Kein Entzug ohne Substitution

Verfasst am: 20.11.2014, 06:37
schaafie82
schaafie82
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Guten Morgen!
Erstmal herzlich Willkommen bei uns!
Wow... Und Dankeschön dass du so offen bist. Ich bin von deinem Beitrag ganz gefesselt und musste ihn dreimal lesen.
Was du schon alles gemeistert hast verdient den allergrößten Respekt.
Du hast die "Sucht" sehr gut beschrieben.
Ich finde es super dass du Am Sonntag einen neuen Versuch startest und drücke dir alle Daumen die ich finden kann! Du bereitest dich gut vor und das ist sehr wichtig.
Mit diesem Forum hast du eine super Unterstützung gefunden mit wahnsinnig lieben Leuten, die immer da sind.
Ich freue mich mehr von dir zu lesen!
Glg schaafie

Verfasst am: 19.11.2014, 21:57
Atir
Atir
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Verfasst am: 06.09.2014, 22:46
Atir
Atir
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Cool!!! Comedy, Satire, echtes Leben???

Verfasst am: 06.09.2014, 21:52
Sibila
Sibila
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Hallo UC,

was du geschrieben hast, macht mich nachdenklich. Nicht ganz verstanden habe ich, ob du aufhören willst... Schön finde ich, dass du das Wort "Entwöhnung" gebrauchst. Ich empfinde das Wort "Entzug" auch als unschön. "Entwöhnung", so wie ein kleines Kind vom Schnuller "entwöhnt" wird. Mein kleiner Bruder hat z. B. gesagt "Ich brauche ihn nicht mehr" und ihn bei meiner Oma in den Ofen geworfen. Brauchen wir diese Zigaretten? Wenn ja, warum "brauchen" wir sie? Was geben / gaben sie uns?

Ich hatte "eigentlich" auch keine gesundheitlichen Probleme. Mein Entschluss aufzuhören kam folgendermaßen: Ich hatte bemerkt, dass auch ich viel zu lange vor irgendwelchen Computer-Spielchen saß, der Aschenbecher immer voller wurde, ich so einige Bierchen zu viel trank... Essen war "Nahrungsaufnahme" - mehr nicht.

Vor kurzem war ich für 3 Tage in Urlaub, ich wollte einfach 'mal etwas Anderes sehen. Ich stellte mein Auto ab, setzte mich in einen Biergarten mit Blick auf einen See, bestellte einen Radler (auch ich habe leichte Alkoholprobleme) und wollte mir eine Zigarette anzünden... Da bemerkte ich, dass ich sie im Auto vergessen hatte. NEIN, es war wunderschön hier, ich lief NICHT zum Auto, ich war zufrieden, es ging ohne... und es geht bis heute ohne!!!
kommt immer weniger bei mir vorbei...

L G
Sibila

Verfasst am: 30.08.2014, 10:18
daufi
daufi
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bin mal zuerst mal " Platt " gewesen als ich deine Geschichte las...... 4 Schachteln in 16 Stunden

und ich dachte ich wäre so en Sucht -Bolzen (1 Schachtel am Tag)..... ich hab mit Hypnose aufgehört mir hats

wunderbar geholfen.... Ziggi waren danach aus dem Kopf .... ob ich nie geraucht hätte.....

ich wünsche dir viel

bei deinem Start gegen

und immer für

lg daufi

Verfasst am: 30.08.2014, 07:43
|=UC|
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Themenersteller/in
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Wenn intensiver In- & Output plötzlich wegfällt, ist man automatisch auf der Suche nach einer gleichwertigen Substitution.

Erinnert irgendwie an einen der weltbesten Fußballer des 20. Jahrhunderts wie Diego Maradona, der heute fresssüchtig und kokainabhängig ist, oder den Weltrekordhalter im Verkauf von Konzertkarten, Robbie Williams, der fast an seiner Drogensucht gestorben ist.
Wenn man wieder alleine in seinem Hotelzimmer sitzt sucht man wieder nach dem Kick, den einem eben noch 70.000 jubelnde Fans nach einem Tor oder einer guten Show gegeben haben.
Aber Bücher wie Andreas Niedrigs „Vom Junkie zum Ironman“ zeigen das Substitution auch umgekehrt funktionieren kann.

Als Mensch mit überdurchschnittlich hohem Suchtpotential finde ich bei mir teilweise Korrelationen zu diesen Charakteren.
Nachdem ich mit jahrelangem professionellem Leistungssport aufgehört habe, hat sich bei mir das Fehlen dieses intensiven Energieumsatzes auf jegliche Form von Suchtverhalten ausgelagert; maßloses Kaufverhalten, Videospiele, Drogen, Sex, Glücksspiel…
Diese Laster habe ich mittlerweile jedoch völlig abgelegt, ich bin seit über 10 Jahren absolut clean, trinke Alkohol ausschließlich nur noch wenn gesellschaftliche Anlässe es unvermeidbar erfordern und wetten tu ich maximal noch alle 4 Jahre zur Fußball-WM.

Die einzigen Suchtmittel welche ich noch konsumiere beschränken sich auf „gesellschaftlich anerkannte Drogen“, sprich Koffein und Nikotin. Aber die haben es in sich, besonders letzteres.

Ich bin vielleicht so krankhaft süchtig nach Zigaretten, wie Crackhuren welche sich nach einer Nacht Dauervergewaltigung endlich die erste Pipe anzünden können.

