Viele positive körperliche Veränderungen kann ich deshalb noch nicht spüren, weil es mir krankheitsbedingt noch schlecht geht. Ich kann auch nicht ganz genau auseinanderhalten, was Krankheit und was Entzug ist. Aber letztendlich ist das egal, es wird besser werden, alles, die Entzugserscheinungen und die Krankheitssymptome... wenn ich nicht rauche... Wachbleiben!

Und das Wachbleiben war das große Thema der letzten Tage für mich. Ich beobachte mich und mache interessante Entdeckungen: Zum Beispiel bekommt es mir ganz schlecht, Filme anzuschauen. Erstens wird da meist geraucht, zumindest in alten Filmen. Aber das erstaunlichste ist: nach dem Film bin ich wieder Raucherin, möchte aufstehen, auf den Balkon gehen und eine durchziehen... Mache ich natürlich nicht. Aber ich spüre den Effekt. Ich erkläre mir das so: Wenn ich einen Film schaue und er ist gut, dann verliere ich das Gefühl für Zeit und Ort, versinke in der Geschichte, merke nicht, dass ich Hunger habe oder aufs Klo muss... Ich wechsel vom wachen, achtsamen Zustand in eine Art Traumwelt. Und das Ergebnis merke ich danach... mein neues Nichtmehrraucherbewusstsein ist schlafen gegangen und die alte Routine wieder da... besser keine Filme mehr anschauen in den ersten Tagen... Wachbleiben!

Das deckt sich mit Yogalehren, die ich in den letzten zwei Jahren kennengelernt habe. Es geht da um Fokussierung, um Konzentration auf das Wesentliche und den Versuch, alles zu reduzieren oder abzuschalten, was uns daran hindert, wach, fokussiert und glücklich zu sein (Nikotin, Alkohol, Süßigkeiten, Filme, Radio, Zeitungen, Romane, Bewegungsmangel ...). Das ist der Gedanke der Askese. Natürlich will ich kein asketisches Mönchsleben, aber ein wenig Reizreduzierung hilft mir im Moment sehr...

Noch etwas, das mich überrascht hat: Ich leide gar nicht so sehr an starken Verlangensmomenten. Ich will nicht rauchen, das ist sonnenklar. Ich bin nicht in Versuchung, diesen Momenten nachzugeben. Aber ich bin überwältigt von den Gefühlen, euphorischen und traurigen, die über mich hereinbrechen. Früher immer mit Fluppe gedämpft, fehlen mir im Moment noch die Mittel, mit diesen Gefühlen irgendwie umzugehen. Gestern weinte ich wie ein Kind... und staunte über die Achterbahn meiner Seele... hier im Forum las ich: Das hältst Du aus. Ja, so ist es wohl, ich halte das aus und es geht vorrüber...

Die Schlaflosigkeit belastete mich gestern zum ersten mal. Um zwei einschlafen und um vier wieder aufwachen, das ist definitiv zu wenig. Meine Hausärztin hatte mir Lavendelölkapseln aufgeschrieben. Die nahm ich gestern abend... und egal ob Placebo oder nicht... sie haben gewirkt... erste Nacht mit normalem Schlaf...

Wachbleiben! Ich kann nur in der Spur bleiben, wenn ich schreibe.

Ich bin stolz auf meine fünf geschafften Tage, freue mich auf den sechsten und will Montag meinen siebten feiern. Eine Woche... mein nächstes Ziel...

ManyLu

Verfasst am: 27.09.2014, 08:05
ManyLu
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Zweiter Eintrag: Federleichte Ausstiege

Danke für die helfenden Worte! Ich brauche noch ein wenig, muss noch ein wenig trauern und wütend auf mich sein, aber es wird schon besser ab und zu...