Egal wo ich bin oder wen ich neues kennenlerne, das erste was ich nach einer halben Stunde Smalltalk zu hören bekomme ist „du rauchst aber echt viel oder?“

Wenn sich ein Personalchef während meines Bewerbungsgesprächs (in einer medizinischen Einrichtung) eine Zigarette anzündet fällt mir nichts Besseres ein als ihn anzuschnorren und eine mit zu rauchen, noch bevor der Arbeitsvertrag auf dem Tisch liegt.

Ich stemple mich auf der Arbeit so oft zum Rauchen aus, das ich jeden Tag 1-2 Stunden später nach Hause komme.

Bei meiner Arbeit auf dem Bau war das noch einfacher, Jungs die um 10 Uhr Vormittag schon einen Kasten Bier mit dem Kran zum Arbeitsplatz befördern stört es wenig wenn man während der Arbeit Kette raucht.

Wenn man mit mir etwas Trinken oder Essen gehen will, dann funktioniert das ausschließlich auf der Terrasse, dabei ist es ziemlich egal das es gerade regnet oder Winter ist.

Lautsprecherdurchsagen im Zug „das Rauchen sei auch auf den Bahn-Toiletten nicht gestattet“ (weil der Rauch durch die Klimaanlage mal wieder ins Schaffnerabteil zieht) gehen mir lediglich auf die Nerven. Langstreckenflüge oder Kinofilme in Überlänge hingegen werden zur echten Tortour.

In fremden Autos, Mietwagen, Schlaf- oder Hotelzimmern ohne Balkon wird grundsätzlich geraucht, unabhängig von der vorherrschenden Hausordnung.

Nachdem ich einen 2-3 stündigen Halbmarathon ohne Trinkpause gelaufen bin kommt erst die Entspannungszigarette, dann das erste Glas Wasser.

Beim Skifahren vergeht keine Liftfahrt ohne Zigarette, mit Sturmfeuerzeug geht die Kippe auch auf 3000 Höhenmeter bei -20°C im Schneesturm an.

Beim Whitewater Kayaking bleiben die Zigaretten für die Pausen zwischen den Stromschnellen im Bootssack griffbereit und trocken.

Nach dem Aufstehen brauche ich erst mal eine halbe Schachtel zum wach werden, dabei ist es ziemlich egal ob die Frau mit dem Frühstück wartet, das Hotelbuffet in einer halben Stunde schließt oder ich auf dem Weg zur Arbeit bin.

Das sind nur die Situationen in denen man eigentlich keine Zeit hat zu rauchen, sonst rauche ich 4 Schachteln in 16 Stunden.

Wenn ihr denkt dass ich übertreibe liegt ihr falsch.

Wenn ihr denkt dass ich ein zwanghafter Kettenraucher bin, liegt ihr richtig.

Jetzt will man meinen ich sei außergewöhnlich schwach beim Umgang mit meinem Suchtverhalten. Andererseits habe ich schon so manchen erfolgreichen kalten Drogenentzug hinter mir.
Genauso wie man beim Ausdauersport den Wettkampf nicht mit den Muskeln sondern im Kopf gewinnt, gewinnt man gegen die Sucht auch nur mit mentaler Stärke, sprich Motivation.
Für rationale Argumente ist der Süchtige sowieso nicht empfänglich, Sucht ist ein Gefühl, eine emotionale Sache. Die Motivation muss aber schon groß sein um gegen die Sucht anzukommen, bei meinem ersten Besuch auf der Onkologie war ich schon erstaunt das die meisten Lungenkrebspatienten im Angesicht des Nikotin induzierten Todes nach wie vor viele Zigaretten geraucht haben.

Ein zweiter wichtiger Faktor ist in jedem Fall Strategie, dazu gibt es viel Literatur, Seminare, Videos, Guides und kluge Ratschläge. Aber gäbe es ein Patentrezept hätten wir keine 20 Millionen Raucher mehr in Deutschland, mich konnte davon bis jetzt wenig wirklich überzeugen.
Meine persönliche Strategie ist ziemlich simpel, es gibt 3 Situationen in denen ich absolut nicht Rauchen kann; Sport, Essen und Schlafen.
Eine Woche lang hat das tatsächlich funktioniert; 8 Stunden Joggen, Fahrrad fahren und Schwimmen jeden Tag, viel Essen, viel Schlafen konnte mich komplett vom Rauchen abhalten.
Nach einer Woche war der Muskelkater in den Beinen allerdings ziemlich extrem und ich bin rückfällig geworden.

Whatever, nun habe ich mir wieder 2 Wochen frei genommen und starte einen neuen Versuch mit dem selben Konzept, allerdings mit einem diversifizierteren Sportprogramm, ab Sonntag 00:00 ist wieder Krieg angesagt.
Wenn die ersten 2-3 Tage mit Unruhe, Nervosität, Reizbarkeit, Depression, Kopfkino, Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit und Erbrechen überstanden sind fängt die Abfindungs- und Gewöhnungsphase an, bis es schließlich nur noch um Durchhalten und Disziplin geht.

Standard portable equipment immer in der Kippenschachtel dabei; Kaugummis mit und ohne Nikotin, Zahnstocher und Süßholzwurzel-Sticks.

Für Akutsituationen rohe Zwiebeln, Chilis und Nikotinkaugummis.
Zum Trinken weder Alkohol noch Koffein, maximal sedierenden Kräutertee und Getreidekaffee.
Zu Essen alles was glücklich macht, Serotonin, Zucker und Fett, sprich Obst, Schokolade und Fleisch in rauen Mengen.

Klassische Rauchersituationen werden vermieden oder substituiert, unvorhersehbare Stresssituationen sind sowieso unvermeidbar.

Entgiftung ist ein verdammter Selbsterfahrungstrip, insofern lasse ich Euch an meiner Reise teilhaben.

mfg