Es hilft mir gerade sehr, mich morgens gedanklich auf den nächsten Tag vorzubereiten. Habe das Gefühl, dass nichts automatisch geht... automatisch ohne Nachdenken hieße Routine... und Routine war 25 Jahre lang das Rauchen... ich komme nur rauchfrei durch den Tag, wenn ich mich morgens neu fokussiere, mein Hirn in diese ungewohnten Bahnen lenke... dabei hilft die Rauchfrei-Seite... damit beginnt der Tag... Erst lese ich die automatisierten Tipps... notiere, was mir neu und geeignet erscheint in mein Notizheft, das mich statt Kippen überallhin begleitet... dann lese ich, wie es anderen gerade geht... viele sind sehr früh hier unterwegs... die Entzugserscheinung Schlafstörung empfinde ich als Gewinn... bin ab 4:00 glockenwach und erlebe die Dämmerung... als Raucher war ich morgens oft so unendlich müde... früh wach zu sein, ist schön... meine Gedanken sortiere ich durch Schreiben.

Der erste Tag war für mich ein riesiges Geschenk. Staunend schaute ich mir zu, wie ich scheinbar federleicht durch diesen ersten Tag ging. Die Motivation war enorm hoch. Die Anstrengung sehr gering. Und das irritierte mich. Wie oft schon habe ich diesen Absprung versucht und gelitten! Heulend habe ich mir manchmal die nächste Kippe angemacht (das erste mal heulend so nach 10 Jahren Rauchen). Einen federleichten Ausstieg habe ich schon zwei mal erlebt.

Einmal vor vier Jahren. Meine Hausärztin hat mir ein Medikament verschrieben, das den Suchtdruck im Hirn hemmt. Ich nahm es genau einen Tag. Die Nebenwirkungen waren so gruselig, dass ich keine einzige Tablette mehr nehmen wollte. Und damals war es trotzdem federleicht aufzuhören! Ich war im Urlaub, ich war nicht in meiner gewohnten Umgebung. Ich genoss jeden Tag und war so glücklich. Es hielt sechs Monate.

Der zweite federleichte Ausstieg war ein heimlicher Selbsttest. Ich fuhr auf eine dreitägige Fortbildung ohne Kippen. In den Pausen standen alle beisammen und diskutierten angeregt mit Zigaretten. Ich stand staundend daneben, hatte niemandem etwas gesagt, konnte mitdiskutieren und in der Raucherecke stehen, ohne zu rauchen! Erstaunlich! Auf der Heimreise beendete ich mein heimliches Experiment und kaufte mir eine Schachtel. Ich sah mir genauso staundend beim Scheitern zu wie beim Aufhören.

Beide Versuche waren nicht umsonst. Ich profitiere ungemein von ihnen. Ich weiß, dass ich es kann. Ich habe nur nicht richtig begriffen, wie man diesen Absprung schafft und wie man den Rückfall vermeidet. Der Absprung wurde mir duch neun Wochen Krankheit nun erneut geschenkt. Ich weiß, wie selten er gelingt. Deshalb hüte ich ihn. Und mit dem Rückfall, mit dem Durchhalten, muss ich mich beschäftigen. Das ist der nächste Schritt nach dem Entzug.

So, das ist genug für heute. Mehr Denkeinheiten vertrage ich nicht. Jetzt wird geduscht, Yoga gemacht, einmal Weinberg hoch und wieder runter, lecker Essen planen, Einkaufen, Kochen, Wäsche, Haushalt ... und abends (da fällt es mir noch am schwersten) hole ich mir Beistand von Euch und höre Euch zu, was Ihr so zu erzählen habt...

Bleibt kreativ rauchfrei! Viel Spaß heute auf Euren neuen Wegen!
ManyLu

Verfasst am: 26.09.2014, 19:23
ManyLu
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Danke Schäfchen777!

Noch ein schönes motivierendes Ereignis, das ich mir ungern wieder ins Bewusstsein rufe: Trotz bravem Aufhören in der Schwangerschaft passierte das: eine Hebamme hob nach der schwierigen Geburt meines Sohnes die Plazenta hoch und erklärte der Lernschwester: "Und so sieht eine Raucherplazenta aus"

Ich schäme mich noch heute in Grund und Boden!

Eigentlich sollte ich mich ja mehr an die schönen Veränderungen halten und alles positiver sehen. Aber für den Anfang braucht es mein innerer SChweinehund knallhart, glaube ich....

Entchuldigung auch an alle anderen, die ich damit runterziehe... wird bald positiver die Laune...

Schönen Abend und bis bald!
ManyLu

Verfasst am: 26.09.2014, 18:24
ManyLu
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Ich werde heute höchstwahrscheinlich erfolgreich meinen vierten Tag ohne Kippen überstehen. Nach 25 Jahren Raucherei ist das für mich wie ein Wunder. Damit dieses Wunder nicht wieder wie so oft schon zerstört wird, braucht mein innerer Schweinehund Gegenwind in Form von fixierten Gedanken, die ich mit anderen teile. Sie bekommen dann mehr Gewicht und sind nicht so flüchtig...

Deshalb eröffne ich heute dieses Thema und berichte von mir und meinem Kampf mit dem Nikotin.

Erster Eintrag: Das Wunder vom 22. September 2014

Ich bin seit neun Wochen krank, so krank wie noch nie in meinem Leben vorher. Und die ganzen neun Wochen habe ich weiter geraucht, weil ich schwer abhängig bin und nicht mal einen Tag ohne schaffe, trotz Kiefer-OP, trotz Schmerzen ...

Mein Sohn ist 11 Jahre und hat Angst um mich. Mama, hör auf damit, ich will nicht, dass du stirbst. Ich wollte in diesen Ferien aufhören, ich wollte Urlaub mit dem Kleinen machen, drei Wochen im Zelt, Natur, raus aus dem Alltag, da würde ich es bestimmt schaffen... Und zwei Tage vor den Ferien schlägt die Krankheit zu und lässt sich nicht bändigen bis zum Ende der Ferien... und nun hat die Schule schon wieder begonnen für meinen Kleinen, ohne Zelten... und die Ärzte sagen: hören Sie auf zu rauchen!

Und ich stehe auf dem Balkon und seit Wochen schon ekel ich mich selber an, ich hasse meine Schwäche, ich hasse jede Zigarette die ich rauche, ich spüre, wie eklig sie sind, ich bin so krank, dass kein Genuss mehr bleibt, nur die blanke Sucht und Hass auf das Zeug... Am 22. September gehe ich mit Atemnot und Schwindelgefühlen zum Tabakladen und laufe an ihm vorbei. Das war der Moment, in dem mir klar wurde, dass jetzt die Zeit zum Aufhören gekommen war. Ich rauchte zu Hause die letzte Zigarette und schaffte sie nur halb. Der Ekel war überwältigend. Seit dem bin ich rauchfrei und staune über die Leichtigkeit der ersten vier Tage. Der 22 September ist der Geburtstag meiner geliebten Oma. Sie hat im Krieg mit dem Rauchen angefangen und es sich sehr schwer abgewöhnt nach 20 Jahren. Sie ist erstickt mit 77 Jahren und fehlt mir heute. Sie wäre am 22. September 95 Jahre alt geworden. Ich verspreche ihr, dass es diesmal klappen wird bei mir.

Bis heute konnte ich mein Versprechen halten. Meine Zuversicht ist groß. Ich fühle mich so stark, wie schon lange nicht mehr. Nur vor dem Rückfall habe ich Angst... Aber ein Schritt nach dem anderen. Ich habe schon früher für die Geburt meines Sohnes und die Stillzeit aufgehört und manche rauchfreie Phase dauerte sechs Monate... Erst mal Rauchstopp schaffen, dann Rückfallstrategien überlegen...

Viele Grüße an Euch alle da draußen, bleibt stark und kreativ!
Der innere Schweinehund kann schlecht mit einem beweglichen Ziel umgehen.

ManyLU